taktlosDas
Musikmagazin des
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Die
Kunst des Hörens
Manuskript: Martin
Hufner, Regensburg, (hufner@nmz.de) |
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Musik: Morton Feldman: Coptic Light für großes Orchester Autor: Ein dichter Musiknebel hat sich um die Menschen der modernen Gesellschaft gelegt. Eine derartige Verdichtung von Klängen kann nicht ohne Folgen sein. Der Soziologe Georg Simmel hatte sich schon 1908 in seiner Soziologie mit der Veränderung der Sinne und der Wahrnehmung auseinander gesetzt und kam zu erstaunlichen Ergebnissen. Unter dem Eindruck der Ausbreitung und sinnlichen Industrialisierung der Großstädte erwähnte er folgendes Phänomen:
Autor: Auf den ersten Blick scheint dies Phänomen paradox. Die akustische Umgebung der modernen Zivilisationen wird immer reichhaltiger – man könnte vielleicht sogar sagen: so viel Klang wie heute war nie – doch gleichzeitig nimmt man immer weniger davon wahr. Nur die stärksten Reize dringen noch durch. So ist es kaum mehr überraschen, dass sich zum Beispiel die Lautstärke des Martinshorns in den letzten fünfzehn Jahren verdoppelt hat. Und auf eine weitere widersprüchliche Entwicklung weist Georg Simmel hin:
Autor: Obwohl man immer weniger genau etwas hört, hinterlässt das Gehörte viel schneller einen positiven oder negativen Eindruck. Das Gehörte wird unmittelbar bewertet und damit abgehakt. Die gesamte akustische Umgebung, wenn sie größere Menschengruppen erreichen will, muss heute offenbar schnell, eindeutig und positiv gestimmt werden. Und wenn dies zum allgemeinen Standard wird, ist das Resultat doch wieder das Ursprüngliche: Ein dichter Musiknebel legt sich um die Menschen der modernen Gesellschaft. Wie soll man da noch wichtige von weniger wichtigen Hörereignissen unterscheiden. Weg-Hören? Auf-Hören? Zu-Hören? Musik: Feldman: Coptic Light wieder Autor: Einen kleinen Trost und zugleich einen Auftrag hat der Komponist Juan Allende-Blin am Ende eines seines Hörspiels „Muttersprachlos“ formuliert.
Keine Musik.
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