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nmz 2002 | Seite 10
51. Jahrgang Sonderausgabe
Bestandsaufnahme

Bekannt wie ein Global Player – aber besser

„Jugend musiziert“ – Basis und Impulse für das Musikleben · Von Reinhart von Gutzeit

„Jugend musiziert“ ist mehr als ein Projekt des Deutschen Musikrats – „Jugend musiziert“ ist die Basis und das Flaggschiff seiner Arbeit. Sieht man einmal von einem Kultur-Leuchtturm wie den Berliner Philharmonikern ab, so ist dieser Wettbewerb vermutlich die bekannteste Institution des deutschen Musiklebens. Die Untersuchung eines Marktforschungsinstituts förderte vor einigen Jahren ein erstaunliches Ergebnis zu Tage: der „gemessene Wert“ – 40 Prozent der Befragten kannten den Namen „Jugend musiziert“ – ist selbst für eine Weltfirma ein Traumergebnis. Aber bitte: das ist ein äußerlicher Erfolg; gut für die Sache, aber für sich genommen noch kein Grund, stolz und zufrieden zu sein.

Auch im bayerischen Landes-Jugendjazzorchester finden sich Preisträger der Wettbewerbe „Jugend musiziert“. Die bayerischen Jazzer konzertierten im Rahmenprogramm des Bundeswettbewerbs 2002 in der Stadthalle Fürth. Foto: Erich Malter

Blicken wir nach innen. „Jugend musiziert“ hat in einem Zeitraum von 40 Jahren eine unglaubliche Ausstrahlung auf junge musikinteressierte Menschen und ihre „Betreuer“ – Lehrer und engagierte Eltern – entwickelt. Der Wettbewerb hat unsere Maßstäbe hinsichtlich der Frage, was junge Menschen auf künstlerischem Gebiet leisten können und wollen, nachhaltig verändert. Er hat den Horizont der Lehrerinnen und Lehrer, ihre Kenntnisse der Literatur, ihr Interesse an Stilistiken, die nicht die eigene Musikerbiografie dominiert haben, enorm erweitert.

Es gibt kaum namhafte deutsche Musiker der jungen und mittleren Generation, für die Erfolge bei „Jugend musiziert“ nicht erste Meilensteine ihres musikalischen Lebensweg waren. Und es gibt wenig engagierte Musiker und Musikliebhaber, die nicht irgendwann mit dem Wettbewerb in Berührung gekommen sind. Bei sehr vielen Wettbewerbsteilnehmern, nicht nur bei denen, die bis zur Bundesebene gelangen, greift „Jugend musiziert“ massiv in das Leben ein und hinterlässt tiefe Spuren in der Biografie.

Veränderung als Prinzip

Das alles klingt nach einer erfolgreichen, aber fest, vielleicht allzu fest gefügten monolithischen Einrichtung. Der Eindruck trügt. „Jugend musiziert“ hat sich in 40 Jahren permanent gewandelt: nicht ein einziges Mal wurde die jährliche Ausschreibung nach dem Prinzip „same procedure as every year“ von der Vorlage des vorangegangenen Wettbewerbs unverändert übernommen. Vor allem in den letzten Jahren wurden so tiefgreifende Erneuerungen und Korrekturen vorgenommen, dass der Wettbewerb ein ver ändertes Gesicht mit prägnanten neuen Zügen bekommen hat. Alte Musik, Neue Experimentelle Musik und große und ungewöhnliche Besetzungen wurden von den Teilnehmern begeistert aufgegriffen. Der wichtigste Wandel hat sich nach den Empfehlungen der Neußer Zentralkonferenz von 1996 fast unbemerkt vollzogen: Früher standen fast nur die solistischen Wertungen im Brennpunkt des Interesses und die Ensemble-Wertungen wurden von den hochkarätigsten Teilnehmern gemieden. Inzwischen hat die Kammermusik bei „Jugend musiziert“ nach Zahl und Qualität einen Quantensprung gemacht und prägt das Wettbewerbsgeschehen. Diese Veränderung wird weit über „Jugend musiziert“ hinaus in das Musikleben ausstrahlen. Denn jungen Musikerinnen und Musikern, die nicht auf das allein selig machende Ideal einer Solistenkarriere fixiert sind, werden mit weniger Enttäuschungen durch ihr Berufsleben gehen und deshalb viel eher zu jener Erneuerung und Verlebendigung beitragen können, die wir alle uns erhoffen.

