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nmz-archiv
nmz 2003/03 | Seite 26
52. Jahrgang | Februar
Jeunesses Musicales Deutschland
Marktnischen erobern mit Image-Analysen
Jugendorchester und ihre Dimensionen · Eine kostenlose
Aktion der JM Bayern
Als vor über 50 Jahren die Firma Nescafé ihren Instant-Kaffee
auf den Markt brachte, verkaufte sich dieses Produkt entgegen aller
Erwartungen sehr schlecht und das, obwohl die Kaffeezubereitung
dadurch wesentlich zeitökonomischer wurde. In einer Untersuchung
wurde gezeigt, dass die Ablehnung nicht unbedingt mit der objektiven
Qualität des Nescafés zusammenhing, sondern eher irrationale
Gründe hatte. Man fand heraus, dass die Käuferinnen des
Nescafés von Hausfrauen als faul, schlecht planend und verschwenderisch
charakterisiert wurden. Diese Einstellung machten im wesentlichen
den Misserfolg erklärbar. Durch eine geänderte Werbestrategie
konnten die Verkäufe erhöht werden. Die Einstellung der
Käuferinnen gegenüber Nescafé würde man heute
als Image bezeichnen. Der Begriff selbst wurde 1955 von Gardner
und Levy in die Marktpsychologie eingeführt. Warum interessiert
heute das Image auch im Kulturbereich so sehr? Viele Angebote unterscheiden
sich kaum noch in ihrer objektiven Qualität. Daher hat sich
der eigentliche Wettbewerb von der Ebene der objektiven Gegebenheiten
auf die subjektive Wahrnehmung verlagert.
Gardner und Levy fassen Image als einen Komplex von Ideen, Gefühlen
und Haltungen gegenüber einem Imageobjekt auf. Imageobjekte
sind in einem weiten Sinne zu verstehen. Es können nicht nur
Kaffeesorten, sondern auch Jugendorchester, Musiker, ein Medium
(zum Beispiel Publikationen eines Orchesters), einzelne Projekte
und so weiter sein. Beim Image werden Bewertungsdimensionen und
Meinungsdimensionen unterschieden. Bewertungsdimensionen beschreiben,
wie man die Bedürfnisbefriedigung durch ein Imageobjekt subjektiv
wahrnimmt. Meinungsdimensionen beinhalten Merkmale, die einem Imageobjekt
direkt zugeschrieben werden. Das Paket der Einstellungen, die ein
bestimmter Personenkreis gegenüber einem Objekt hat, wird Image
genannt.
Bei dem hier angewendeten Verfahren zur Imagemessung wird das
Image in den Dimensionen „Aufrichtigkeit, Erregung/Spannung,
Kompetenz, Kultiviertheit und Robustheit“ erfasst. Den einzelnen
Dimensionen werden dann Kurzbeschreibungen und charakterisierende
Adjektive zugeordnet. Tabelle 1 gibt einen Überblick über
die einzelnen Dimensionen, Kurzbeschreibungen sowie Begriffe, die
mit den Dimensionen zusammenhängen.
In der Regel wird das Image mit Hilfe von Fragebögen gemessen.
In diesen Fragebögen sind solche Adjektive und Items enthalten,
die in einem engen Zusammenhang zu den oben genannten Dimensionen
stehen. Damit nicht durch die mögliche Ungenauigkeit eines
Items ein falsches Messergebnis zustande kommt, werden pro Dimension
mehrere Items in einen Fragebogen aufgenommen.
Die JMD Bayern hat es sich zur Aufgabe gemacht, der Image-Bildung
von Jugendorchestern auf den Grund zu gehen. Dabei ging es in einem
ersten Schritt um das Image, das einzelne Ensembles bei ihren Mitgliedern
selbst haben. In einem weiteren Schritt ist diese Fragestellung
auch auf ein vorhandenes oder potenzielles Publikum erweiterbar.
