nmz 2007/09 | Seite 2
56. Jahrgang | September
Personalia
Personalia
Die neue musikzeitung hat ihre interaktiven Tätigkeiten ausgeweitet.
Mit dem Kulturinformationszentrum
stellen wir die engagierte Diskussion in das Zentrum der Aktivitäten
im Netz. An dieser Stelle können Fragen gestellt, Informationen
verbreitet und die Arbeiten anderer kultureller Initiativen zur
Darstellung gebracht werden.
Katastrophen aus der Ruhe
Dem Komponisten Wilhelm Killmayer zum Achtzigsten
Gerade begegneten wir ihm wieder bei der Reichenhaller „Liederwerkstatt“.
Wilhelm Killmayer gehört dort zum festen Kern jener Komponisten,
die Jahr für Jahr dem Aufruf der AlpenKlassik-Chefin Kari
Kahl-Wolfsjäger folgen, um in einer Arbeitswoche neue Lieder
auf einen jeweils anderen Dichter zu komponieren. Nach Hölderlin,
Schiller und Heine war diesmal Goethe an der Reihe. Für Wilhelm
Killmayer ist das Klavierlied ein wichtiger Bestandteil seines
Schaffens. Für Goethe wählte er das „Heidenröslein“.
Aus einer bewusst einfachen Klanglichkeit und Melodik in der ersten
Strophe steigert sich beim „Brechen“ und „Stechen“ die
Komposition in äußerste Heftigkeit: Aus der idyllischen
Betrachtung des Beginns entwickelt sich ein erbitterter Zweikampf
zwischen Knabe und Rose.
Die „Ruhe enthält bereits die Katastrophe in sich“:
Das sagte Killmayer einmal bei anderer Gelegenheit, aber diese
Bewegung „aus der Ruhe ins Katastrophische“ findet
sich auch bei anderen Werken des Komponisten, etwa in seinem Streichquartett.
Killmayer, am 21. August 1927 in München geboren, Kompositionsschüler
unter anderem von Carl Orff, ist in seinem vielgestaltigen Schaffen,
niemals sklavisch einer gerade aktuellen Richtung gefolgt.
Gleichwohl schrieb er in den 60er-Jahren klanglich raffinierte,
subtil ausgehörte Kammermusiken, die sehr modern wirkten.
In seinen Klavier- und Orchesterliedern aber fand er auf eine wunderbar
selbstverständliche Weise zu einem „natürlichen
Tonfall“, der sich nie der Dichtung unterwarf, dieser vielmehr
uneitel dienend zu einer neuen Vollendung verhalf.
Wilhelm Killmayer hat auch als Pädagoge an mehreren Hochschulen
seine Erfahrungen an junge Komponisten weitergegeben. Eine nicht
geringer zu bewertende Leistung neben dem reichen kompositorischen
Werk.
gr/Foto: Charlotte Oswald
Die Befreiung des Rhythmus’
Zum Tod des amerikanischen Schlagzeugers Max Roach Max
Roach kann zu den „Erfindern“ des modernen Jazz
gezählt werden. Er arbeitete in den Vierzigern mit Charlie
Parker, Dizzy Gillespie, Benny Carter, Coleman Hawkins und Miles
Davis zusammen. Im Laufe der Jahre entwickelte er eine Art melodiöses
Spiel am Drumset, welches das Schlagzeug den anderen Instrumenten
der Jazzcombo gleichstellte und von da an zu einem festen Bestandteil
der Soloimprovisation werden ließ. Mit Oscar Brown Junior
zusammen schrieb er die „Freedom Now“-Suite, die er
vor allem mit seiner Frau, Abbey Lincoln, aufführte. Zeitlebens
engagierte er sich für die Bürgerrechte der Afroamerikaner.