Konzertierte Aktion par exellence

Die wichtigen musikpädagogischen Organisationen arbeiten bei „Jugend musiziert“ partnerschaftlich zusammen, eine „konzertierte Aktion“, wie sie auf politischem Feld x-fach probiert und kaum je realisiert wurde: allen voran VdM, VDS, VDMK, JM. Dabei fällt den Musikschulen eine Sonderrolle zu, weil sie für den Löwenanteil der Regionalwettbewerbe verantwortlich sind und auch die meisten Schüler zum Wettbewerb entsenden. Aber so wie „Jugend musiziert“ auf die Musikschulen angewiesen ist, brauchen auch sie den Wettbewerb: im Umfeld ihrer mit Recht auf „Breitenarbeit“ ausgerichteten Strukturen würde es ohne „Jugend musiziert“ viel schwerer sein, den Gedanken eines künstlerischen Leistungsanspruchs gegen Schnuppermentalität und Spaßkultur hoch zu halten. Jahrzehntelang ist es dem Wettbewerb – mehr als irgend jemand anderem – gelungen, Jugendliche zu einer künstlerischen Auseinandersetzung mit der Musik und ihrem Instrument zu animieren. Jene anstrengende, abenteuerliche, riskante und beglückende Auseinandersetzung, die „ans Eingemachte“ geht und auch schmerzhafte Prozesse mit einschließt. Auch dieses Signal braucht die Musikpädagogik!

1999 wurde die Kategorie „Besondere Besetzungen: Neue Musik“ erstmalig im Bundeswettbewerb angeboten. Im Wettbewerbsjahr 2002 hatte sie sich erfolgreich etabliert. Foto: Erich Malter

So hat insgesamt die kulturpolitische Wirkung des Wettbewerbs ein Ausmaß erreicht, an das bei der Gründung von Jugend musiziert niemand hätte denken können. Kein Grund allerdings, es sich mit der derzeit gültigen Konzeption bequem zu machen und auf weiteren Feinschliff und konstruktive Fragen zu verzichten. Ist die inhaltliche Ausrichtung die bestmögliche? Gelingt der Spagat zwischen der künstlerischen und der pädagogischen Aufgabenstellung? Stimmt der Maßstab bei der Zumessung der Preise und der Prädikate? Manche möchten die Preise noch großzügiger verleihen, um die hervorragenden Leistungen angemessen zu würdigen. Andere warnen vor einer inflationären Vergabe.

Ein schwieriger Balance-Akt, denn es geht um durchaus widersprüchliche Zielsetzungen. Im gesamten Wettbewerb, aber besonders auf Regionalebene, soll ermutigt und motiviert werden. Andererseits wissen wir, dass manch einer von der Teilnahme am Wettbewerb auch eine Antwort auf die Frage erwartet, ob es für sie oder ihn richtig sei, die Musik ganz in den Mittelpunkt des Lebens, auch des beruflichen Lebens, zu stellen. „Jugend musiziert“ soll bei dieser schweren Entscheidung Orientierungshilfe geben.

Ausblick

Darüber hinaus bleibt auch die inhaltliche Planung auf der Tagesordnung. Ist mit der oben beschriebenen Erneuerung – sie wird im kommenden Jahr noch mit den Disziplinen Kunstlied (als Duo-Wertung) und Musical abgerundet – das Ende der Fahnenstange erreicht, oder ist es notwendig, weitere „Spielarten“ zu integrieren und könnte dies gelingen, ohne das Profil des Wettbewerbs zu gefährden? Wie können die Regionalwettbewerbe ein noch stärkeres Eigenleben entfalten und so gestaltet werden, dass nicht nur die berühmte „Weiterleitung“ im Vordergrund steht? Betreuen wir die Teilnehmer bestmöglich – vor und beim Wettbewerb, in den Beratungsgesprächen und mit dem Förderprogramm der Anschlussmaßnahmen? So bleibt „Jugend musiziert“ eine Herausforderung – nicht nur für die Teilnehmerinnen und Teilnehmer, sondern auch für die verantwortlichen Planer auf allen Wettbewerbsebenen, für das Jugendministerium als Preisstifter und für die engagierten Partner – allen voran die Deutsche Stiftung Musikleben im Verbund mit vielen Stiftungen und Stiftern und die Sparkassen als Hauptsponsor.

Niemand wird auf den Gedanken kommen, dieses einmalig erfolgreiche Projekt in Frage zu stellen. Aber es geht nicht nur darum, den Fortbestand prinzipiell zu sichern. „Jugend musiziert“ muss auch zukünftig „als Gesamtkunstwerk“ seine Wirkung entfalten: als motivierende Herausforderung für viele musikbegeisterte Kinder und Jugendliche; als ein Forum der Zusammenarbeit vieler wesentlicher Kräfte innerhalb des Deutschen Musikrats; als Basis und Impulsgeber für ein vielfältiges und lebendiges Musikleben in Deutschland.

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