Musik: Iannis Xenakis: A Hélène
Autor: Musik ohne Literatur, geht das überhaupt? Die
Musik des europäischen Abendlandes hat sich aus dem Gesang
gebildet – und der geht in der Regel nicht ohne Text. In dieser
Entwicklung ist schon bald aufgefallen, dass die Worte eine gewisse
Beliebigkeit aufweisen. Ob es sich mal um „Gott erhalt uns
Franz den Kaiser“, „Einigkeit und Recht und Freiheit“
oder „Deutschland, Deutschland über alles“ handelt,
ob „der rote“ oder „der braune Wedding marschiert“.
Gleiche Musik, unterschiedlicher Text. Doch es geht auch umgekehrt.
Musik: Johann Sebastian Bach: Kantate Nr. 135 Ach heile mich
1:11
Autor: Was hier Johann Sebastian in diesem schmerzlichen
Text im 18. Jahrhundert mit Tönen umhüllte, klingt transportiert
ins 20. Jahrhundert bei Heiner Goebbels und seiner Gruppe Cassiber
dann ein bisschen anders.
Musik: Cassiber: Heile mich – [man or monkey]
Autor: Gleicher Text, andere Musik, andere Haltung. Aus
barocken Idiomen werden solche der Popkultur der 80er Jahre. Ein
Kritiker wird das alles sprachlich zu entschlüsseln wissen
und ein Autor wird es vielleicht zu einer Kurzgeschichte fabulieren
mit dem Titel: „Quarktaschen im Literaturhaus“ –
wer weiß. Zwischen Musik und Literatur befindet sich eine
durchlässige Membran, die Spannung erzeugt. Musik und Literatur
sind eines und sie sind doch getrennt. In der industriellen Musikwelt,
die durch die Massenmedien geprägt ist, wird die Beziehung
von Literatur und Musik jedoch aufgehoben: sie wird zum Einerlei.
Musik und Literatur verschwinden darin. Übrig bleibt nur eine
musikalische Quarktasche und ein literarischer Strichcode der Zeit.
Musik: Aquagene: Partyalarm |