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nmz-archiv
nmz 2003/03 | Seite 29
52. Jahrgang | Februar
Deutscher
Tonkünstler Verband
Die Rechte des Künstlers wahrnehmen
100 Jahre GEMA: aus der Arbeit einer Musik-Verwertungsgesellschaft
Am 14. Januar 1903 trafen sich in Berlin die Mitglieder der „Genossenschaft
Deutscher Tonsetzer“ (GDT), um die Gründung einer „Deutschen
Anstalt für musikalisches Aufführungsrecht“ zu beschließen
– eine Initiative, die maßgeblich auf den Komponisten
Richard Strauss und seine Mitstreiter Friedrich Rösch und Hans
Sommer zurückging. Somit kann die GEMA (Gesellschaft für
musikalische Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungsrechte)
in diesem Jahr auf eine hundertjährige Geschichte der kollektiven
Wahrnehmung musikalischer Urheberrechte in Deutschland zurückblicken.
Dies war ein Anlass, den Verfasser dieses Beitrags einzuladen, einen
Vortrag über Aufgaben und Arbeit der GEMA auf der diesjährigen
Bundesdelegiertenversammlung des DTKV zu halten. Die Kernpunkte
dieses Vortrags sind im Folgenden zusammengefasst.
Mitgliedschaft
Die GEMA ist organisiert als rechtsfähiger wirtschaftlicher
Verein, dem Komponisten, Textdichter von vertonten Texten und Musikverleger
beitreten und sich anschließen können. Mit dieser Vereinsform
setzt die GEMA die Tradition der demokratischen Selbstverwaltung
durch die Musikurheber und ihre Verleger fort, wie sie 1903 begründet
wurde. Die GEMA unterscheidet zwischen ordentlichen, außerordentlichen
und angeschlossenen Mitgliedern. Angeschlossenes Mitglied können
alle werden, die einen Berechtigungsvertrag mit der GEMA abschließen
(Kosten: Aufnahmegebühr von EUR 51,13 und jährlicher Mitgliedsbeitrag
von EUR 25,56). Das Erlangen der außerordentlichen Mitgliedschaft
ist an den Nachweis des berufmäßigen Könnens als
Komponist wie als Textdichter und an eine Mindestanzahl von tatsächlich
genutzten Werken geknüpft. Die ordentliche Mitgliedschaft schließlich
setzt eine fünfjährige außerordentliche Mitgliedschaft
und ein bestimmtes finanzielles Mindestaufkommen voraus. Die GEMA
hatte am 31.12.2001 insgesamt 58.870 Mitglieder (davon 2.779 ordentliche,
6.026 außerordentliche und 50.065 angeschlossene Mitglieder).
Diese Unterscheidungen haben keinerlei Auswirkungen bei der Wahrnehmung
der Rechte. Allerdings haben nur ordentliche Mitglieder zum Beispiel
das Stimmrecht bei der jährlichen Mitgliederversammlung oder
Anspruch auf Alterssicherung und Sozialleistungen der GEMA.
Aufgaben der GEMA
Einem Urheber stehen nach den Bestimmungen des Urheberrechtsgesetzes
unter anderem zwei wesentliche Rechte zu: Er hat zum einen das ausschließliche
Recht, sein Werk in irgendwelcher Form zu verwerten und zum anderen
das Recht auf eine angemessene Vergütung für jede Nutzung
seiner Werke. Kurz gesagt: Er muss vor jeder Verwertung seiner Werke
um Erlaubnis gefragt und zudem für die Nutzung bezahlt werden.
In der Praxis erscheint es allerdings unmöglich, dass ein Urheber
selbst jede Verwertung seiner Werke kontrollieren und sich die Vergütungen
sichern kann. Auch für die Nutzer von Musik würde die
Einholung der Rechte kompliziert und aufwendig sein. Hier tritt
die Dienstleistung der GEMA ein, die den Musiknutzern die –
ihr von den Urhebern übertragenen – Rechte einräumt
und die dafür kassierten Gelder an die Inhaber der Rechte verteilt.
Die GEMA nimmt die folgenden Urheberrechte an den Musikwerken
ihrer Mitglieder wahr:
1.) das musikalische Aufführungsrecht.
2.) das Senderecht für Hörfunk und Fernsehen.
3.) das mechanische Vervielfältigungs- und Verbreitungsrecht
betreffend Ton- und Bildtonträger, Multimedia- und andere Datenträger,
einschließlich des Rechts der Aufnahme auf derartige Träger
sowie einschließlich der Vergütungsansprüche für
die sogenannte „private Vervielfältigung“.
