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nmz-archiv
nmz 2007/09 | Seite 44
56. Jahrgang | September
Rezensionen
Kurz vorgestellt
DVDs
Franchetti: Germania
Capriccio 93518
Als Kirsten Harms vergangenen Herbst ihre erste Ausgrabung
als Intendantin und Regisseurin an der Deutschen Oper Berlin
präsentierte,
waren die Reaktionen gespalten. Die einen goutierten den süffigen
italo-germanischen Verismo und nahmen erleichtert die Abwesenheit
vom Regietheater zur Kenntnis. Die anderen zweifelten an der Qualität
der zwischen Wagner, Puccini und Zitaten aus deutscher musikalischer
Vergangenheit bedeutungsschwanger dräuenden Musik und des
hurrapatriotischen Librettos, das Harms naiv bebildernd statt kritisch
reflektiert auf die Bühne gebracht habe. Die DVD-Version spricht
eher für die zweite Lesart. Je näher die Kamera den (nur
selten mehr als ordentlichen) Sängern kommt, umso quälender
wird die Abwesenheit einer tiefer gehenden Interpretation und Personenregie
deutlich. Renato Palumbo versucht, so gut es geht, aus Franchettis
unentschiedenem Eklektizismus dramatische Funken zu schlagen. Ärgerlich
und einer solchen Erstveröffentlichung unangemessen das Booklet:
statt vernünftiger Informationen zu Stück, Handlung und
Komponist ein von besserwisserischer Attitüde nicht freier
Beitrag zu Franchettis Zitattechnik. Für Jäger und
Sammler wohl trotzdem unverzichtbar.
Sergiu Celibidache in Rehearsal & Performance.
EuroArts 2060368
Celibidache in der Probe zu erleben heißt, den Entstehungsbedingungen
von Musik beizuwohnen. Dieser Stuttgarter Mitschnitt von 1965 zeigt,
wie sich Detailarbeit und große interpretatorische Linie
gegenseitig bedingen, dass das eine ohne das andere nicht funktioniert.
Herrlich, wie Celi mit knappen Worten die Stimmungen im Strauss’schen
Till Eulenspiegel umreißt und mit handfesten Spielanweisungen
konkretisiert. Dazu ein jüngerer Scheherazade-Mitschnitt,
ebenfalls mit dem Stuttgarter RSO.
Gidon Kremer. Back to Bach
EuroArts 2055638
Im Mittelpunkt steht Kremers 2005 erschienene Aufnahme der
Bach’schen
Solowerke. Nicht die Sonaten, aber die drei Partiten sind in Kremers
eigensinniger, vor Intensität berstender Deutung in der Lockenhausener
Pfarrkirche zu sehen und zu hören. Gern hätte man noch
mehr über seine sich verändernde Sicht auf Bach erfahren.
Dennoch ein lohnendes Porträt eines rastlosen Suchers, angereichert
durch älteres dokumentarisches Material.