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Ausgabe 2003/06
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nmz 2003/7-8 | Seite 53-54
52. Jahrgang | Jul./Aug.
Dossier: Zukunftswerkstatt
Wettbewerbe

Vom künstlerischen Werden, Wachsen und Wirken

Ein kleiner historischer Rückblick auf „Jugend musiziert“ · Von Eckart Rohlfs

Eigentlich begann es mit Elly Ney und Marguerite Long, Deutschlands und Frankreichs grandes dames de piano, als sie sechs blutjunge Klavierspieler in einer deutsch-französischen Partnerschaftsgala präsentierten. Anlass war ein deutsch-französisches Arbeitstreffen der Jeunesses Musicales beider Länder. Prominenter konnte man für das Musizieren der Jugend nicht demonstrieren; denn dieser 11. Juni 1959 im Théatre municipal de Strasbourg stand zugleich unter dem gemeinsamen Patronat des Europolitikers Robert Schumann, Bundeskanzler Adenauer und Strasbourgs Bürgermeister Pierre Pflimlin – also eine in jeder Hinsicht gelungene PR-Aktion des damaligen Werbeberaters der Deutschen Klavierindustrie. Denn die positive Resonanz im Blätterwald hatte gewichtige Folgen. Dem Deutschen Tonkünstlerverband, der die jungen pianistischen Hände einbrachte, gefiel auch das weitere Kooperationsangebot, nämlich bundesweit einen Wettbewerb für junge Pianisten auszurichten. Denn es galt, für den ersten Internationalen Jugendklavierwettbewerb im Congrès mondiale der Jeunesses Musicales in Berlins Kongresshalle im Sommer 1960 die deutschen Kandidaten in einem extra Auswahlspiel zu ermitteln.

Nostalgischer Blick zurück: Blöckflötenwertung bei „Jugend musiziert“ vor zwei Jahrzehnten. Alle Fotos dieser Seite: Böhner/nmz-Archiv

Daraus wurde dann der erste Streich in unserer Wettbewerbshistorie: In die damals frisch installierte Beethovenhalle nach Bonn eingeladen wurden Anfang 1960 die besten Klavierspieler aus rund zwei Dutzend da und dort durchgeführten regionalen Klavierwettbewerben der Tonkünstlerverbände und Klavierhäuser wie Grotrian-Steinweg, Steinway, Ibach, Heinersdorf oder Lang-München. 25 Buben und Mädchen präsentierten sich bei diesem ersten deutschen Klavierspielwettbewerb in zwei Altersgruppen, bis 12 und bis 16 Jahren, und das war so erfolgreich in der Ausstrahlung, dass für solche Wettbewerbe mit wachsendem Interesse zu rechnen war. Und tatsächlich sollte der vom Tonkünstlerverband und von den deutschen Jeunesses Musicales ausgerichtete, von der Klavierindustrie teilfinanzierte bundesdeutsche Wettbewerb unter dem Motto „Ewig junges Klavier“ mehrfach wiederholt werden, 1962, 1964 und 1966 in Stuttgart, München und Marl. An ihre damaligen aufregenden Starts erinnern sich einige noch ganz genau: Volker Banfield, Konstanze Eickhorst, Bernd Goetzke, Margarita Höhenrieder, Babette Hierholzer, Gerhard Opitz und viele andere. Solistisches und vierhändiges Klavierspiel fand erst 1970 Eingang in die „Jugend musiziert“-Ausschreibung, auch sporadisch weiterhin von musikwirtschaftlicher Seite wohlwollend begleitet.

Statistische Erhebungen

Im Mini-Büro des Deutschen Musikrates in Hamburg saß inzwischen dessen erster Generalsekretär Herbert Sass an statistischen Erhebungen zur Lage der Musikberufe und meditierte über die katastrophale Nachwuchslage für die deutschen Kulturorchester. Weder die Konservatorien und Musikhochschulen, noch die damals gerade knapp 100 Musikschulen hatten günstige Prognosen für die fehlenden Geiger, Bratscher, Cellisten und Bassisten. Die breite und anregende Öffentlichkeitswirkung von „Ewig junges Klavier“ verlockte: Mit der Wettbewerbsidee wollte man nun auch für das Spiel von Streichinstrumenten werben.