Als Solist arbeitete er auch mit klassischen Orchestern, vor allem
sein mit Bläsern und Streichern besetztes Doppelquartett in
den Achtzigern zeugt von einer geglückten Auseinandersetzung
zwischen Jazz und klassischer Musik. Diesen Aktivitäten von
Roach sowie seiner frühen Lehrtätigkeit an der School
of Jazz in Lennox, Massachusetts, ist es im Wesentlichen zu verdanken,
dass Jazzmusik sich Ende des 20. Jahrhunderts zu einer akademisch
gelehrten Kunstgattung etablierte. Dabei blieb Roach stets experimentierfreudig
und seinen Wurzeln treu: Bereits 1972 gründete er die Perkussionsgruppe
M‘Boom, in den Achtzigern zeigte er keine Berührungsängste
vor Rap und Hip-Hop. Am 16. August starb der Schlagzeuger, Bandleader
und Komponist Max Roach im Alter von 83 Jahren in New York.
ak/Foto: Ssirus W. Pakzad
Dietmar N. Schmidt
(ddp) Der Kulturmanager und Vizepräsident der Deutschen Akademie
der Darstellenden Künste, Dietmar N. Schmidt, starb am 15.
August im Alter von 69 Jahren. Akademie-Präsident Walter Konrad
würdigte die Verdienste Schmidts um die Einrichtung, der rund
300 Schauspieler, Regisseure, Bühnenbildner, Dramaturgen und
Intendanten angehören. Schmidt war seit 1981 Mitglied der
Akademie und seit 2000 ihr Vizepräsident. Bis 2004 leitete
er außerdem das NRW-Kultursekretariat, eine interkommunale
Kulturförderinitiative in Nordrhein-Westfalen. Zuvor war Schmidt
sieben Jahre Theaterchef der Ruhrfestspiele Recklinghausen sowie
Schauspieldirektor am Hessischen Staatstheater in Kassel.
Joe Viera wird 75
Am 4. September feiert der Münchner Jazzmusiker Joe Viera
(„Als Bandleader, Komponist, Lehrer und Autor zählt
er zu den Konstanten des deutschen Jazz“, rororo Jazzlexikon)
seinen 75. Geburtstag. Erste Instrumente waren Sopran- und Altsaxophon;
später wechselte er zum Tenorsaxophon über. Von seinen
eigenen Bands war vor allem die Riverboat Seven ein wesentlicher
Teil der Münchner Jazzszene zwischen 1957 und 1965. 1970 gründete
er zusammen mit Helmut Viertl die Internationale Jazzwoche Burghausen
(seither künstlerischer Leiter) und 1972 das Studienzentrum
für zeitgenössische Musik Burghausen (bisher rund 12.000
Teilnehmer in annähernd 480 Kursen).
Motor für Europas Musikkultur
Zum Tod des belgischen Musikologen Camille Swinnen
Camille Swinnen verstarb am 14. August, wenige Tage nach seinem
84. Geburtstag, in seinem Wohnort Hasselt. Nahezu ein halbes Jahrhundert
war er in vielen nationalen und internationalen Musik- und Kunstgremien
engagiert. Swinnen setzte sich in seiner Funktion als Direktor
des Service Culturel der Belgischen Gemeindekreditbank, darunter
mit der Gründung und Leitung des belgischen Concours de Musique „Pro
Civitate“, nicht nur für den künstlerischen Nachwuchs
in seinem Lande ein, sondern war Motor für vielerlei
grenz-überschreitende Zusammenarbeit. So regte er an und initiierte – zusammen
mit „Jugend musiziert“ (Deutschland) – die Gründung
der Europäischen Union der Jugendmusikwettbewerbe (EMCY) 1970
in Brüssel, die er bis 1988 als Generalsekretär betreut.
Hierbei verstand er vor allem sie in ihrer Brückenfunktion
zwischen ähnlichen Fördereinrichtungen in Ost- und Westeuropa
einzusetzen. In ähnlicher Weise war Swinnen 1973 am Zustandekommen
der Europäischen Musikschul-Union und in deren Leitung beteiligt.
Etliche Jahre fungierte er für die nationale Jeunesses Musicales
als deren Präsident, desgleichen für das beispielhafte
belgische Dokumentationszentrum für zeitgenössische Musik.
Im Internationalen Musikrat der UNESCO bemühte er sich, zeitweise
als Vizepräsident gewählt, nicht ohne Erfolg um dessen Überleben.
