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nmz 2002 | Seite 6
51. Jahrgang Sonderausgabe
Bestandsaufnahme

Bits und Bytes als Dienstleistung für Noten-Leser

Das Musikinformationszentrum steht weltweit allen Anfragen zur Musik in Deutschland offen

Nirgendwo in Deutschland finden sich Informationen über das Musikleben Deutschlands besser gebündelt als im Musikinformationszentrum (MIZ) des Deutschen Musikrates. Fachleute, Komponisten, Kulturforscher, aber auch die interessierte Öffentlichkeit können sich mit Anfragen, die das gesamte Spektrum des deutschen Musiklebens betreffen, an das MIZ wenden. Umfangreiche Datenbanken, zahllose Dokumentationsstellen und ein einzigartiges Netzwerk von Fach-Kontakten liefern die Grundlage für gesicherte und solide recherchierte Aussagen über jedweden Aspekt des Musiklebens in der Bundesrepublik. Für den Anfragenden ist dieser Service in der Regel kostenlos, die fünf Mitarbeiter sehen sich als Dienstleister für die Musikinteressierten im In- und Ausland.

Mit der Geschäftsführerin Margot Wallscheid sprach Dr. Hans-Herwig Geyer, Leiter der Abteilung Kommunikation bei der GEMA-Direktion in München:

Hans Herwig Geyer: Frau Wallscheid, wie hat es eigentlich angefangen mit dem MIZ?

Margot Wallscheid: Die Idee ist ja wesentlich älter als das Zentrum selbst. Bereits in den 70er und 80er Jahren gab es Überlegungen, vor allem von Seiten der Komponisten und der Fachverbände, aber auch von Seiten der Kulturforschung, ein Musikinformationszentrum für die Bundesrepublik Deutschland aufzubauen. Anstoß waren unter anderem die in anderen Ländern bestehenden Musikinformationszentren, die - ausgehend von der jeweils spezifischen Situation ihres Landes - zentrale Aufgaben der Musikinformation wahrnehmen.
Für viele war es nicht nachvollziehbar, dass ein so großes Land wie Deutschland mit einer so reichen Musiktradition kein Musikinformationszentrum haben sollte, während in kleineren Ländern solche Zentren existierten. Das hatte natürlich seine Gründe. Gerade in den nordischen Ländern zum Beispiel sind solche Zentren gegründet worden, um die Musik des eigenen Landes auch ins Ausland zu vermitteln, um Komponisten und die Aufführung ihrer Werke zu fördern. In Deutschland sind traditionsgemäß die Verlage sehr aktiv, und die Informationsinfrastruktur ist stark dezentralisiert. Aber nachdem die ausländischen Zentren eine starke transnationale Wirkung entfaltet hatten, stellte sich auch für Deutschland die Frage: Warum gibt es hier kein Musikinformationszentrum?

Geyer: Der Impuls kam also durchaus vom Ausland.

Wallscheid: Ja, sowohl aus dem Inland als auch aus dem Ausland. Der Deutsche Musikrat hat die Idee aufgegriffen und hat mit dem Musik-Almanach zunächst eine Art Basisnachschlagewerk publiziert, das die Vielfalt unseres Musiklebens aufzeigt und transparent macht. Wir haben also in Deutschland einen anderen Weg beschritten. Wir haben gesagt: es gibt ja bereits Einrichtungen, die Aufgaben in diesem Bereich wahrnehmen. Deshalb haben wir das MIZ als ein Zentrum gegründet, das die Vielzahl der bestehenden Informationsinitiativen in die Gesamtkonzeption einbindet und das sich nicht nur auf zeitgenössische Musik konzentriert. Auf diese Weise haben wir das MIZ sozusagen auf zwei Säulen gestellt: Auf der einen Seite binden wir ein, was an Dokumentationsarbeit bereits geleistet wurde und wird, auf der anderen Seite bauen wir eigene Datenbanken und Services in den Bereichen auf, in denen besondere Informationsdefizite und ein besonderer Informationsbedarf bestehen.

Geyer: Auf welche Institutionen konnten Sie zugehen? Wer waren Ihre ersten Partner?

Wallscheid: Einer der wichtigsten Partner war natürlich die GEMA. Ich spreche jetzt von dem Zeitraum der Gründung des MIZ, Anfang 1997. Wir hatten in einem Beratungsausschuss, der unsere Arbeit begleitet und koordiniert, die großen Musikinformations- und Dokumentationsstellen versammelt: Also die GEMA, die GVL, das Deutsche Rundfunkarchiv, das Deutsche Musikarchiv, das Internationale Musikinstitut Darmstadt und weitere Institute. Wir haben dann im Beratungsausschuss überlegt, wie wir – neben dem Aufbau der eigenen Informationssysteme – die Datenbanken anderer Institutionen in das Zentrum einbinden können. Die GEMA war einer der ersten Partner, der uns einen Online-Zugang zu seiner eigenen Werkdatenbank gewährt hat, was natürlich eine unglaubliche Bereicherung für unsere Recherchen war und ist. Immer dann, wenn wir Anfragen zur Musik des 20. Jahrhunderts bekommen, können wir in den GEMA-Katalogen recherchieren und gerade für schwierige Anfragen wichtige Informationen abrufen.

