nmz 2002 | Seite 24-26
51. Jahrgang
Sonderausgabe
Statements
Statements
U(nited Jazz & Rock Ensemble) bis Z(immermann)
United Jazz & Rock Ensemble –
Wolfang Dauner, Volker Kriegel, Albert Mangelsdorff
Verband deutscher Musikschulen
Wolfgang Wagner Festspielleiter Bayreuther Festspiele
Harald Wagner Geschäftsführer Bildung und Begabung e.V., Bonn
Ulf Werner Geschäftsführer Ensemble Resonanz, Hamburg
Hermann Wilske Vorsitzender des Verbandes Deutscher Schulmusiker Baden-Württemberg
Lothar Zagrosek Generalmusikdirektor der Staatsoper Stuttgart / Erster Gastdirgent
und Künstlerischer Berater der Jungen Deutschen Philharmonie
Jürgen Zech Vorstandsvorsitzender des Kulturkreises der deutschen Wirtschaft
im BDI e.V. Hans Zender Komponist und Dirigent Frank Peter Zimmermann
Musiker
Udo Zimmermann Generalintendant der Deutschen Oper Berlin
Sprachrohr für Musiker
Der Deutsche Musikrat hat ein weltweit beispielhaftes System der
Musikförderung aufgebaut. Davon profitieren in besonderem Maße
der
talentierte Nachwuchs und die zeitgenössische Musik. Das Bundesjazzorchester
ist aus unserem Musikleben nicht mehr weg zu denken. Auch als musikpolitisches
Sprachrohr ist der Deutsche Musikrat unverzichtbar. Wir fordern
die verantwortlichen Kulturpolitiker auf, dass dies so bleibt. United Jazz & Rock Ensemble –
Wolfang Dauner (li.), Volker Kriegel (oben), Albert Mangelsdorff
Gute Sanierungschancen
Das Musikleben der Bundesrepublik Deutschland kann auf den Deutschen
Musikrat (DMR) mit seinen Servicefunktionen, Wettbewerben und Projekten,
seiner koordinierenden und vernetzenden Rolle zwischen musikalischer
Bildung und -Ausbildung, Laien- und Berufsmusik und Musikwirtschaft
nicht verzichten!
Der Verband deutscher Musikschulen (VdM) spricht sich ausdrücklich
und eindringlich für den Erhalt dieser für das Musikleben
in Deutschland unverzichtbaren Institution aus. Bereits tatkräftig
engagiert in dem Vorläufer des DMR, der Arbeitsgemeinschaft
Musikerziehung und Musikpflege, ist der VdM seit der Gründung
des DMR 1953 aktives und ständiges Mitglied in vielen seiner
Bundesfachausschüsse, Leitungsgremien und Förderungsprojekte.
Als Spitzenverband der Bundesmusikverbände war und ist der
DMR auch für den VdM als Interessenvertretung und Meinungsbildner
von herausragender Bedeutung und nicht mehr wegzudenken.
Das musikpolitische Instrument DMR braucht gerade in dieser schwierigen
Situation das Engagement der Politik, die ohne den DMR viele neue
Probleme bekäme und zu lösen hätte. Damit soll die
interne Verantwortung in keiner Weise kleingeredet werden, aber
die Chance zur Sanierung mit relativ geringem Mitteleinsatz ist
um ein Vielfaches größer als bei der Subventionierung
mancher von Insolvenz bedrohter Industrie- und Wirtschaftsunternehmen.
Insbesondere die Projekte und Maßnahmen des DMR zur musikalischen
Förderung von Kindern und Jugendlichen, wie zum Beispiel der
Wettbewerb „Jugend musiziert“, haben einen hohen Stellenwert
für die Motivation junger Menschen, sich aktiv mit Musik zu
beschäftigen. Hier muss auch die unterstützende Funktion
für die Bildung insgesamt gesehen werden - ein Faktor, der
besonders auf dem Hintergrund der aktuellen Bildungsdiskussion eine
wesentliche Rolle spielt.