Anstoß dazu gab bereits die sechste Generalversammlung des Deutschen Musikrates im Jahre 1960 mit ihrer Empfehlung: „…zur Verbesserung der musikalischen Vorausbildung vor der musikalischen Berufsausbildung...“ in jährlichem Wechsel für die Instrumentengattungen Jugendwettbewerbe örtlich, regional und überregional durchzuführen und zwar gleichermaßen zur Anregung für das eigene Musizieren der Jugend wie zur Förderung des musikalischen Nachwuchses. Zugleich sollten diese Wettbewerbe der Auslese musikalischer Frühbegabungen dienen. So verkündete 1962 damaliger Musikratspräsident Hans Mersmann: „Das Klavier ist nur der Anfang einer größeren Auslese, welche immer stärker auch die Melodieinstrumente (Streicher und Bläser) einbezieht.“

Unter einem Lindenbaum im bayerischen Pfaffenwinkel im Monat Mai 1962 kam schließlich eine Arbeitsgruppe zum Brainstorming zusammen und brütete die Details eines bundesdeutschen Jugendwettbewerbes aus: Beteiligt hieran waren Fritz Büchtger, der sich zum Komponieren dorthin in ein Bauernhaus zurückgezogen hatte, Präsident der Jeunesses Musicales und zugleich zusammen mit dem Hannoveraner Reimar Dahlgrün Sprecher des Tonkünstlerverbandes, Herbert Sass, der den Deutschen Musikrat und auch die Schulmusik vertrat, Herbert Schermall, damals Tonkünstler-Geschäftsführer in Berlin, und schließlich der Schreiber dieser Zeilen, gerade im dritten Jahr Generalsekretär der Jeunesses Musicales. Er sollte seine ersten jungen Erfahrungen aus der Organisation der Klavierwettbewerbe einbringen.

Eigentlich sollten die Streicher schon 1962/63 zum Wettbewerb geladen werden, und das eilig fabrizierte Werbeplakat konnte nicht zum Einsatz kommen. Es bedurfte eines weiteren Jahres Aufschub, um die Finanzierung sicherzustellen, aber auch um ein bundesweites Netz von Mitstreitern zu installieren, die an möglichst vielen Orten die potenziellen Begabungen ausfindig machen und zur Teilnahme ermuntern sollten, erst die Streicher, ein Jahr später die Bläser. Herbert Sass zog alle Register, um das geplante Konzept eines dreistufigen Wettbewerbes zu realisieren, nämlich ein dichtes organisatorisches Regionalnetz zu schaffen. Neben den Tonkünstler-Orts- und Landesverbänden galt es, auch die wenigen damals schon bestehenden Musikschulen zum Mitmachen und zur Übernahme von Mitverantwortung zu motivieren. Jedoch waren sie noch allzu sehr auf Elementares und nicht auf leistungsorientiertes Musizieren eingestellt. Modell für „Jugend musiziert“ waren die vor allem an Schulen praktizierten Bundesjugendspiele des Sports. Mit dieser Argumentation konnten zunächst vor allem Schulmusikerzieher gewonnen werden, regionale Vorspiele für Streicher, dann für Bläser auszurichten.

