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nmz-archiv
nmz 2003/04 | Seite 23
52. Jahrgang | April
Noten
Hemmschwellen vor der Moderne abbauen
Ein Buch zur Spieltechnik der Flöte setzt neue Maßstäbe
Carin Levine/Christina Mitropoulos-Bott: The Techniques of
Flute Playing/Die Spieltechnik der Flöte, Bärenreiter-Verlag,
ISBN 3-7618-1595-6 , € 38,–
In der Solo-Literatur für Querflöte spielen zeitgenössische
Kompositionen eine wichtige Rolle. Allerdings erscheinen sie auf
den ersten Blick oft sehr kompliziert. Und mancher, der hochmotiviert
Neue-Musik-Noten auf seinen Notenständer stellt, klappt sie
verschreckt bald wieder zu. Hier setzt das im Bärenreiter-Verlag
erschienene Buch „Die Spieltechnik der Flöte“ von
Carin Levine und Christina Mitropoulos-Bott an: Es führt durch
den Dschungel der unterschiedlichsten Notationsweisen und stellt
sämtliche moderne Spieltechniken detailliert vor.
Die Autorinnen wenden sich in ihrem durchgängig zweisprachig
(Englisch-Deutsch) gehaltenen Buch ausdrücklich auch an Komponisten
und plädieren für eine Vereinheitlichung der Notationsweisen.
In erster Linie richten sie sich aber an Studierende und Lehrende,
die im Alltag mit zeitgenössischer Literatur zu tun haben.
So geben sie ganz konkrete Übetipps zu Themen wie Flatterzunge,
Whistle Tones, Flageoletts und Multiphonics (Mehrklänge),
wobei sie auch seltenere Sonderformen (wie etwa Whistle Tones bei
abgedecktem Mundloch) behandeln. Für jede vorgestellte Technik
fügen sie ein Notenbeispiel an und im Anhang haben sie CD-Hinweise
und ein Verzeichnis mit Klangbeispielen zusammengestellt.
Besonders hilfreich auch für schon Neue-Musik-erfahrene Flötisten
ist die etwa 60 Seiten umfassende Multiphonics-Grifftabelle. Über 1.000
Griffverbindungen sind hier aufgeführt und hinsichtlich ihrer Stabilität
und ihres dynamischen Spektrums kategorisiert. Dabei berücksichtigen Carin
Levine und Christina Mitropoulos-Bott auch verschiedene Flöten-Typen:
Modelle mit und ohne Ringklappen, H-Fuß und E-Mechanik.
Weitere Tabellen umfassen Griffe bis zum g’’’’ sowie
für Triller der 4. Oktave, für die mikrotonale Skala (Vierteltöne)
und für Bisbigliando-Effekte (Klangfarbentriller).
Dem Buch ist auf angenehme Weise anzumerken, dass es aus der
Praxis heraus entstanden ist: Carin Levine blickt denn auch auf
eine langjährige Unterrichtstätigkeit
an den Musikhochschulen Bremen, Detmold und Lübeck zurück und ist
regelmäßige Dozentin bei den „Darmstädter Ferienkursen
für Neue Musik“ und bei Meisterkursen. Sie hat mit Komponisten wie
Mauricio Kagel, Giacinto Scelsi, Dieter Schnebel und Brian Ferneyhough zusammengearbeitet.
Christina Mitropoulos-Bott war unter anderem Mitglied bei der „Musikfabrik
NRW“ und dem „Ensemble Köln“ und hatte 1997 bis 1999
einen Lehrauftrag an der Musikhochschule Lübeck inne.
Das Buch wird sicher bald zum Standardwerk und trägt sehr gelungen dazu
bei, die Hemmschwelle vor zeitgenössischen Kompositionen abzubauen.