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Ausgabe 2002/05
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nmz 2002/05 | Seite 4
51. Jahrgang | Mai
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Nackter Kaiser

 

Ein Kaiser in neuen Kleidern geht als Gespenst in Deutschlands Theaterszene um. Trotz vieler Vornamen wie zum Beispiel „Weimarer“, „Berliner“, „Düsseldorfer“, „Mainzer“ oder „Frankfurter“ ist es stets ein und dasselbe Gespenst mit dem Nachnamen „Modell“.

Es hat nur einen Schneider und der kennt nur einen grobstichigen Schnittmusterbogen: Aus einigen Ellen Privatisierungsstoff schneide man eine GmbH, verziere sie mit dem Goldrand der Gemeinnützigkeit, halte sie sorgsam von allen Koalitions-Verschmutzungen fern, reinige sie von Arbeitsgesetzen und Tarifverträgen, füttere sie mit flexiblen Individualverträgen, versteife sie, wo erforderlich, mit Betriebsvereinbarungs-Abnähern – und schon ist das „Modell“ fertig. Der Geburtsort des Gespenstes namens „Modell“ heißt Mangel, Mangel an Geld und Fantasie.
Die Überlegungen, als Regie- oder Eigenbetriebe geführte öffentlich-rechtliche Bühnen in die private Rechtsform einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung oder einer Stiftung zu überführen, sind so alt wie das Nachkriegstheater. Gustaf Gründgens war es, der die Umwandlung des städtischen Düsseldorfer Schauspielhauses in eine GmbH betrieb, um sein Haus aus kameralistischen Zwängen zu befreien, um mehr Spielraum und auch Verantwortung zu erlangen. Eine Vielzahl von Staats- und Stadttheatern ist diesem Beispiel gefolgt, gegen das so lange nichts einzuwenden ist, als der Rechtsträger (Mehrheits-)Gesellschafter bleibt und die Umwandlung sachlich motiviert und nicht von der Illusion geleitet ist, ein Theater in privater Rechtsform ließe sich automatisch kostengünstiger betreiben.

Diese Illusion war es, die das Gespenst gezeugt hat. Als ließe sich durch Änderung der Rechtsform auch nur ein einziges Problem lösen! Das würde selbst dann nicht funktionieren, wenn die „neue“ GmbH den Arbeitgeberverbänden fern bliebe: Nach dem Jahr gesetzlicher Nachwirkung der Tarifverträge könnten zwar neue Vereinbarungen getroffen werden, für deren Abschluss aber, entgegen einem weit verbreiteten Irrglauben, in allen tarifüblichen Bereichen nicht ein – noch so eingeschüchterter – Betriebsrat, sondern wieder die Gewerkschaften die alleinige Kompetenz hätten. Die hypothetische Frage, wie insbesondere ein Musiktheater ohne kollektive Regelungen, die schließlich Pflichten der Beschäftigten ebenso beinhalten wie Rechte, überhaupt arbeiten könnte, sei, da jede Antwort kabarettreif wäre, erst gar nicht gestellt.

Anders als manch zeitgenössischer Politiker hatte Herzog Moritz von Sachsen schon 1548 das Problem erkannt, als er für seine „Cantorei“, Vorläufer des Dresdner Staatsopernchores und der Staatskapelle, Regeln „zur Ordenung und Underhaltung“ erließ.
Es ist an der Zeit, dass, wie im Märchen, der Kaiser als ein Nackter erkannt wird. Die Probleme lassen sich nur in gemeinsamer Anstrengung aller, nicht durch von unwissenden Feuilletons begleitete Gespensterdebatten lösen.

Stefan Meuschel

 

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