Im Sommer 2002 wurde ein standardisierter Fragebogen verschiedenen
Jugendorchestern während der Proben vorgelegt. Aus Gründen
der zugesagten Vertraulichkeit können die Namen der Orchester
nicht genannt werden. Der Fragebogen enthielt 42 Items, die von
den Orchestermitgliedern auf einer Skala von 1 („trifft überhaupt
nicht zu“) bis 6 („trifft voll und ganz zu“) bewertet
werden sollten. Jedes Orchestermitglied erhielt jeweils einen Fragebogen
und füllte diesen aus. Dabei blieb die Anonymität gewahrt.
Als Belohnung erhielten die Orchester die Ergebnisse der Auswertung
für ihr Orchester sowie die der anderen Orchester zur Kenntnis.
Die Ergebnisse für die einzelnen Orchester sind in Tabelle
2 dargestellt (N bedeutet Anzahl der Personen, die an der Befragung
teilgenommen haben).
Die Ergebnisse weisen darauf hin, dass kein Orchester in allen
Punkten überlegen ist. Jedes Orchester scheint seine Vorzüge
zu haben. Orchester 2 etwa schneidet besonders gut in der Dimension
„Aufrichtigkeit“ ab. Orchester 4 hat die beste Bewertung
in der Dimension „Kompetenz“. Orchester 5 schneidet
hervorragend ab in der Dimension „Erregung/Spannung“
während Orchester 6 hinsichtlich der Dimension „Kultiviertheit“
besonders gute Werte aufweisen kann. Wie es zu diesen Bewertungen
kommt, darüber ließe sich trefflich spekulieren.
Diese Form der Imagemessung beinhaltet auch eine gewisse so genannte
Normorientiertheit. Diese fordert, dass die Bewertung hinsichtlich
der Dimensionen „Aufrichtigkeit, Erregung/Spannung, Kompetenz,
Kultiviertheit und Robustheit“ für die unterschiedlichsten
Imageobjekte (zum Beispiel Radiostationen, Restaurants, Autofirmen)
ermittelt wird, woraus sich die Norm ergibt. Diese Norm ist dann
ein Mittel aus den unterschiedlichen Werten. Sie liegt in unserem
Fall in der Tat vor und ebenso die Durchschnittswerte von sechs
Jugendorchestern, die in Tabelle 3 gemeinsam mit den Werten einer
kommunalen Musikschule dargestellt werden.
Aus dieser Tabelle wird nun ersichtlich, dass das Image von Jugendorchestern
durchaus deutlich über dem Image einer kommunalen Musikschule
sowie einer Norm liegt. In aller Vorsicht kann man nun etwa Vermutungen
anstellen über den Wert, den ein Musikschulorchester für
eine Musikschule hat. Wenn man nämlich von einem Imagetransfer
des Orchesters auf die Musikschule ausgeht, dann würde die
letztere von einem Orchester hinsichtlich des Images profitieren.
Somit wäre ein unterstützendes Argument gefunden für
die Förderung der Orchesterarbeit in Musikschulen. Auch bezüglich
der Norm, die ja die unterschiedlichsten Unternehmungen beinhaltet,
kann spekuliert werden. Hier könnte ein Imagetransfer vom Orchester
auf die Unternehmung im Rahmen eines Sponsorings interessant und
damit eine Argumentationshilfe für ein Sponsoren-Engagement
sein.
Wie kann nun die Imagemessung in Jugendorchestern noch konkreter
eingesetzt werden? Um die Bedeutung des Images für die Jugendorchesterarbeit
weiter zu erhöhen, könnte das Image im Rahmen psychologischer
Marktmodelle untersucht werden. Wenn es etwa Autofirmen im Rahmen
der Modellpolitik gelingt, mittels Imageanalysen Marktnischen zu
erkennen und zu besetzen, sind entsprechende Nischen auch für
Jugendorchester ermittelbar.
Vorläufig wird die Jeunesses Musicales Bayern unter der Leitung
ihres Vorsitzenden Ralph Lange die Imagemessung für alle interessierten
Jugendorchester kostenfrei anbieten. Interessierte Jugendorchester
können sich einfach wenden an Ralph Lange, c/o Jeunesses Musicales
Bayern, PF 20 40, 89210 Neu-Ulm, Tel. 0731/980 7725, www.jeunesses-musicales-bayern.de.