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nmz-archiv
nmz 2002/05 | Seite 50
51. Jahrgang | Mai
Dossier: Musik und nationale Identität
Interkultur
Christian Utz: Neue Musik und Interkulturalität, Von Cage bis Tan Dun. Beihefte zum Archiv für Musikwissenschaft,
Band 51, Hrg. Albrecht Riethmüller. Stuttgart 2002. 533 S., E 88
Der Begriff des Interkulturellen wird von Christian Utz hier mit außergewöhnlicher Akribie auf musikalische
Beziehungen zwischen abendländischem Musikdenken und den musikalischen Kulturen Ostasiens angewandt. Konzentriert
wird sich auf die Musikentwicklung seit 1950, also auf die Zeit, in der die Beeinflussungen über das Stadium
einer nur fernöstlichen Geschmacksnote hinausging. Ausgehend von einer Debatte über Rezeptionstheorien
und Grundkonstellationen interkultureller Beeinflussung, wird sich dann im umfangreichen Hauptteil des Buches
einzelnen musikschöpferischen Persönlichkeiten zugewandt. Utz untersucht Ansätze bei Cage, Britten,
Stockhausen, Kagel, Messiaen, Scelsi, Zender, Vivier und anderen, die alle aus der Berührung mit ostasiatischer
Musik neue schöpferische Impulse für ihr eigenes Schaffen bezogen. Mit Dialog oder Monolog?
ist dieser zweite Teil des Buches überschrieben. Danach wird im dritten Teil (Zwischen Angleichung
und Differenz) die Blickrichtung umgekehrt. Isang Yun, Wen-Chung Chou und Toru Takemitsu stehen zur Debatte,
mit Ausblicken auf Younghi Pagh-Paan oder Toshio Hosokawa (ein Überblick über die anderen ostasiatischen
Musikschaffenden schließt sich an).
Das Buch endet mit einer fast 200-seitigen Betrachtung des Musikschaffens von Tan Dun (4. Teil: Kulturelle
Polyvalenz). In diesem Komponisten sieht Utz die Überschneidung musikkultureller Ansätze zum
neuen Personalstil aufgehoben durchaus mit kritischen Implikationen. Insgesamt ein außerordentlich
kenntnisreiches Buch mit viel Quellenmaterial, das auch fruchtbar als Handbuch für ostasiatische Musik
herangezogen werden kann.