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nmz-archiv
nmz 2007/09 | Seite 46
56. Jahrgang | September
Noten
Weihnachten ist nicht mehr weit
Eine Auswahl an Noten für die Zeit zwischen den Jahren
Friedhilde
Trüün: Stück für Stück nach
Bethlehem. Ein kommentiertes Singspielverzeichnis für die
Weihnachtszeit. Carus-Verlag, Stuttgart 2006.
Weihnachten ist noch weit, mag mancher denken. Aber Erzieher/-innen
und Lehrer/-innen müssen bereits planen, wie Weihnachten in
diesem Jahr gestaltet werden soll. Einen Überblick über
die Singspiele für die Weihnachtszeit bietet Friedhilde Trüüns
Sammlung. 99 Stücke wählte sie aus und ordnete sie systematisch
nach geeignetem Alter und Aufführungsdauer. Die angeführten
Stücke sind für Kindergarten- und Grundschulalter geeignet,
wobei die untere Grenze häufig bei zwei Jahren angesiedelt
ist, es können also auch schon kleinere Kinder mitwirken.
Die obere Grenze erstreckt sich teilweise bis zum Alter von 14
oder 15 Jahren. Trüün gibt weiter die Dauer des Stückes,
die Anzahl der Lieder oder Instrumentalstücke und die Besetzung
an. Ihre anschließende Auswertung der einzelnen Singspiele
beziehen sich auf die Art der Aufführung – Angaben zu
Bühne, Regieanweisungen und Anzahl der Akte oder Szenen. In
einer weiteren Rubrik stellt sie kurz den Inhalt vor und geht dann
intensiver auf Musik und Text ein. Kurze Analysen einzelner Lieder
oder Instrumentalstücke sowie mögliche Veränderungen
oder Kürzungen im Ablauf oder in der Besetzung sollen bei
der Entscheidung helfen. Ein grau hinterlegter Kasten enthält
noch einige Tipps für geeignete Aufführungsorte und subjektive
Eindrücke der Autorin, der mit ihrem Singspielverzeichnis
eine aussagekräft-ige und detailreiche Übersicht über
ein nahezu unüberschaubares Œuvre gelang.
Peter Schindler: „Weihnachten fällt aus!“. Ein
Musical zur Weihnachtszeit. Carus-Verlag, Stuttgart 2006.
Der Komponist Peter Schindler machte sich durch Lieder für
Kinderchöre wie „Kinderhits mit Witz“, aber auch
mit Musicals wie „Geisterstunde auf Schloss Eulenstein“ oder „Max
und die Käsebande“ einen Namen. Er erweitert sein Repertoire
nun mit einem Musical für die Weihnachtszeit. „Weihnachten
fällt aus!“ wurde mit dem Musikeditionspreis 2007 in
der Kategorie Schul- und Unterrichtsliteratur für Kinder und
Jugendliche ausgezeichnet. Das 60 Minuten lange Stück liegt
in 2 Fassungen vor: Die Orchesterfassung ist neben dem Klavier
auch mit Violinen, Violoncello, Kontrabass, Flöte und Schlagzeug
besetzt. Die Fassung für Klavier kann beliebig mit Bass, Gitarre
und Schlagzeug erweitert werden. Wem auch die Kapazitäten
für die abgespeckte Fassung fehlen, der kann mit einer Playback-CD
arbeiten. Auch die zweite Chorstimme kann bei Bedarf weggelassen
werden.
Die Orchesterfassung erfordert in einigen Instrumenten bereits
Fähigkeiten, die über das Anfangsstadium hinausgehen,
wobei auf dem Klavier noch am ehesten Reduktionen vorgenommen werden
können. Aber auch Lagenwechsel in der ersten Violine und auf
der Flöte der Tonraum bis zum a³ sollten berücksichtigt
werden, zumal der zu erarbeitende Umfang des Stückes von einer
Stunde Dauer erschwerend hinzukommt. Friedhilde Trüün
gibt für das Musical eine Altersspanne von 7 bis 14 Jahren
an, die dem Instrumentalpart Rechnung trägt. Die Chorstimmen
hingegen können wie die Solopartien gut auch von jüngeren
Kindern bewältigt werden, die Melodien sind eingängig
und stehen in einer für Kinder gut singbaren Lage.
Die Geschichte des Stückes spielt auf die alljährlich
zu Weihnachten einsetzende Konsumwut und auf den um sich greifenden
Weihnachtsstress der Menschen an. Auch Ambrosius Schneeweiß (Name
des Weihnachtsmannes) bemerkt dies und quittiert kurzerhand für
ein Jahr den Dienst, denn wenn Weihnachten ausfällt, dann
bedeutet das nicht nur für ihn weniger Stress, sondern auch
für die Menschen. Und um was es an Weihnachten eigentlich
geht, daran denkt ja sowieso keiner mehr. Natürlich wendet
sich das Blatt und am Ende steht eine idyllische Weihnachtsszene:
In einer Familie, die mitten im tiefverschneiten Wald wohnt, kommt
pünktlich am Weihnachtstag ein Kind zur Welt. Ein bisschen
zu viel des Guten? Nein, die Szene steht symbolisch für die
Weihnachtsthematik – die Geburt eines Kindes draußen
im Wald, entfernt von den Menschen. Die Geschichte spricht ein
in der Gegenwart weit verbreitetes Problem an und verknüpft
sie mit traditionellen Elementen aus der Weihnachtserzählung,
ohne zu sehr den moralinsauren Zeigefinger zu heben. Die Botschaft
ist durch gute Einfälle im Geschehen, aber auch durch die
abwechslungsreiche und den Inhalt unterstreichendeVertonung aufs
angenehmste verpackt und verspricht einen vergnüglichen Abend.