Ein gemeinsamer Aufruf zu „Jugend musiziert“ signalisierte die gemeinsame Verantwortung und Beteiligung an diesem Nachwuchsunternehmen. Tatsächlich gewann der Deutsche Musikrat unter seiner Obhut die maßgeblichen Behörden auf Bundes-, Landes- und Kommunal-Ebene ebenso wie die vier musikerzieherisch orientierten Bundesverbände der Tonkünstler, Musikschulen, Schulmusikerzieher und Jeunesses Musicales. Dazu bekannte sich auch die im Oktober 1962 begründete Deutsche Stiftung Musikleben. Schließlich gelang es, unter dem damaligen Bundesjugendminister Bruno Heck das Projekt „Jugend musiziert“ im sogenannten Programm „Musische Bildung“ im Bundesjugendplan der Bundesregierung zu verankern, womit auch die Bundesförderung – zumindest für die bundesweite Ausrichtung dauerhaft als gesichert galt. Da zogen dann auch die Landesregierungen und gastgebende Städte finanziell nach, um die Landes- und Regionalwettbewerbe zu ermöglichen. Zur Deutschen Stiftung Musikleben gesellten sich als Förderer nach und nach weitere regionale Stiftungen und andere Spender, die dann später Sponsoren hießen. Zu den ersten gehörte die Lufthansa, die bis heute Passagen für Preisträger stiftet, und mittlerweile ist die Sparkassen-Finanzgruppe auf allen Ebenen mitverantwortlich präsent. Seit dem dritten Wettbewerbsjahr steht der Bundespräsident als Schirmherr über „Jugend musiziert“ und fast alle Amtsinhaber würdigten mit ihrer Präsenz beim Bundeswettbewerb oder auch durch Konzerteinladung an den Amtssitz des Bundespräsidenten die Leistungsbereitschaft, das Leistungsvermögen und das Leistungsbeispiel von Bundespreisträgern. Nach „Jugend trainiert für Olympia“ entwickelte sich „Jugend musiziert“ zu den Schülerwettbewerben mit der stärksten Teilnehmerfrequenz und – einer Umfrage zufolge – erfreut sich „Jugend musiziert“ in der Öffentlichkeit inzwischen eines außergewöhnlich hohen Bekanntheitsgrades.

 

In dieser Genesis begründet ist die Zusammensetzung des Hauptausschusses, der im Auftrage des Deutschen Musikrates als Träger die inhaltliche Ausrichtung verantwortet. Analog besetzt sind die für die Landesebene zuständigen Landesausschüsse. Hier wirken die an der Ausrichtung hauptsächlich beteiligten Verbände und Institutionen zusammen. Inzwischen erweitert um den Kooperationspartner Rundfunk und nach Bedarf weitere Fachverbände für spezielle Kategorien konsultierend und einbeziehend.

Folgen und Wechselwirkungen

Versucht man eine Bilanz, was vierzig Jahre „Jugend musiziert“ bedeuten, so darf man dies nicht alleine an alljährlich immer noch zunehmenden Teilnehmerzahlen festmachen. Sie stiegen von den ersten beiden Jahren 1964 und 1965, die den Streichern und Bläsern gewidmet waren, von 2.500 und 3.500 Teilnehmern auf immerhin nahezu 20.000. Erklärbar auch dadurch, dass sich „Jugend musiziert“ in seinem Wettbewerbsangebot mittlerweile nahezu die gesamte Partitur denkbarer Instrumente, Stimmen und Besetzungen in sechs Altersstufen zwischen unter 8 bis zu 27 Jahren zu eigen gemacht hat.

Zur einzigartigen Erfolgsgeschichte in der jugendkulturellen Arbeit wurde „Jugend musiziert“ vor allem wegen seiner vielseitigen Wirkungen und Wechselwirkungen, die die musikerzieherische und musikpolitische Landschaft in unserem Lande maßgeblich beeinflusst und verändernd geprägt haben. Also nicht nur an dem Mehr an musizierenden jungen Menschen, musizierenden Familien, zum Teil schon in der dritten Generation, als Professionals oder als Amateure ist der Verdienst von „Jugend musiziert“ zu messen, sondern vor allem an einer Vielzahl kulturpolitischer, fachlicher, musikalisch-künstlerischer, sozialer und auch internationaler Auswirkungen.

