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nmz-news
nmz 2003/7-8 | Seite 2
52. Jahrgang | Jul./Aug.
Personalia
Personalia
Die neue musikzeitung hat ihre interaktiven Tätigkeiten ausgeweitet. Mit dem Kulturinformationszentrum
stellen wir die engagierte Diskussion in das Zentrum der Aktivitäten im Netz. An dieser Stelle können
Fragen gestellt, Informationen verbreitet und die Arbeiten anderer kultureller Initiativen zur Darstellung gebracht
werden.
Immer in die Zukunft geblickt
Der Dirigent Claudio Abbado wurde siebzig Jahre alt
Claudio Abbado hat für die Luzerner Festspiele ein neues Orchester
gegründet: Am 14. August 2003 stellt sich im Luzerner Festspielhaus
das Lucerne Festival Orchestra vor, zusammengestellt aus Freunden
und Weggefährten bei den Berliner und Wiener Philharmonikern
sowie dem Mahler Chamber Orchestra. Das Letztere entstand aus dem
Gustav Mahler Jugendorchester, einer anderen Gründung des Dirigenten,
und dem Wiener Musikleben schenkte er einst, als er in Wien Musikdirektor
der Oper und der Stadt war, das Festival „Wien modern“,
das sich bis heute eines hohen internationalen Rufes erfreut –unser
Bild mit Abbado und Hans Werner Henze entstand bei einem „Wien
modern“-Festival, bei dem Henze als Composer-in-Residence
weilte. – Abbado hat sich von seiner schweren Erkrankung erstaunlich
gut erholt. Er wirkt schmal, fast zerbrechlich, doch von den alten
geistigen Energien ist unverändert viel spürbar. Als Abbado
die Mailänder Scala leitete, entwickelte er zusätzlich
zur Erneuerung des Repertoires das Konzept einer „Kultur für
alle“. Freund Luigi Nono war an seiner Seite, man musizierte
auf Plätzen und in Fabriken. Heute wirkt das historisch und
verklärt, doch die Zielrichtung gilt unverändert: Kultur,
Kunst, Musik sind kein Abstraktum, sondern bedürfen der Legitimation
durch Menschen, die Musik und Kunst als existenzielle Notwendigkeit
für das eigene Leben begreifen. In diesem Sinne hat Abbado
immer in die Zukunft geblickt, jungen Menschen und Musikern geholfen,
den Weg dorthin zu beschreiten. Dass sich Claudio Abbado aber auch
der Autonomie des großen Werkes verpflichtet fühlt, das
hat er in unzähligen Opernaufführungen und Konzerten bewiesen,
in Mailand, in Wien, bei den Berliner Philharmonikern, deren Chefdirigent
er viele Jahre war. Am 26. Juni 2003 feierte Claudio Abbado seinen
70. Geburtstag. gr
Der erschöpfte Maestro
Der Dirigent Christian Thielemann hat seinen Vertrag mit den Salzburger
Festspielen zurückgegeben. Dort sollte er am 12. August 2003
die Uraufführung von Hans Werner Henzes neuer Oper „L’Upupa“
sowie drei Folgevorstellungen leiten. Angeblich hätten die
Wiener „Tristan“-Anstrengungen den Dirigenten so mitgenommen,
dass ihm seine Ärzte dringend zu einer Ruhepause geraten haben
sollen. Aus Bayreuth wiederum, wo Thielemann in diesem Jahr den
„Tannhäuser“ dirigiert, ist zu hören, dass
dem erschöpften Künstler das Hin und Her zwischen den
beiden Festivals zu beschwerlich erscheint. Jeder inszeniert sich
am besten selbst als Klamotte. Die Henze-Premiere leitet jetzt Markus
Stenz, der schon zwei andere Henze-Opern aus der Taufe gehoben hat
(„Das verratene Meer“, „Venus und Adonis“).
Ihm jedenfalls dürfte es nicht an Kompetenz für die Aufgabe
fehlen. gr
Volker Kriegel
Der Gitarrist, Komponist, Zeichner, und Erzähler Volker Kriegel
starb am Sonntag, den 16. Juni, im Alter von 59 Jahren in Spanien.
Kriegel gilt als einer der Väter des deutschen Jazzrock. Neben
eigenen Projekten gründete er gemeinsam mit Wolfgang Dauner
das United Jazz & Rock Ensemble und schrieb damit Jazzgeschichte.
Zuletzt hatte er sich aus dem Musikgeschäft zurückgezogen
und arbeitete erfolgreich als Zeichner.
Louis Spohr Musikpreis an Ruzicka
Foto Ruzicka:
Charlotte Oswald
Dem Komponisten, Dirigenten und künstlerischen Leiter der
Salzburger Festspiele Peter Ruzicka wird im kommenden Jahr von der
Stadt Braunschweig der „Louis Spohr Musikpreis“ verliehen.
