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nmz-archiv
nmz 2003/03 | Seite 58
52. Jahrgang | Februar
Dossier:
Musikmesse Frankfurt
Nachholbedarf im euorpäischen Vergleich konstatiert
Musikwirtschaft und Bundeskulturministerium unterstützen
Einrichtung eines deutschen Musikexportbüros
Die Musikverbände und Verwertungsgesellschaften der deutschen
Musikwirtschaft streben die Einrichtung eines Musikexportbüros
an – Staatsministerin Doktor Christina Weiss unterstützt
die Initiative. Die ersten Überlegungen zur Einrichtung eines
deutschen Musikexportbüros wurden bereits vor gut 10 Jahren
angestellt, nämlich als im Jahr 1993 entsprechende Organisationen
in Frankreich und Schweden installiert wurden.
Auf der MIDEM.2002 ist die Diskussion nun wieder in Gang gekommen
und vorangetrieben worden. „Deutsche Autoren haben ein enormes
künstlerisches Potential, das sich international noch besser
verwerten lässt als dies heute der Fall ist.“, beurteilte
dort Prof. Reinhold Kreile, Vorstandsvorsitzender der GEMA, die
Situation.
Um bessere Grundlagen für den Entscheidungsfindungsprozess
zu haben, gaben auf Initiative des Verbandes Unabhängiger Tonträgerunternehmen,
Musikverlage und Produzenten e.V. (VUT) sämtliche Verbände
und Verwertungsgesellschaften der deutschen Musikwirtschaft, nämlich
DMV, GEMA, GVL, IFPI und VUT in Absprache mit der Bundesbeauftragten
für Kultur und Medien eine Studie in Auftrag, welche die Auftraggeber
Mitte Januar der Öffentlichkeit präsentierten. Die Studie
gibt Aufschluss über die Musikexportförderung in Europa
und in Übersee sowie über Musikwirtschaftsförderaktivitäten
in Deutschland und bietet ein Grobkonzept für ein deutsches
Musikexportbüro und seiner europäischen Perspektiven.
Die Autorin ist die Diplom-Betriebswirtin Amke Block.
„Die vorliegende Studie zum Musikexport bietet fundiertes
Material und wichtige Anregungen. Sie belegt anhand der insbesondere
europäischen Vorbilder – allen voran Frankreich–dass
die Einrichtung von Musikexportbüros sowohl wirtschaftlich
als auch kulturell positive Impulse auslösen kann“, beurteilt
Staatsministerin Doktor Christina Weiss, Beauftragte der Bundesregierung
für Kultur und Medien, das Werk. Die Studie stellt heraus,
dass Deutschland im Bereich der Musikexportförderung Nachholbedarf
hat: In Belgien, Dänemark, Finnland, Frankreich, den Niederlanden,
Österreich, Norwegen, Schweden und der Schweiz bestehen bereits
Förderinstitutionen, in Irland, Großbritannien, Italien
und Spanien sind entsprechende Gründungen in Planung. Die deutsche
Musikwirtschaft hat hier also einen klaren internationalen Wettbewerbsnachteil,
der mit der Gründung eines Musikexportbüros ausgeglichen
werden soll.
Dabei agieren die verschiedenen Musikexportfördereinrichtungen
mit sehr unterschiedlichen Ansätzen. Sie sind organisatorisch
zum Teil explizit als Musikexportbüro aufgestellt, wie es in
Finnland, Frankreich, Holland, Norwegen und Schweden der Fall ist,
oder als Teil von Musikinformationszentren oder anderen Musikfördereinrichtungen
wie beispielsweise in Belgien, Dänemark oder Österreich.
Das „Bureau Export de la Musique Française“
hat hier Vorbildfunktion und ist auch wegen der vergleichbaren Marktgröße
für Deutschland sehr interessant. Die Pariser Zentrale des
französischen Musikexportbüros koordiniert die Aktivitäten
der Auslandsniederlassungen in Deutschland, England, USA sowie die
Korrespondenten in Spanien, Japan und Brasilien. Die jeweiligen
Exportbüroräumlichkeiten liegen entweder in den französischen
Botschaften oder in den Häusern des örtlichen Institut
Français. Die Aufgabe der Niederlassungen ist die Unterstützung
von französischen Veröffentlichungen, also in Frankreich
unter Vertrag stehender Künstler, im jeweiligen Territorium
zum Beispiel mit Hilfe von Kontaktvermittlung, konkreten Marketingmaßnahmen.
Zudem werden auch Fördermittel für die Finanzierung von
Künstlertourneen im Ausland angeboten.
Auch der Vorsitzende der deutschen Phonoverbände Gerd Gebhardt
unterstützt die Errichtung eines deutschen Musikexportbüros:
„Wir brauchen ein deutsches Musikexportbüro, das deutschen
Künstlern und Musikfirmen hilft, Musik ins Ausland zu exportieren.
Es gibt dafür ein großes Potential, das wir nutzen müssen.“
Dieses Wachstumspotential bestätigt auch die im Rahmen der
Studie durchgeführte Befragung von mehr als 1000 Unternehmen
der deutschen Musikwirtschaft. Independent-Labels erwarten für
ihre Musikexportaktivitäten mittelfristig ein Wachstumspotential
von 165 Prozent, Verlage immerhin noch von 82 Prozent, allerdings
unter der Voraussetzung, dass eine zentrale Förderung aufgesetzt
wird. Entsprechend befürworten 96 Prozent der befragten Unternehmen
die schnellstmögliche Einrichtung eines deutschen Musikexportbüros.
Es soll auf Basis eines möglichst pragmatischen Ansatzes vor
allem kleinen und mittleren deutschen Musikunternehmen Hilfe zur
Selbsthilfe leisten.
Aufgabe eines „German Music Export Offices“ (GeMEO)
ist entsprechend die Förderung der Marktchancen deutscher Musikproduktionen
im Ausland durch folgende Maßnahmen:
• Bereitstellung von Informationen, von Marktanalysen, Kontaktdatenbanken,
Hilfen zu steuer- und zolltechnischen sowie rechtlichen Fragen
• Förderung von Kontakten zwischen deutschen Kreativen
und Musikproduzenten zu Musikfirmen, Promotionpartnern und Konzertveranstaltern
im Ausland
• Förderprogramme und -aktionen zur verbesserten Wahrnehmung
deutscher Musikproduktionen im Ausland „Spezielle Marktkenntnisse
und Kontakte im Ausland sind essentielle Voraussetzungen für
erfolgreichen Musikexport. Dies ist der Schwachpunkt der Kreativen
und der kleinen und mittleren Unternehmen, die im Mittelpunkt der
Aktivitäten eines Exportbüros stehen müssen“,
erläutert Peter James, Vorsitzender des VUT.
Das Grobkonzept der Studie schlägt einen Personalstamm von
sechs versierten Mitarbeitern vor. Die Finanzierung und die Trägerschaft
sollten, dem Beispiel der ausländischen Organisationen folgend,
in Form einer „Public Private Partnership“, also unter
finanzieller Beteiligung von Staat und Privatwirtschaft, aufgesetzt
werden.
Staatsministerin Doktor Christina Weiss hat bereits deutlich die
Bereitschaft erklärt, sich über die Beteiligung des Bundes
am deutschen Musikexportbüro mit den anderen Ressorts zu verständigen.