Die zweite Datenbank, die wir neben der GEMA über einen Online-Zugang eingebunden haben, ist die Datenbank des Deutschen Rundfunkarchivs, also nochmals eine wirklich große und inhaltsreiche Informationsquelle, die wir für Recherchezwecke nutzen können. Das Deutsche Musikarchiv, unser nationales Archiv für Noten und Tonträger, stellt uns seine Daten ebenfalls kostenfrei zur Verfügung.

Natürlich haben wir das Internationale Musikinstitut Darmstadt als Kooperationspartner. Wenn wir etwa eine Anfrage zum Musikrepertoire bekommen wie zum Beispiel: „Wir sind ein Ensemble aus Violine, Cello und Oboe und suchen ein zeitgenössisches Werk für unsere Aufführung“, dann können wir solche Anfragen aufgrund der breiten Informationsbasis in vielen Fällen bereits qualifiziert beantworten. Dies ist im Übrigen ein Bereich, den wir auch in Zukunft weiter ausbauen wollen.

Geyer: Das heißt, dass die Anfrage an Sie kommt, und Sie haben den Zugang zu den Datenbanken und können aus diesen Quellen die Informationen weitergeben. Also der Benutzer kann nicht selbst auf diese Datenbank zugreifen, sondern nur über Ihre Vermittlung.

Wallscheid: Auf einige Datenbanken haben wir exklusive Zugriffsrechte, das heißt, dass nur die Mitarbeiter des Musikinformationszentrums dort recherchieren können. Dazu gehören zum Beispiel die Datenbanken der GEMA, des Deutschen Rundfunkarchivs oder der Tonträgerwirtschaft. Viele andere Datenbanken, CD-Roms und gedruckte Nachschlagewerke können aber selbstverständlich vor Ort in unserer Bibliothek, via Internet oder über unseren Informationsservice von allen Interessierten selbst genutzt werden.

Geyer: Wer ist es denn, der bei Ihnen anfragt, Frau Wallscheid?

Wallscheid: Wir haben pro Monat etwa 300 Anfragen aus dem In- und Ausland. Und wir haben gesehen, dass diese Anfragen auch wirklich von den Gruppen kommen, die wir erreichen wollen. Das sind über 50 Prozent Musiker, Musikwissenschaftler, Musikpädagogen und Ensembles, also die engeren Fachkreise. 10 Prozent der Anfragen kommen aus der Wirtschaft, nicht nur aus der Musikwirtschaft, sondern auch zum Beispiel von Agenturen oder Instituten, die wissen wollen, wieviele Musikamateure es denn eigentlich in Deutschland gibt, wie viele Musikstudierende jährlich ihr Studium abschließen oder wie viele Menschen in der Tonträgerindustrie oder bei Musikverlagen arbeiten.

Darüber hinaus fragen sehr viele Kulturinstitutionen, Verbände und Ausbildungsstätten an. Schließlich kommen etwa 20 Prozent der Anfragen aus dem privaten Bereich der Musikliebhaber. Insgesamt also eine schöne Zusammensetzung. Aber uns ist es wichtig, dass uns wirklich Anfragen aus dem professionellen Bereich erreichen, denn hier liegt unsere eigentliche Zielgruppe.

Geyer: Hier ist auch der Multiplikatoreneffekt sehr hoch. Die Musikurheber werden sich freuen zu hören, dass Sie viele Anfragen von Veranstaltern und Interpreten bekommen, die sich informieren, welche Werke aufgeführt werden können.

Wallscheid: Ja, und da könnte man sogar noch wesentlich mehr tun. Andere Länder arbeiten bereits mit sehr komfortablen Datenbanken, bei denen man einfach Besetzungen und andere Suchkriterien eingibt, um dann entsprechende Werklisten zu bekommen. In einigen Bereichen können wir das auch schon recherchieren, aber es gibt eben auch noch große Lücken.

Geyer: Haben Sie dazu selbst eine spezielle Datenbank gebaut?

Wallscheid: Nein, wir haben wirklich nur Informationen zusammengeführt. Denn eine neue Datenbank aufzubauen, würde ja heißen, dass man im Prinzip alle Werke noch einmal erfasst. Und das ist nicht sinnvoll, denke ich. Man sollte eher überlegen, ob man die vorhandenen Informationsquellen unter bestimmten Nutzungsaspekten weiterentwickeln beziehungsweise für bestimmte Fragestellungen besser aufbereiten könnte.

Geyer: Alles spricht vom Internet. Wie richten Sie sich auf die neue virtuelle Welt ein?

Wallscheid: Das Deutsche Musikinformationszentrum ist ja sozusagen mit diesem Medium groß geworden, das Internet war von Beginn an eine wichtige Plattform für unsere Arbeit. Wir haben umfangreiche und solide recherchierte Informationen im Netz, die regelmäßig auf den neuesten Stand gebracht werden. Und ich bin überzeugt davon, dass solche seriös recherchierten Datensammlungen künftig im Internet ein immer größeres Gewicht bekommen werden.