Als Musikologe wirkte er an Musikakademien, Konservatorien und
Museen und sein fachmännischer Rat war unter den Konzertveranstaltern
in Flandern gefragt. Nationale und internationale Auszeichnungen
würdigten seinen vielseitigen Einsatz. ? er
Stefan Michalk leitet Phonoverband
Angesichts der Herausforderungen im Musikmarkt stellen sich die
Geschäftsführungen der Phonoverbände und der GVL
(Gesellschaft zur Verwertung von Leistungsschutzrechten) neu
auf. Peter Zombik (57) wird sich in Zukunft ausschließlich
auf die GVL konzentrieren und übergibt die Geschäftsführung
des Phonoverbandes zum 15. September an Stefan Michalk (45).
Peter Zombik wird dem Verband auch weiterhin beratend zur Seite
stehen. Stefan Michalk ist seit Dezember 2006 als stellvertretender
Geschäftsführer des Verbandes unter anderem für
die Presse und Public Affairs verantwortlich. Davor war der gelernte
Journalist Leiter der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
beim VDZ Verband Deutscher Zeitschriftenverleger, Pressesprecher
des Hamburger Verlages Gruner + Jahr, stellvertretender Unternehmenssprecher
von Sony Deutschland (Köln) und Redakteur der dpa Deutsche
Presse Agentur (Berlin/Dresden).
Laura Berman neue künstlerische Leiterin in Bregenz
Die aus den USA stammende Dramaturgin und Kuratorin Laura Berman übernimmt
ab Oktober die künstlerische Leitung von Kunst aus der Zeit
(KAZ) bei den Bregenzer Festspielen.
Sie tritt damit die Nachfolge von Matthias Losek an, der im vergangenen
März als Theaterreferent von Kulturstadtrat Andreas Mailath-Pokorny
nach Wien gewechselt war.
Die 47-jährige Berman wird ab der Saison 2009 für den
Spielplan der zeitgenössischen Programmreihe KAZ verantwortlich
zeichnen. Als Dramaturgin arbeitete Laura Berman unter anderem
für die Wiener Festwochen, die Bayerische Staatsoper und die
Berliner Festspiele.
Bis 2006 war sie leitende Dramaturgin am Theater Freiburg.
Sie ist Präsidentin des Musiktheater-Komitees des „Internationalen
Theaterinstituts“ und Beiratsmitglied im „Fonds experimentelles
Musiktheater“ Nordrhein-Westfalen.
Zum Tod von Heinz Lemmermann
Am 6. Juni 2007 starb Heinz Lemmermann in seiner vor den Toren
Bremens gelegenen Heimatstadt Lilienthal. Dort war er am 18.
August 1930 auch geboren worden, dort lebte er in fünfter
Generation in einem auf einer Wurth gelegenen Bauernhaus. Von
Beruf war er Komponist, Chorleiter, Schul- und Hochschullehrer,
Musiker, Wissenschaftler und Schriftsteller – in welcher
Reihenfolge auch immer. Seine Ausbildung fand rein hanseatisch
in Bremen und Hamburg statt.
Lemmermann schuf eine Vielzahl neuartiger, auch rhythmisch frischer
Stücke. Lieder aus aller Welt brachte er in singbaren Sätzen
unter Kinder- und Laienchöre. Den Schulgesang reformierte
er durch ein neuartiges Liedermagazin, in dem er sich gegen ein
gedankenloses, leicht funktionalisierbares Singen zur Wehr setzte.
In seiner Dissertation unterzog er den Schulgesang vor dem 1. Weltkrieg
einer kritischen Sichtung und brachte das Ganze unter die provozierende Überschrift
einer „Kriegserziehung im Kaiserreich“. Es war ihm
ein Anliegen, das Politische in anscheinend unpolitischen Liedern,
insbesondere auch zur Zeit des Nationalsozialismus, zu brandmarken.
Mit seiner Kritik blieb er glaubwürdig, weil sein positives
Engagement für den Chorgesang offenkundig war. In Chorverbänden
war er gern gesehener Referent. Für den Gebrauch in Schulen
und in Laienchören publizierte er seine neuen Lieder in gut
klingenden Begleitsätzen oder Arrangements und rückte
so die Menschen aus aller Welt in unsere Nähe.
Günter Kleinen