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taktlos

Das Musikmagazin des
Bayerischen Rundfunks und der
neuen musikzeitung

 

Literatur und Musik

Manuskript: Martin Hufner, Regensburg, (hufner@nmz.de)
Produktion: Bayerischer Rundfunk 10.3.2004, Stechbart/Geißler
Real-Audio: Hier

  
  

Musik: Iannis Xenakis: A Hélène

Autor: Musik ohne Literatur, geht das überhaupt? Die Musik des europäischen Abendlandes hat sich aus dem Gesang gebildet – und der geht in der Regel nicht ohne Text. In dieser Entwicklung ist schon bald aufgefallen, dass die Worte eine gewisse Beliebigkeit aufweisen. Ob es sich mal um „Gott erhalt uns Franz den Kaiser“, „Einigkeit und Recht und Freiheit“ oder „Deutschland, Deutschland über alles“ handelt, ob „der rote“ oder „der braune Wedding marschiert“. Gleiche Musik, unterschiedlicher Text. Doch es geht auch umgekehrt.

Musik: Johann Sebastian Bach: Kantate Nr. 135 Ach heile mich 1:11

Autor: Was hier Johann Sebastian in diesem schmerzlichen Text im 18. Jahrhundert mit Tönen umhüllte, klingt transportiert ins 20. Jahrhundert bei Heiner Goebbels und seiner Gruppe Cassiber dann ein bisschen anders.

Musik: Cassiber: Heile mich – [man or monkey]

Autor: Gleicher Text, andere Musik, andere Haltung. Aus barocken Idiomen werden solche der Popkultur der 80er Jahre. Ein Kritiker wird das alles sprachlich zu entschlüsseln wissen und ein Autor wird es vielleicht zu einer Kurzgeschichte fabulieren mit dem Titel: „Quarktaschen im Literaturhaus“ – wer weiß. Zwischen Musik und Literatur befindet sich eine durchlässige Membran, die Spannung erzeugt. Musik und Literatur sind eines und sie sind doch getrennt. In der industriellen Musikwelt, die durch die Massenmedien geprägt ist, wird die Beziehung von Literatur und Musik jedoch aufgehoben: sie wird zum Einerlei. Musik und Literatur verschwinden darin. Übrig bleibt nur eine musikalische Quarktasche und ein literarischer Strichcode der Zeit.

Musik: Aquagene: Partyalarm