Peter Schindler: „Großer Stern, was nun?“. Ein
kleines Singspiel zur Advents- und Weihnachtszeit. Carus-Verlag,
Stuttgart 2007.
Peter Schindlers neues Weihnachtsstück „Großer
Stern, was nun?“ umfasst einen wesentlich kleineren Rahmen
als sein großes Weihnachtsmusical „Weihnachten fällt
aus!“: Zwölf Minuten dauert die Aufführung der
sechs Lieder. Ohne Erzählstimme oder eingeschobene Schauspielszenen
folgen die in ihrem Duktus unterschiedlich gestalteten Stücke
aufeinander. Neben einer Ballade stehen ein choralartiges Stück
oder eine Valse Musette. So verleiht die Musik dem Textinhalt zusätzlich
Ausdruck und vermittelt die passende Stimmung. Die eigentliche
Weihnachtsthematik bleibt hier im Hintergrund. Der große
Stern (mit einer Solostimme besetzt) fällt vom Himmel und
eine große Engelsschar (der Chor) hebt ihn wieder empor,
damit er zur Weihnachtszeit leuchten kann. Das Stück „verknüpft
die Schutzengelthematik mit der weihnachtlichen Botschaft vom leuchtenden
Stern über Bethlehem“, schreibt Peter Schindler in seinem
Vorwort. Durch die Kürze des Stückes kann es gut an einer
Vorweihnachtsfeier aufgeführt werden oder in einen Theaterabend,
der von mehreren Gruppen gestaltet wird, integriert werden. Ein
ein- bis dreistimmiger Kinderchor, einige Engel und der große
Stern als Solisten werden von einem Klavier begleitet. Das Stück
ist aufgrund des Schwierigkeitsgrades und des Inhalts für
Kinder im Grundschulalter geeignet. Der Klavierpart ist allerdings
für einen fortgeschrittenen Schüler konzipiert – in
der CD-Einspielung übernimmt Peter Schindler das Klavierspiel
selbst. Alternativ zur Livemusik ist auch eine Playback-CD erhältlich.
Eine szenische Aufführung kann mit wenigen Mitteln umgesetzt
werden. Wie in allen seinen Stücken macht Peter Schindler
im Vorwort einige Vorschläge, wie eine Inszenierung aussehen
könnte, ihm kommt es aber vor allen Dingen auf die Textverständlichkeit
an, denn „wenn die Zuhörer nicht verstehen, was gesungen
wird, ist alles nichts wert!“.
Michael Gusenbauer: Bachs Weihnachtsoratorium
für Kinder. Carus-Verlag, Stuttgart 2007.
Es war Michael Gusenbauer ein Anliegen, wie er im Vorwort mitteilt,
das Weihnachtsoratorium von Johann Sebastian Bach auch Kindern
zugänglich zu machen. Er fertigte eine Bearbeitung des Werks,
die inhaltlich stimmig die Weihnachtsgeschichte erzählt, aber
in der Länge gekürzt ist: Gusenbauers Version dauert
40 Minuten. Er trifft aus Bachs Original eine Auswahl an Stücken,
die er für wesentlich erachtet, und ergänzt einen Erzähler.
Als Hirte verkleidet führt dieser das Publikum (Zielgruppe:
vier- bis neunjährige Kinder) durch das Geschehen. In anschaulicher
Sprache dargestellt, beschränkt sich der Erzähler nicht
nur auf die Weihnachtsgeschichte, sondern bezieht auch musikgeschichtliche
Sachverhalte mit ein. Ganz nebenbei erzählt er, von wem das
Stück stammt und was das Wort Komponist bedeutet. Auch Instrumentenkunde
wird „gelehrt“: Als nach einem geeigneten Klang gesucht
wird, um dem neugeborenen König zu huldigen, stellt der Sprecher
interaktiv mit den Zuhörern arbeitend verschiedene Instrumente
vor und ordnet deren Klang ein. Die Trompete wird schließlich
für gut befunden, wobei später die Oboe als passend
erscheint, das Schlaflied zu intonieren.
Nur an ganz wenigen Stellen im Erzählpart muss diskutiert
werden, ob die Wortwahl sinnvoll ist. Wenn der Erzähler vom „richtigen
Sound für einen König“ spricht oder nach der Arie „Großer
Herr, o starker König“ der Ausruf „Wow, das war
ja wirklich ein toller Song.“ folgt, dann wirkt das anbiedernd.
Allerdings scheint das unnötig bei einem so jungen Publikum,
das mit den zu diesem Anlass auch ungeschickt gewählten Worten „Song“ und „Sound“ wahrscheinlich
nur vereinzelt etwas anfangen kann. Von diesen kleinen Ausnahmen
abgesehen hat Gusenbauer eine stimmige Fassung des Weihnachtsoratoriums
geschaffen, dessen Besuch für Kinder in der Adventszeit ein
einzigartiges Erlebnis sein wird. Als optimale Umsetzung mit dem
geringsten Aufwand – nur eine Extraprobe – könnte
ein Ensemble, das am Abend das vollständige Oratorium aufführt,
beispielsweise am Nachmittag eine Kindervorstellung geben, wie
Michael Gusenbauer in seinem Vorwort vorschlägt.