Der VdM befürchtet einen irreparablen Schaden für die
Musiklandschaft, der seine Auswirkungen nicht nur national, sondern
auch für die kulturellen Kontakte international haben kann.
Daher muss alles getan werden, um die derzeitigen finanziellen Probleme
zu lösen und die Funktionsfähigkeit des DMR wieder herzustellen
und zu sichern. Verband deutscher Musikschulen
Mit
Bestürzung und Sorge mußte ich von der drohenden Insolvenz
des Deutschen Musikrates Kenntnis nehmen.
Ich gehe davon aus, dass die Gründe dafür restlos aufgeklärt
und die Verursacher zur Verantwortung gezogen werden. Die Musikkultur
Deutschlands, international renommiert und bewundert, braucht den
Musikrat! Und ich hoffe, es wird von allen Beteiligten eine so tragfähige
Lösung der Probleme gefunden, die die volle Arbeitsfähigkeit
dieses wichtigen Gremiums auch in Zukunft gewährleistet. Wolfgang Wagner
Festspielleiter Bayreuther Festspiele
Gewachsene Struktur
Der bald 40 Jahre bestehende Wettbewerb „Jugend musiziert“
hat wie kein anderer Wettbewerb in Deutschland eine ganz besondere
Breitenwirkung entfaltet, sowohl hinsichtlich der hohen Teilnehmerzahlen
wie auch hinsichtlich der beträchtlichen Altersspanne der jungen
Menschen, die sich dem Wettbewerb stellen. Der Wettbewerb und seine
Folgeveranstaltungen sind zu unverzichtbaren Bestandteilen der kulturellen
Jugendarbeit und musikalischen Nachwuchsförderung geworden,
denen gerade wegen der Mauerblümchenstellung des Musikunterrichts
an unseren Schulen herausragende Bedeutung zukommt.
Das Engagement von zahllosen ehrenamtlich tätigen Betreuern
und Organisatoren, insbesondere auf den sehr breiten unteren Ebenen
des Wettbewerbs, ist vorbildlich und verdient höchste Anerkennung.
Wenn jetzt der Bestand des Wettbewerbs ernsthaft bedroht ist,
hätte dies eine verheerende Wirkung auf gewachsene Strukturen,
die schnell zerstört, aber kaum wieder zu ersetzen sind, auf
die Einsatzbereitschaft der vielen freiwilligen Helfer und nicht
zuletzt auf die Leistungsbereitschaft der jungen Musiker selbst.
Ich appelliere an die Verantwortlichen in den Institutionen, die
den Wettbewerb bislang so tatkräftig gefördert haben,
alles zu unternehmen, damit „Jugend musiziert“ seine
exzellente Arbeit fortsetzen kann. Harald Wagner Geschäftsführer
Bildung und Begabung e.V., Bonn
50 Jahre Deutscher Musikrat!?
Im Jahr 2003 wird (würde...) der Deutsche Musikrat sein 50-jähriges
Jubiläum begehen können. Als Dachorganisation von weit
über acht Millionen Bürgerinnen und Bürgern, die
sich beruflich oder als Laien mit Musik befassen, ist der Deutsche
Musikrat nicht nur national eine unverzichtbare Größe.
Viele außergewöhnliche und modellhafte Institutionen
des deutschen Musiklebens werden vom Deutschen Musikrat entweder
gefördert und unterstützt oder direkt durch ihn organisatorisch
wie auch inhaltlich verantwortet (zu erwähnen wären aus
meiner Sicht in erster Linie das Bundesjugendorchester, das Bundesjazzorchester,
der Wettbewerb „Jugend musiziert“, die Förderungsprojekte
„Konzert des Deutschen Musikrats“ und „Edition
zeitgenössische Musik“ u.v.a.).
Sollte der Fortbestand des DMR auch nur ansatzweise zur Disposition
stehen, besteht die noch größere Gefahr, dass das schon
heute nur noch unter Vorbehalt als ‘Kulturland’ zu bezeichnende
deutsche Gemeinwesen in kürzester Zeit den Massenmedien und
unersättlichen Konsumtempeln schutzlos ausgeliefert sein wird.