Geyer: Wie kann man sich das praktisch vorstellen. Man klickt auf die Homepage und dann ...

Wallscheid: ... bekommen Sie eine sehr übersichtliche Darstellung der Datenbanken und der Angebote, die wir haben. Sie können sich dann zu Ihrem Interessengebiet sozusagen „weiterklicken“. Auch hier setzen wir ganz auf Service, das heißt wenn Sie im Internet nicht finden sollten, was Sie suchen, dann rufen Sie uns eben an, schicken uns eine E-Mail, schreiben uns einen Brief oder kommen persönlich hierher nach Bonn. Das Ganze ist sozusagen ein Gesamtpaket mit sehr differenzierten Serviceleistungen. Und wir nutzen natürlich neben dem Internet auch andere Medien, wie zum Beispiel die CD-Rom und selbstverständlich ganz klassisch die gedruckte Literatur.

Geyer: Aber es ist für Ihr Zentrum schon eine Erleichterung, wenn der Benutzer in Ihrem Internetangebot selbst zurecht kommt.

Wallscheid: Das spart wirklich sehr viel an Zeit und Kosten bei 72.000 Anfragen pro Monat via Internet. Wir sind jetzt seit 1 1/2 Jahren online, und wir können sehr zufrieden damit sein, wie die Angebote genutzt werden.

Geyer: Wenn Sie auf die Entwicklung des Zentrums zurückschauen, also auf einen Zeitraum von gut zwei Jahren, wie würden Sie diese Zeit einschätzen?

Wallscheid: Ich finde es erwähnenswert, dass wir hier mit einem wirklich kleinen Team von drei bis vier Mitarbeitern so viel auf die Beine gestellt haben. Was ich auch sehr positiv finde ist die hohe Bereitschaft zur Kooperation seitens der Institute, die im Beratungsausschuss mitwirken. Auch die Zusammenarbeit mit den Institutionen des Musiklebens ist ausgesprochen positiv, nicht zuletzt deshalb, weil wir als Einrichtung des Deutschen Musikrates die Infrastruktur und die Verbindungen des Verbands zu allen Bereichen des Musiklebens nutzen können. Und an dieser Stelle darf ich auch noch einmal die GEMA erwähnen, die von Anfang an mitgearbeitet hat.

Geyer: Zur Frage der Rückschau gehört natürlich auch die Frage des Ausblicks in die Zukunft. Was sind Ihre Pläne, was liegt Ihnen besonders am Herzen?

Wallscheid: Eines der wichtigen Zukunftsprojekte ist die Vernetzung auf europäischer Ebene. Das Deutsche Musikinformationszentrum ist ja Mitglied der International Association of Music Information Centres, einer Vereinigung, die Musikinformationszentren aus rund 40 europäischen und außereuropäischen Ländern umfasst. Die Idee ist, die Datensammlungen der nationalen Zentren in einer Datenbank zusammenzuführen. Die einzelnen Musikinformationszentren haben ja unglaubliche Potenziale, insbesondere die älteren Zentren, die schon seit 30, 40 Jahren existieren. Diese Informationsangebote zusammenzuführen und der Öffentlichkeit leicht zugänglich zu machen, wäre wirklich eine ganz besondere Leistung. Die Zusammenarbeit zwischen den Zentren ist auch heute schon hervorragend und kann durch ein solches Projekt nur gestärkt werden.

Geyer: Haben Sie weitere Zukunftspläne über diese Europäisierung hinaus?

Wallscheid: Schwerpunkt des weiteren Aufbaus unserer Sammlungen wird im kommenden Jahr die Entwicklung eines Informationssystems zum Thema Berufsrecht für Künstler sein. In diesem Bereich finden zur Zeit, wie wir alle wissen, überaus schnelle Entwicklungen statt. Das Deutsche Musikinformationszentrum wird diese Entwicklungen als Service für Komponisten, Interpreten und sonstige Fachkreise auf dem jeweils aktuellen Stand dokumentieren und Hilfen für die Orientierung in diesem komplexen Themenfeld bieten. Darüber hinaus werden wir auch unsere Informationsmöglichkeiten zu den Themen Musikausbildung und Musikförderung weiter ausbauen - dies alles gemäß der Programmatik einer umfassenden Dokumentations- und Informationsdienstleistung.

Geyer: Frau Wallscheid, wir danken für das Gespräch.

Mit freundlicher Genehmigung der GEMA Nachrichten, Ausgabe 160, November 1999

Seit 1999, dem Jahr des Interviews hat sich die Zahl der Anfragen an das MIZ via Internet drastisch erhöht:
Das MIZ bearbeitet derzeit rund 400.000 Anfragen pro Monat und kann hierfür inzwischen auch auf die Datenbank des Goethe-Instituts Inter Nationes zurückgreifen. Zahlreiche neue Datenbanken und -services sind aufgebaut, so zum Beispiel zum Thema „Zeitgenössische Komponisten“. Im Moment wird im MIZ am Aufbau von Themenportalen gearbeitet, die ab Januar 2003 im Internet abrufbar sein werden.

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