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nmz-news
nmz 2003/09 | Seite 2
52. Jahrgang | September
Personalia
Personalia
Die neue musikzeitung hat ihre interaktiven Tätigkeiten ausgeweitet. Mit dem Kulturinformationszentrum
stellen wir die engagierte Diskussion in das Zentrum der Aktivitäten im Netz. An dieser Stelle können
Fragen gestellt, Informationen verbreitet und die Arbeiten anderer kultureller Initiativen zur Darstellung gebracht
werden.
Immer in vorderster Linie dabei
Lore Auerbach zum siebzigsten Geburtstag
Lore
Auerbach
Am Anfang stand die Gründung und Leitung der Hildesheimer Musikschule,
am Ende die Vizepräsidentschaft beim Deutschen Musikrat – wer Lore
Auerbach persönlich kennt, wird diese Entwicklung ganz natürlich
finden! Ihre musikalische Fachkenntnis und ihre aufopferungsvolle Bereitschaft
zum kulturpolitischen Engagement sind Grundlage ihrer erfolgreichen Arbeit.
So nimmt sie Einfluss und hat ihn auch dank ihrer fachlichen und menschlichen
Qualität und Autorität. Als Autorin hat sie Stellung genommen zur
musikalischen Früherziehung ebenso wie zur akustischen Umweltverschmutzung.
Als Abgeordnete der SPD im Niedersächsischen Landtag und auf kommunaler
Ebene in Hildesheim hat sie viele Jahre Kulturpolitik mitgestaltet. Und die
Liste der Ehrenämter ist bis heute nicht enden wollend. Vor allem die
deutsche Chorlandschaft hat ihr zu danken: Schon als ganz junge Dirigieranfängerin
hat sie den Sängern eines gestandenen Dorf-Männerchores gezeigt,
dass sie’s kann; viel später sprang sie selbstverständlich
als Leiterin der Jury der Männerchor-Kategorie beim Deutschen Chorwettbewerb
ein – der Versuch des entsetzten Vetos einiger Herren („Was versteht
eine Frau von Männerchor?“) entlockte ihr ein herzhaftes Lachen
und die Männer waren hinterher schlauer. Schließlich wählte
die deutsche Chorszene Lore Auerbach für neun Jahre zur Präsidentin
der Arbeitsgemeinschaft Deutscher Chorverbände. Ihr besonderes Augenmerk
und ihre besondere Liebe gehören aber der Jugend: Jahrzehntelang ist
sie schon aktiv im Arbeitskreis Musik in der Jugend (AMJ), für zwölf
Jahre war sie seine Vorsitzende. Ohne die Impulse, die sie hier gab und gibt,
ohne die Zielvorstellungen, die sie mitformuliert hat und bis heute mit vorantreibt,
ginge es der Kinder- und Jugendchorszene in Deutschland heute schlechter.
Sei es, dass mit der Europäischen Föderation Junger Chöre (Europa
Cantat) die internationale Vernetzung begonnen hatte, sei es, dass mit den
Projekten „Komponist/-innen schreiben für Kinder- und Jugendchöre“
und „Tage der neuen Chormusik“ eine Wiederbelebung des Interesses
für zeitgenössische Chor(!)musik vorangebracht wird, sei es, dass
seit 1990 dafür gesorgt wird, dass die unbestritten vorhandenen sehr
guten Seiten der speziellen Entwicklungen in Ostdeutschland nicht vom Westen
her erdrückt werden – Lore Auerbach ist immer in vorderster Linie
mit dabei. Und so mischen sich in die Glückwünsche zum Geburtstag
sehr viel Anerkennung und vor allem auch Dank. Und zwar sehr freundschaftlicher
Dank an eine Persönlichkeit, die bei aller engagierten Arbeit immer auch
ansprechbar bleibt für noch so kleine ganz menschliche Probleme.