Dieser Entwicklung sollten wir uns mit allen zur Verfügung
stehenden künstlerischen Mitteln und professionellem Einsatz
vehement und mit Nachdruck entgegen stellen.
JETZT ERST RECHT! Ulf Werner
Geschäftsführer Ensemble Resonanz, Hamburg
Hausaufgaben machen
Ist
es noch fünf vor zwölf oder schon danach? Wie dem auch
sei, der Deutsche Musikrat steht vor dem Aus. Eine Katastrophe.
Überraschend kommt das alles nicht. Die Krise des DMR wurde
in den vergangenen Monaten und Jahren lediglich dadurch verdeckt,
dass die Gelder einstweilen noch flossen.
Jeder weiß: In solchen Situationen sind radikale personelle
und inhaltliche Veränderungen nötig. So wäre es etwa
naheliegend, Modelle erfolgreich agierender Landesmusikräte
auf den DMR zu übertragen. Doch gerade mit solchen Evaluationen
und den daraus resultierenden Konsequenzen tun sich Musikorganisationen
in Deutschland offenbar sehr schwer. Dabei wäre eben dies das
Letzte, was der DMR derzeit gebrauchen kann: Leute, die selbst dann
immer noch recht haben, wenn man nur noch die weißen Hände
sieht, mit denen es aus den Gräbern winkt.
Auch die Schulmusik muss größtes Interesse an einem
intakten DMR haben. Schulmusik, Musikschulen und „Jugend musiziert“
– alles ist untrennbar miteinander verzahnt und benötigt
den DMR gerade jetzt, da die Politik geneigt ist, kulturelle Jugendförderung
den Gesetzen des Marktes oder aber privatem Interesse zu überlassen.
Je gründlicher der DMR seine eigenen Hausaufgaben bewältigt,
umso eher darf man hoffen, dass das Schlimmste noch abgewendet werden
kann. Hermann Wilske
Vorsitzender des Verbandes Deutscher Schulmusiker Baden-Württemberg
Ich protestiere
Wenn
es in Deutschland eine Musikpflege gibt, die in der ganzen Welt
berühmt ist und beneidet wird, so ist der Deutsche Musikrat
dafür eine wesentliche Ursache. Mit seinem vielschichtigen
Netzwerk der musikalischen Nachwuchspflege garantiert er eine einzigartige
Förderung, nicht nur der musikalischen Elite, sondern auch
der Basiskultur. Dass musikalische Bildung im höchsten Maße
gesellschaftsrelevant ist, dass sie Intelligenz und soziale Kompetenz
der jungen Generation fördert, ist nicht hoch genug zu schätzen.
Und dies steht auf dem Spiel: eine Vernichtung des Deutschen Musikrates
bedeutet eine Gefährdung dieser einzigartigen Kultur, die unsere
Gesellschaft in der Zukunft vielleicht nötiger haben wird denn
je. Die Arbeit des Deutschen Musikrates ist unverzichtbar und unersetzbar,
seine Gefährdung eine Bankrotterklärung. Ich protestiere! Lothar Zagrosek
Generalmusikdirektor der Staatsoper Stuttgart
Erster Gastdirgent und Künstlerischer Berater der Jungen Deutschen
Philharmonie
Profilierter Lobbyist
Der
Deutsche Musikrat gehört zu den erfolgreichsten und einflussreichsten
kulturellen Dachverbänden Deutschlands. In seiner nunmehr fast
fünfzigjährigen Geschichte hat er sich als wichtigster
Lobbyist im Bereich der Musik durchgesetzt. Neben seiner politischen
Arbeit, die das Ziel hat, auf die gesellschaftliche, insbesondere
die erzieherische Bedeutung der Musik aufmerksam zu machen, lebt
der Musikrat vor allem in seinen Projekten, dem Wettbewerb „Jugend
musiziert“, dem Dirigentenforum, dem Bundesjugendorchester
und dem Bundesjazzorchester. Der Musikrat hat diese Projekte initiiert
und erfolgreich etabliert. Sie sind aus dem kulturellen Leben Deutschlands
nicht mehr wegzudenken.