Kooperation

„Jugend musiziert“ lebt vor allem von einer einzigartigen und großartigen Kooperationsbereitschaft aller, die sich für musikalische Begabungen und deren Ausbildung verantwortlich fühlen, im schulischen wie vor allem im außerschulischen Bereich und auch im Übergang zur beruflichen Ausbildung. Man deckte in und durch den Aufruf zu „Jugend musiziert“ viele grundsätzliche gemeinsame Aufgaben, Probleme und Lösungsmöglichkeiten auf, die einen Dialog, ein Zusammenwirken der zahlreichen Fachverbände und institutionellen Einrichtungen der Laien- wie Berufsmusik wünschenswert und notwendig machten. In gleicher Weise verdichtete sich um der Sache willen die Kooperation in horizontaler wie vertikaler Ebene zwischen privaten und öffentlichen Förderern.

Ehrenamt und Subvention

„Jugend musiziert“ hat auf allen Ebenen ein nicht messbares Potential ehrenamtlicher Mitarbeiter ausgelöst. Nahezu 3.000, die jedes Jahr für Vorbereitung, Organisation und Leitung der Wettbewerbe sorgen. Rund 9.000 die in Jurygremien der drei Wettbewerbsphasen ohne nennenswertes Ent-gelt mitwirken. Dieser Geldwert freiwilligen Einsatzes im Umfeld von „Jugend musiziert“ entspricht zweifellos etwa der Höhe, was von öffentlicher Seite an Steuergroschen in das Projekt „Jugend musiziert“ investiert wird. Weder der öffentliche noch der private und ehrenamtliche Einsatz sind verzichtbar. Gerade das freiwillige Engagement bestimmt in hohem Maße die Atmosphäre der Wettbewerbe „Jugend musiziert“. Andrerseits darf nicht übersehen werden, dass gerade durch das Projekt „Jugend musiziert“ im Laufe der Jahrzehnte viele Millionenbeträge aus öffentlichen, aber auch aus privaten Kassen mittelbar und unmittelbar für Aufgaben der Musikerziehung, Musikausbildung und jugendkultureller Förderung zusätzlich zugeflossen sind. Sie ermöglichten kulturelle Innovationen und Beseitigung von fachlichen Defiziten.

Dazu zählen zum Beispiel auch Initiativen wie die Schaffung der Bundesakademie für musikalische Jugendbildung in Trossingen, die verschiedenen Landesakademien, die Institutionalisierung des Bundesjugendorchesters, des BuJazzOs und der vielen Landesensembles und was sonst alles zur mittlerweile enorm bunten Vielfalt des Musizierens in unserem Lande beigetragen hat.

Qualitätsanspruch

Durch „Jugend musiziert“ entstand für Musikausbildung wie Musikpraxis ein neuer Qualitätsanspruch. In dessen Folge erreichte das Musizieren junger Menschen in allen Erscheinungsformen, vom Solistischen über das Zusammenspiel in kleinen Ensembles bis zum sinfonischen Jugendorchester oder der Brass Band nicht nur quantitativ, sondern vor allem in der Qualität und Vielfalt ein Level, wie er vor 30, 40 oder 50 Jahren unvorstellbar war.

Musik unserer Zeit

Die Ansprüche und Anforderungen, die „Jugend musiziert“ an die Spielliteratur stellte, brachte eine Bereicherung des Repertoires vor allem in der zeitgenössischen Musik, mit der Folge, dass sich jeder Teilnehmer ebenso wie vorher sein Musiklehrer intensiv gerade auch mit der Musik unserer Zeit auseinander zu setzen hat. Umgekehrt haben viele Komponisten geeignete neue Werke geschaffen und auch Musikverlage reagierten entsprechend in ihrer Produktionspalette.

