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nmz-archiv
nmz 2003/7-8 | Seite 26
52. Jahrgang | Jul./Aug.
Deutscher
Tonkünstler Verband
„...sprachlos“ – in jeder Hinsicht
Durch und durch gelungenes Projekt
Freitag, 16. Mai 2003, Abschlusskonzert des Projekts „...sprachlos!“
(siehe nmz 2/03, S. 29): Unzählige aufgeregte und freudige
Kinderstimmen von 23 Grundschulklassen der dritten und vierten Jahrgangsstufe
inmitten von Eltern, Lehrern und Berufsmusikern vor dem Kemptener
Stadttheater.
Das Projekt „...sprachlos!“ – fantastisch und
reibungslos organisiert von der Vorsitzenden des Tonkünstlerverbandes
Allgäu, Gisela Helm, in Zusammenarbeit mit dem Bayerischen
Staatsministerium für Unterricht und Kultus, den Schulämtern
der Stadt Kempten und dem Landkreis Oberallgäu – strebte
mit zwei schon längst restlos ausverkauften Kinderkonzerten
seinem Höhepunkt und glanzvollen Abschluss entgegen. Rasch
füllten die Kinder das Theater und schon nach wenigen Minuten
hingen selbstgemalte Transparente von der Galerie mit den Vornamen
einzelner Musiker des Münchner Rundfunkorchesters mit Aussagen
wie „Du bist Spitze“ und belegten damit visuell, dass
die beabsichtigte Überbrückung hin zum Orchestergraben
geglückt war. Die begleitende Fortbildung von 50 Lehrkräften
im März beim Bayerischen Rundfunk in München und die Anfang
Mai in den Schulen laufende Vorbereitungsphase für die Schüler/-innen
mit einer Reihe von 13 einstündigen Schulworkshops mit der
Geigerin Monique Mead, Christoph Renz (Querflöte), Nicole Bornheimer
(Klarinette) und Stefana Titeica (Violine), allesamt Mitglieder
des Münchner Rundfunkorchesters, und der damit finanzielle
und organisatorische Aufwand schienen sich gelohnt zu haben. Auch
die Sponsoren, das Bayerische Staatsministerium für Unterricht
und Kultus und private Geldgeber und Firmen, konnten zufrieden sein.
Auf der Bühne begann kurz darauf ebenso perfekt musikalisch
wie auch in altersgemäßer Ausrichtung das Kinderkonzert.
Monique Mead, ausgezeichnet und kreativ unterstützt von Simone
Schneider (Sopran), Alexandra Petersamer (Mezzosopran), Christiane
Hörr (Viola), Ulrich Gottlieb (Pantomime) und dem Münchner
Rundfunkorchester unter der Leitung von Alexander Joel, führte
und „geigte“ durch das Programm.
Ausgangspunkt zu diesem Projekt war einerseits die Überlegung,
dass die Musik eine Sprache ohne Worte ist und dass andererseits
Kinder in diesem Alter nur wenige intellektuellen Zugang zu klassischer
Musik haben, dieser Zugang aber wichtig ist, um in späteren
Jahren genügend, bereits in der Kindheit positiv einkulturierte
Zuhörer zu haben, die dann die Konzertsäle einigermaßen
füllen und damit einen wichtigen Teil unseres Kulturbetriebes
aus eigenem Interesse aufrecht erhalten. Und dies kann man nicht
nur mit Programmmusik, deren Aussage auf Grund der außermusikalischen
Bindung bezüglich des Dargestellten sich dem Hörer leichter
erschließt als „abstrakte“ klassische Musik, sondern
auch dadurch, dass man versucht, in allen anderen Musikstücken
Bildliches in Form einer Geschichte oder einfach nur das in allen
Musikkulturen enthaltene „Call and Response“-Prinzip
in Form eines Gesprächs zu finden.
In diesem Sinne interpretierte der Pantomime in einer atemberaubenden
Verfolgungsszene Griegs „In der Halle des Bergkönigs“,
wurden von allen Anwesenden die Wellenbewegungen zu Beginn der Symphonie
e-Moll (erster Satz) von Brahms körperlich umgesetzt, Charles
Ives „The Unanswered Question“ in Verbindung mit einer
Science Fiction-Geschichte mit geschlossenen Augen verfolgt oder
auch nach einer rhythmischen Übung des Publikums das Frage-Antwort-Spiel
in Mozarts „Sinfonia concertante“ (3.Satz) auf der Bühne
dargestellt. Auf Grund der schauspielerisch sehr gekonnten Darstellung
fanden Rossinis „Katzenduett“ und Andersons „The
Typewriter“ großen Anklang. Schwieriger war es für
die Kinder, den verschiedenen Variationen von „’s kommt
ein Vogerl geflogen“ (Siegfried Ochs) im Stile von Haydn,
Strauß, Wagner, Brahms und als Militärmarsch zu folgen.
Höhepunkt des Konzerts war jedoch unumstritten der Song „My
Heart will go on“ aus der Filmmusik zu „Titanic“,
bei der das Orchester Unterstützung durch alle Schüler
erfuhr: Auf der Bühne geigten in einzelnen Gruppen Schüler
der Musikschule, im Saal kamen Instrumentalgruppen, verstärkt
durch den jeweiligen Musiker des Orchesters hinzu, und alle anderen
sangen mit hinreißender Begeisterung.
Fazit: Ein durch und durch gelungenes Projekt, welches nach letzten
Aussagen nicht nur positive Auswirkungen auf die beteiligten Kinder,
sondern auch sehr positive und nachdenkliche Reaktionen bei den
Ausführenden auslöste. Nachahmenswert – europaweit!