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nmz-archiv
nmz 2007/09 | Seite 39
56. Jahrgang | September
Oper & Konzert
Zwei Stimmen, viele Rollen, eine Show
Helga Pogatschars „peep!“ in der Münchener Muffathalle
Sie ist kein Staatstheater, sagt sie, und kann gerade deshalb
immer machen was sie will. Sie gehört zur freien Szene München
und ist dennoch jederzeit in der Lage mit ihren Projekten Räume
bis 500 Zuschauer leicht zu füllen. So auch Anfang Juli in
der Muffathalle: Dort hatte Helga Pogatschars Kurzoper „Peep“ Premiere – ein
Zweipersonen-Stück von gut einer Stunde Dauer.
Zwei
Protagonisten bespielen Bühne und Videoscreen zugleich.
Foto: S. Müller
Helga Pogatschar hat den Ruf, für das Poppige und Schrille
in der Neuen Musik zu stehen. Mit „Peep“ erfüllt
sie diese Erwartungshaltung: „peep!“ ist ein reines
A-cappella-Werk, in dem sich die Stimmen von Sopranistin Monika
Lichtenegger und
Bariton Christian Hilz mit den Stimmen eines vierköpfigen
Videochores verbinden – ebenfalls von den beiden eingesungen.
Die beiden Solisten erzeugen eine endlose Schleife repetitiver
Motive und Textfragmente. Die Dramaturgie von „peep!“ bleibt
dicht am Wortsinn des Titels – es ist die Einsicht in die
Privatsphäre eines fiktiven Prominenten-Pärchens, wie
sie uns von den Medien Tag für Tag aufbereitet wird.
Das Libretto von Achim Wagner besteht aus kurzen, prägnanten
Statements, banal wie aufgeschnappte Gespräche am Nebentisch
eines Schwabinger Szene-Cafés. Wagner benutzt außerdem
Textschnipsel aus Boulevard-Zeitschriften und Nachmittags-Talkshows
und collagiert sie kunstvoll. Gesprochen und gesungen wird vor
allem aneinander vorbei – man kann dazu Polyphonie sagen,
oder komplexe Einfachheit – es entsteht ein Gewebe aus Wort-,
Satz- und Motivfetzen, das in seiner Klanglichkeit und seiner assoziativen
Bilderfolge wiederum an das Schwabinger Café – oder
ist es eine Bar in der Berliner Friedrichstraße? – erinnert.
Pogatschar breitet diesen Gesangsteppich sorgfältig aus: Auch
wenn man das „Teppichmuster“ nach wenigen Minuten kennt,
stößt man immer wieder auf überraschende Details.
Regisseur Sebastian Hirn inszeniert eine zeitgenössische Lifestyle-Hochglanzbilderwelt
und verschränkt beide Welten, die „echte“ auf
der Bühne und die virtuelle auf dem Video-Screen, temporeich
und mit Witz ineinander (siehe unser Bild). Eine kurzweilige Kurzoper,
die sicher bald auf der Bühne eines Stadt- oder Staatstheaters
auftauchen wird.