Die Übergabe des mit 10.000 Euro dotierten Preises wird am
14. März 2004 im Rahmen des siebenten Sinfoniekonzertes des
Staatsorchesters Braunschweig stattfinden. Die Entscheidung der
Jury begründet sich auf Ruzickas beim Sikorski Verlag Hamburg
verlegtes bedeutendes kompositorisches Schaffen und seine herausragenden
Vermittlungstätigkeiten für die Neue Musik. Knapp zehn
Jahre war die seinerzeit als Ludwig-Spohr-Preis benannte Auszeichnung,
die unter anderem Luigi Dallapiccola, Darius Milhaud, Olivier Messiaen
und Sofia Gubaidulina erhalten haben, nicht mehr verliehen worden.
Nun haben sich private Geldgeber, das Staatstheater und die Stadt
Braunschweig zusammengetan, um den nach dem großen Violinvirtuosen
und Komponisten benannten Preis wieder aufleben zu lassen. Fotos
Henze, Abbado und Ruzicka: Charlotte Oswald
Kritikerpreis für Goebbels
Foto: Timpe
Heiner Goebbels, Komponist und Musiktheaterregisseur, wird in diesem
Jahr mit dem „Kritikerpreis“ in der Sparte Musik ausgezeichnet.
Die Kritikerpreise in den Sparten Architektur, Bildende Kunst, Fernsehen,
Film, Literatur, Musik, Tanz und Theater werden vom „Verband
der deutschen Kritiker e.V.“ seit 1951 vergeben. Sie sollen
möglichst das noch Unentdeckte, zu wenig Gewürdigte oder
ein Lebenswerk auszeichnen. Bisher wurden Claudio Abbado (2002),
das Artemis-Quartett (2001) sowie die nmz mit dem Kritikerpreis
in der Sparte Musik ausgezeichnet.
Edison Classical Award
Der Holländische Musikpreis ging unter anderem an die Bratschistin
Kim Kashkashian für die CD „Voci“ mit Werken von
Luciano Berio, mit Robyn Schulkowky und dem Radio Symphonieorchester
Wien unter Dennis Russell Davies (ECM New Series). Zwei Werke von
Berio „Voci“ und „Naturale“ werden sizilianischen
Volksliedern gegenübergestellt.
Christoph Schlingensief und Bayreuth
Christoph Schlingensief wird im nächsten Jahr auf den Bayreuther
Festspielen den „Parsifal“ neu inszenieren. Es wird
seine erste Arbeit für das Musiktheater sein. Das Festspielbüro
bezeichnete den 42-Jährigen als einen der „profiliertesten
deutschen Regisseure“. Schon im August 2001 hatte Schlingensief
angekündigt, in Bayreuth inszenieren zu wollen. Mit „Penetranz“
werde er sein Ziel verfolgen, kündigte er damals an und fügte
hinzu: „Die Befreiung Wolfgang Wagners erfolgt durch die Befreiung
von Richard Wagner.“ Ein neues „Parsifal“-Team
für 2004 war am Grünen Hügel notwendig geworden,
nachdem der Vertrag mit Martin Kusej und Martin Zehetgruber aufgelöst
wurde. Der Regisseur bewahrt sich seinen Ruf als Provokateur: So
hatte er vor der Bundestagswahl 2002 eine eigene Wahlkampftour mit
dem Slogan „Tötet Möllemann“ geführt
und dies als Kunst gerechtfertigt.
Sigmar Gabriel wird Popbeauftragter der SPD
Ein Niedersachse, der für die Genossen rocken darf: Sigmar
Gabriel. Die Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD) hat nicht
nur eine Agenda 2010. In Sigmar Gabriel verfügt die 140-jährige
Partei nun auch über einen Beauftragten für Popkultur
und Popdiskurs. In diese Funktion wählte ihn das SPD-Präsidium
im Juni diesen Jahres. Der ehemalige Ministerpräsident von
Niedersachsen bringt auch ein wenig Erfahrung in Sachen Popkultur
mit: Bereits vor seiner Zeit als Regierungschef in Hannover hatte
Gabriel Konzerte organisiert. Im Wahlkampf zeigte sich der 43-Jährige
(ähnlich wie Kanzler Gerhard Schröder) immer wieder gerne
mit Musikstars wie Udo Lindenberg oder Peter Maffay. Das Wochenmagazin
„Der Spiegel“ berichtete, dass der SPD-Pop-Experte für
seine neue Aufgaben Schützenhilfe aus der SPD-Zentrale in Form
eines hauptamtlichen Mitarbeiters erhalten wird.