4.) das Recht der Lautsprecherwiedergabe (zum Beispiel von Hörfunksendungen
oder von Ton- oder Bildtonträgern).
5.) das Recht der Wiedergabe von Fernsehsendungen.
6.) das Filmvorführungsrecht sowie das Filmherstellungsrecht
(eingeschränkt).
7.) das Recht, Musikwerke in Datenbanken, Dokumentationssysteme
oder in Speicher ähnlicher Art einzubringen, beziehungsweise
diese elektronisch oder in ähnlicher Weise zu übermitteln
(mit Einschränkungen).
8.) die Vergütungsansprüche für das Vermieten und
Verleihen von Ton- und Bildtonträgern.
Die unter 1.), 2.) und 4.) genannten Rechte werden indessen, wenn
es sich um das sogenannte „Große Recht“, das heißt
um die bühnenmäßige Aufführung oder um die
vollständige Sendung dramatisch-musikalischer Werke (wie Opern)
handelt, nicht von der GEMA, sondern von den Rechte-Inhabern selbst
wahrgenommen.
Die Hauptarbeitsbereiche
Die Arbeit der GEMA – wie jeder anderen urheberrechtlichen
Verwertungsgesellschaft auch – lässt sich in drei Hauptarbeitsbereiche
gliedern:
1.) Die Inkassotätigkeit. Hier hat die GEMA, um die sehr unterschiedlichen
Formen der Musiknutzung jeweils angemessen und einheitlich zu lizenzieren,
ein differenziertes Tarifsystem entwickelt, das sich in elf Hauptbereiche
(wie für Aufführung, Sendung, Vervielfältigung )
mit 64 nutzungstypischen Einzeltarifen gliedert. Neu sind die Vergütungssätze
für die Online-Musiknutzung im Internet. Für Kunden, die
Musik aufführen oder wiedergeben wollen, steht deutschlandweit
ein Netz von GEMA-Bezirksdirektionen zu Verfügung. Für
Fragen der Vervielfältigung von Tonträgern ist die GEMA-Direktion
Industrie in München zuständig. Informationen zu den einzelnen
Tarifen, zu den Adressen der Bezirksdirektionen beispielsweise,
finden sich auf der Homepage der GEMA im Internet. Ein Blick auf
die Erträge der GEMA im Jahr 2001 (= 810,5 Mio. EUR) zeigt,
dass auch hier drei wesentliche Tätigkeitsbereiche unterschieden
werden können:
Erträge 2001: 810,5 Mio. EUR 100 %
a) Musikwiedergabe
(davon „Mechanische Musik“:
11,9 %, davon „Lebende
Musik“: 8,2 %) 20,1 %
b) Rundfunk und Fernsehen 25,1 %
c) Bild- und Bildtonträgerindustrie 34,5 %
Erträge aus allen sonstigen Sparten 20,3 %
2.) Die Dokumentation. Sie ist das Rückgrat der Arbeit einer
Verwertungsgesellschaft, und die GEMA hat hier am 30.10.2002 einen
wichtigen Modernisierungsschritt vollzogen mit der Einführung
des neuen Datenverarbeitungssystems DIDAS (Datenbank für ein
integriertes Dokumentations- und Abrechnungs-System). In dieser
Datenbank sind zur Zeit über 5,5 Millionen Musikwerke und 287.000
audiovisuelle Werke gespeichert, zudem werden Daten zu 426.000 Beteiligten
mit 693.000 Berechtigungsverträgen und 75.000 Katalogvereinbarungen
verwaltet.
3.) Bei der Verteilung nimmt die GEMA ebenfalls – wie beim
Inkasso – auf die unterschiedlichen Formen der Musiknutzung
Rücksicht: So gibt es jeweils einen Verteilungsplan für
das Aufführungs- und Senderecht, für das mechanische Vervielfältigungsrecht
und einen neuen vorläufigen Verteilungsplan für den Nutzungsbereich
Online. Innerhalb dieser Bereiche wird nutzungsabhängig weiter
differenziert. So kennt zum Beispiel der Verteilungsplan für
das Aufführungs- und Senderecht 20 unterschiedliche Abrechnungssparten.
Auch die Verteilungspläne sind im Internet auf der GEMA-Homepage
hinterlegt.
Mit ihrem umfangreichen Weltmusikrepertoire und den modernen technischen
Arbeitsmitteln sieht die GEMA – auf der Basis ihrer 100-jährigen
Geschichte – den zukünftigen Herausforderungen mit gutem
Mut entgegen.
Jürgen Brandhorst
Das Buch zum Jubiläum „Musik hat ihren Wert“ erscheint
Anfang Mai im ConBrio Verlag Regensburg, siehe auch Seite 36