Die momentan schwierige finanzielle Situation des Musikrates darf
dessen Existenz nicht in Frage stellen. Alle am kulturellen Leben
Deutschlands Interessierten sind aufgerufen, gemeinsam Lösungen
zu entwickeln. Der Kulturkreis der deutschen Wirtschaft wird den
Musikrat im Rahmen seiner Möglichkeiten unterstützen und
seinen Teil dazu beizutragen, ihn als Institution mit dem bestehenden
Profil zu erhalten. Jürgen Zech
Vorstandsvorsitzender des Kulturkreises der deutschen Wirtschaft
im BDI e.V.
Fürsorgepflicht
Die
weit gestreuten Aktivitäten des Deutschen Musikrates sind für
unsere Bildungssituation in der Bundesrepublik – die ja zur
Zeit sowieso unter schlechten Noten zu leiden hat – unentbehrlich.
Denn der Deutsche Musikrat springt gerade da in die Bresche, wo
die offizielle Bildungspolitik zu wenig oder gar nichts tut: Bei
der Auswahl und Förderung unserer jungen Nachwuchskräfte,
seien es Solisten oder Dirigenten. Sowie bei der Unterstützung
des Mutes und Risikos, die dazu gehörten, Werke lebender Komponisten
aufzuführen. Unzählige Projekte, Aufführungen, die
großangelegte Dokumentation neuer Musik der BRD auf CD würden
zusammenbrechen, wenn der Musikrat durch die aktuelle Krise handlungsunfähig
gemacht würde. Mir fehlt jede Möglichkeit, diese Krise
zu überschauen oder gar zu beurteilen: Aber es muss ein Weg
gefunden werden, die Fehler der Vergangenheit zu korrigieren, ohne
die zu schädigen, denen die Fürsorge aller kulturell Verantwortlichen
zu gelten hat, und die nichts für diese Fehler können. Hans Zender
Komponist und Dirigent
Zukunft der Musik
Für
die Zukunft der Musik in unserem Land ist es absolut notwendig,
dass der Musikrat, der unter anderem die musikalische Elite unseres
Landes fördert, weiterbesteht. Zu seinen Projekten gehören
schließlich „Jugend musiziert“ und andere wichtige
Projekte. Gerade in unserem Land, aus dem die größten
Musiker kommen, muss die Musik besonders gefördert werden.
Was wird in anderen Ländern alles für die Musik getan!
Wenn im Land eines Beethoven und Bach ein Musikrat aus finanziellen
Gründen nicht mehr weiter existieren kann, wäre das eine
Schande. Er steht für die Zukunft unserer Musik und unserer
musikalischen Talente. Frank Peter Zimmermann, Musiker
Gebührender Platz
Der
Deutsche Musikrat hat in den Jahrzehnten seines Bestehens seine
Aufgabe kultureller Förderung äußerst erfolgreich
wahrgenommen, indem er dem Musikleben in Deutschland organisatorische
Möglichkeiten zur Entwicklung geschaffen und wesentliche Impulse
gegeben hat. Seine Existenz ist u.a. aus dem Bereich der Jugendmusik,
der Musik-Wettbewerbe und der Förderung des zeitgenössischen
Musiktheaters nicht wegzudenken. Deshalb kann die Erhaltung des
Deutschen Musikrats ohne Übertreibung als eine nationale Pflicht
bezeichnet werden. Ich fordere von den Politikern, sich ganz verantwortlich
zu verhalten und alles Notwendige zu tun, damit dem Deutschen Musikrat
auch künftig der ihm gebührende Platz innerhalb unseres
Kulturstaatswesens erhalten bleibt. Udo Zimmermann
Generalintendant der Deutschen Oper Berlin