Innovation & Verschmelzung

In der DDR war der „Wettbewerb mit angemessenen Programmbedingungen von großem Nutzen“, waren die seit 1969 durchgeführten Zentralen Treffen der Instrumental- und Vokalsolisten als Leistungsnachweis, Leistungsvergleich und Bewährung der Musikschüler als „Produkt musikerzieherischer Tätigkeit... von erstrangiger Bedeutung“, ergänzt durch Kammermusiktreffen und Orchesterwettbewerbe der Musikschulen. Daneben hatte unter anderem der J.-S.-Bach-Wettbewerb für Schüler und Jugendliche in Leipzig, speziell für Schüler der Spezialschulen für Musik gedacht, ein noch anspruchvolleres Profil. Die Vereinigung der ostdeutschen Länder mit der Bundesrepublik brachte ein organisatorisches Zusammenführen dieser Wettbewerbe in zwei Schritten: 1991 waren die Preisträger der XI. Zentralen Treffen und des Leistungsvergleiches der Spezialmusikschulen beim 28. Bundeswettbewerb „Jugend musiziert“ in Kiel als gleichberechtigte Teilnehmer einbezogen.
Danach integrierten sich die fünf neuen Bundesländer voll in die Wettbewerbe „Jugend musiziert“, so dass der 29. Bundeswettbewerb 1992 in Erlangen, Fürth und Nürnberg als erster gesamtdeutscher Wettbewerb gefeiert wurde.

Noch entscheidender war aber, was sich an fachpädagogischen, musikalischen und organisatorischen Erfahrungen und Erkenntnissen aus den verschiedenen DDR-Wettbewerben im weiteren Konzept von „Jugend musiziert“ nach und nach niederschlug: so die Einführung der Vokalkategorien (erstmals 1993 in Cottbus), Modifizierungen im Bewertungs- und Auszeichnungssystem, Auseinandersetzung mit systembedingten Varianten von Ausbildungszielen, -praktiken und -ergebnissen oder das Kennenlernen eines erweiterten kompositorischen Schaffens als Bereicherung des Spielrepertoires.

Schließlich regte – fast zeitgleich – auch die 1995 von einem unabhängigen Forschungsteam vorgelegte Wirkungsanalyse für die „Jugend musiziert“-Jahre 1984-1993 immer wieder zur selbstkritischen Auseinandersetzung des gesamten Förderungsprojektes „Jugend musiziert“ an, das heißt Überprüfung und Infragestellung von Weg- und Zielvorgaben, Weiterentwicklung und Impulsgebung in Koordination mit sich verändernden jugendkulturellen und musikpolitischen Interessen, Bedürfnissen und Anforderungen als permanente Aufgabe.

Anschlussförderung

„Jugend musiziert“ ist längst nicht nur ein Wettbewerb. Das umfangreiche anschließende Programm von Ensemblearbeit, Beispielveranstaltungen, Konzerten und Tourneen mit Preisträgern und die Weiterentsendung zu internationalen Wettbewerben machen den Wettbewerb zum eigentlichen Ausgangspunkt für die Weiterförderung hoch talentierter junger Musiker. Sie erfahren hierdurch zugleich praktische Studien- und Berufsorientierung. Ein eigens entwickeltes Modellprojekt „Ohren auf“ sollte zusätzlich dazu dienen, dass gerade „Jugend musiziert“-Preisträger mit ihrem persönlichen Einsatz ein junges Publikum ansprechen und es musikalisch motivieren.

Internationale Plattform

„Jugend musiziert“ hat in der Aufbauphase viel von ähnlichen Jugend-Wettbewerben in anderen Ländern, der DDR und vor allem in Osteuropa gelernt, Erfahrungen gesammelt und ausgewertet. Aber auch umgekehrt. „Jugend musiziert“ war zum Modell für ähnliche Wettbewerbe geworden, zum Beispiel in Österreich und in der Schweiz. Als Gründungsmitglied der „Europäische Union der Musikwettbewerbe für die Jugend“ war „Jugend musiziert“ von Anfang an am Aufbau eines Netzwerkes für die Internationale Zusammenarbeit entscheidend beteiligt und profitierte davon. „Jugend musiziert“-Preisträger holten sich wiederholt Preise bei internationalen Wettbewerben, erhielten und erhalten Einladungen für internationale Präsentation im Ausland. Und auch für die Deutschen Schulen im Ausland ist inzwischen die Teilnahme an „Jugend musiziert“ zu einem belebenden Element geworden.

