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nmz-archiv
nmz 2003/03 | Seite 48
52. Jahrgang | Februar
Kulturpolitik
Massenpetition für Musikschulgesetz
Musikschulen in Brandenburg stehen vor existenziellen Problemen
Um die Deckungslücke im Brandenburger Haushalt 2003 zu schließen,
will die Landesregierung bei den freiwilligen Aufgaben radikal ihre
Ausgaben senken. Hatten sich Kultur- und Bildungspolitiker im letzten
Jahr noch für den zügigen Ausbau eines qualitätsorientierten
Bildungswesens und kulturellen Angebots ausgesprochen, stellt die
geplante Streichung der Musikschulförderung um eine Million
Euro die Musikschulen nun vor existentielle Probleme.
Bei den Musikschulen macht dieser Betrag ein Drittel der Landesförderung
aus. Kein anderer Bereich ist von einer derart hohen proportionalen
Kürzung betroffen. Als so genannte „freiwillige Aufgabe“
müssen die Musikschulen bereits jetzt überdurchschnittliche
Einschnitte verkraften. Die kommunalen Träger geben die Kürzung
ihrer Landeszuschüsse teilweise an die Musikschulen weiter.
Das macht an den Schulen eine Gebührenerhöhung von bis
zu 10 Prozent aus. Eine Kürzung der gesetzlich verankerten
Landeszuschüsse um ein Drittel hätte weit reichende Konsequenzen:
Die Einschnitte wären nicht mehr durch Gebührenerhöhungen
abzufangen. Bereits jetzt zahlen die Eltern in Brandenburg die höchsten
Gebühren aller ostdeutschen Länder.
Massenhafte Schülerabmeldungen und Entlassungen von Honorarlehrern
wären die Folge. Zur Zeit erfreuen sich die Musikschulen noch
steigender Schülerzahlen, in diesem Jahr werden erstmals über
30.000 Schüler an Musikschulen im Land Brandenburg unterrichtet.
Im Dezember 2000 wurde vom Landtag nach mehrjährigen Volksinitiativen
und Volksbegehren das bundesweit einmalige Musikschulgesetz verabschiedet.
Das Parlament votierte im Bewusstsein, dass nur eine gesetzliche
Regelung längerfristig Planungssicherheit gewähren und
die „freiwillige Aufgabe“ Musikschule schützen
könne. Nach nur zwei Jahren wird dieses Votum wieder in Frage
gestellt.
Um in der viel diskutierten Ganztagsschule sinnvoll das Angebot
der Musikschulen zu integrieren, ist es zunächst erforderlich,
das bestehende Unterrichtsangebot und die Kooperationen mit den
allgemeinbildenden Schulen nicht durch unverhältnismäßige
Kürzungen zu gefährden. Gerade erst hat Bildungsminister
Reiche drei Musikschulen für ihre Kooperationen mit Grund-
und Gesamtschulen als richtungsweisend ausgezeichnet. Das alles
bleibt nun Lippenbekenntnis, wenn die Musikschulen zur Haushaltssanierung
herhalten müssen. Seit letzter Woche ist auch die eingeplante
Förderung des Wettbewerbs „Jugend musiziert“ in
Brandenburg akut gefährdet, der in diesen Wochen bundesweit
ausgetragen wird. Ein Antrag der Kulturministerin, die Mittel für
den wichtigsten musikalischen Nachwuchswettbewerb in Deutschland
freizugeben, wurde abgewiesen mit der Begründung, es handele
sich um eine „freiwillige Aufgabe“ des Landes. Der Landesausschuss
hat daraufhin die Vorbereitungen für den laufenden Wettbewerb
sofort eingestellt, da bereits durch die Regionalwettbewerbe in
diesem Jahr Verbindlichkeiten von insgesamt 40.000 Euro entstanden
waren, die nicht ohne die eingeplanten Mittel beglichen werden können.
Um die Freigabe der Landesmittel zu erreichen, hat sich der Landesausschuss
an den Schirmherrn des Wettbewerbs, Ministerpräsident Platzeck,
gewandt.
Der Landesverband der Musikschulen Brandenburg startet in diesen
Tagen eine breit angelegte Unterschriftensammlung im Rahmen einer
Massenpetition gegen die geplante Kürzung der gesetzlich verankerten
Musikschulförderung um eine Million Euro. Am 5. März werden
im Rahmen einer Protestkundgebung vor dem Brandenburger Landtag
die ersten Unterschriften übergeben.
Nähere Informationen zu den geplanten Maßnahmen, Tel.
0331/24 02 75, Landesverband der Musikschulen Brandenburg e.V.,
Katja Groß, Charlottenstr. 122, 14467 Potsdam