Ausbildung, Arbeitsmarkt

„Jugend musiziert“ und Musikausbildung stehen in ständiger Wechselwirkung: Nicht nur die Zahl der Musikschulen in Deutschland verzehnfachte sich zwischen 1960 und 2000. Vor allem deren Konzepte und Strukturen erweiterten sich in verschiedene Richtungen, zu immer früherem Beginn der Instrumentalausbildung, zu mehr Ensemblearbeit und zu zunehmender Leistungsorientierung. Rund die Hälfte aller Wettbewerbsteilnehmer kommt inzwischen aus der Unterrichtspraxis einer Musikschule. Auch die beruflichen Ausbildungsstätten haben sich auf einen stetig ansteigenden musikalischen Ausbildungs-Level eingestellt. Dies schon mit Rücksicht auf die zunehmende Konkurrenz im erweiterten Europa, in dem sich öffnenden Arbeitsmarkt, und das macht deutlich – was inzwischen zur Kehrseite aller Förderprojekte für musikalische Talentierte geworden ist –, dass man nur mit künstlerischer Höchstleistung die Chance haben wird, sich als Künstler oder Pädagoge durchzusetzen.

Diese Wechselbeziehungen sind genauso evident zwischen „Jugend musiziert“ und beruflichem und wirtschaftlichem Auskommen. Für alle Musikerzieher, ob an Musikschule, ob in Laienmusikverbänden oder in Privatmusiklehrerpraxis, entwickelte sich durch „Jugend musiziert“ ein erweitertes und anspruchsvolleres berufliches Aufgabenfeld, was zugleich auch das Sozialprestige des erfolgreichen und in mehrere Richtungen sich engagierenden Musikerziehers in ein neues Licht stellte. Die wirtschaftliche Belebung des musikberuflichen Sektors in diesen vier Jahrzehnten fand Entsprechungen in der gesamten Musikbranche, ob Verlage, Musikalienmarkt, ob Instrumentenhersteller und -händler. Sicher auch im gestiegenen Tantiemen-Aufkommen bei den Autorengesellschaften zu Gunsten der schöpferisch Tätigen. All dies macht deutlich, wie existenziell alle von einander abhängig, verklammert und auf einander angewiesen sind, ob Komponist, Interpret, Konzertbesucher, ob Musikpädagogik, Laien- oder Berufsmusik, die vielen kommerziellen Sparten der Medien und all derjenigen, die Musikware produzieren, vermarkten oder vertreiben. Dem Träger von „Jugend musiziert“ (und weiterer Förderprojekte des Musiklebens), dem Deutschen Musikrat als Dachgremium dieses breiten Netzwerkes oblag und obliegt die große Verantwortung, aber auch die reelle Chance, im Bewusstsein des Aufeinander-angewiesen-Seins zu agieren und seine Schlüsselposition auszufüllen.

Eckart Rohlfs

Der Text stammt aus dem Programmheft des Bundeswettbewerbs „Jugend musiziert“, der 2003 in Weimar, Erfurt und Jena stattfand. Der Autor, Eckart Rohlfs, war 1959 bis 1974 Generalsekretär der Musikalischen Jugend Deutschlands und im Auftrage des Deutschen Musikrats von 1963 bis 1996 Geschäftsführer und Projektleiter der Wettbewerbe „Jugend musiziert“, 1964 bis 1977 auch ehrenamtlicher Geschäftsführer des Deutschen Tonkünstlerverbandes, damals Verbandes Deutscher Musikerzieher und konzertierender Künstler (VDMK) genannt. Jetzt ist er Generalsekretär der Europäischen Union der Musikwettbewerbe für die Jugend (EMCY), gegründet 1970 in Brüssel von den drei nationalen Musikwettbewerben Belgiens, Frankreichs und der Bundesrepublik Deutschland.

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