Da ist Lore Auerbach vom alten Schrot und Korn – und könnte doch
ganz modernes Vorbild für so manchen unserer heutigen Kulturmanager sein.
pa/st
Weikersheimer Stadtkomponistin
Seit 1. August ist Charlotte Seither als „composer in residence“
– und tatsächlich wohnhaft in einem Schlossgebäude der ehemaligen
hohenlohischen Residenz – Gast der Stadt Weikersheim und der Jeunesses
Musicales Deutschland (JMD). Die Wahl des 1. Weikersheimer Stadtkomponisten
fiel auf die 38-Jährige, die sich bereits durch zahlreiche Kompositionsaufträge
und renommierte Stipendien einen Namen gemacht hat. Neben ihrem kompositorischen
Schaffen wird Charlotte Seither nach den Statuten des Weikersheimer Stadtkomponisten
eng mit der JMD zusammenarbeiten und durch Projekte mit den Bildungsträgern
vor Ort Offenheit für den Umgang mit Neuer Musik und für musikalische
Kreativität wecken. Das Projektstipendium ist auf sechs Monate bemessen
und wird von der Landesstiftung Baden-Württemberg gefördert.
Joachim Bühler verstorben
Nach schwerer Krankheit ist der Dirigent und ehemalige Goethe-Institutsdirektor
Joachim Bühler 72-jährig in München verstorben. Für Walter
Scheel war Bühler der Idealfall eines musikalischen Botschafters im Ausland.
Dialog und Toleranz, die vermittelnde Funktion der Musik, eine Vision der
west-östlichen Verständigung und die Suche nach gemeinsamen Wurzeln
waren Anliegen und Herausforderungen seines weltumspannenden künstlerischen
und beruflichen Wirkens. Nach der Ausbildung zum Dirigenten an der Detmolder
Musikhochschule und nach Assistenzjahren bei Ferdinand Leitner in Stuttgart
prägte der junge Bühler in den 50er-Jahren das internationale Ansehen
des berühmten Salemer Internats. Als reisender Repräsentant des
Goethe-Instituts baute er anschließend in aller Welt so genanntes klassisches
Musikleben auf, nicht nur in den Entwicklungsländern Asiens und Afrikas
setzte er eine bis heute fortlebende Chor- und Orchesterarbeit in Gang. Auch
die Begegnung mit den jeweilig einheimischen Musiktraditionen prägte
ihn, die ersten East/West Music-Encouters und eine weltweit präsentierte
Ausstellung zur neuesten deutschen Nachkriegsmusik sind sein Verdienst. Ab
1982 war Bühler als Institutsleiter in Seoul, Südkorea, in enger
Verbindung zum führenden koreanischen Komponisten Sukhi Kang, Mitveranstalter
des Panmusic-Festivals, hatte „nebenberuflich“ als gesuchter Dirigierlehrer
regen Anteil am Konzertleben und verfasste zusammen mit seiner dritten Frau
Kjongsund Cho die koreanischen Kapitel in „Musik in Geschichte und Gegenwart“
(MGG, Bärenreiter Verlag). An seiner letzten Wirkungsstätte im englischen
Glasgow brachte er Anfang der 90er John Cage und Wolfgang Rihm an einen Tisch
und regte einen weit beachteten Tonalitätsdiskurs an.
Musikwissenschaftler Hans-Peter Reinecke
Hans-Peter Reinecke ist am 25. Juli 2003 im Alter von 77 Jahren verstorben.
Der in Ostpreußen geborene Reinecke lehrte von 1972 bis 1994 an der
Hochschule für Musik und Theater in Hamburg. Von 1980 bis 1989 lehrte
er das Fach Medienpsychologie im Rahmen der Kompaktkurse Musik. Zu seinen
Verdiensten zählte zwischen 1979 und 1984 die Leitung des Staatlichen
Instituts für Musikforschung der Stiftung Preußischer Kulturbesitz.
In der Wendezeit engagierte er sich mit der Beratung des Runden Tisches der
DDR sowie mit der Organisation der ersten Potsdamer Konferenz über kulturpolitische
Probleme. Seit 1994 leitete er das Musikwissenschaftliche Institut und das
Institut für Musikpädagogik der Uni Halle-Wittenberg.
Dirk Hewig in Ruhestand
Der Musikförderer und Referatsleiter für Musik im bayerischen Ministerium
für Wissenschaft, Forschung und Kunst, Dirk Hewig, geht nach 21 Jahren
in den verdienten Ruhestand. Der gebürtige Westfale promovierte in München
über Rechtsgeschichte, seine beruflichen Hauptaufgaben waren die Betreuung
der Musikhochschulen, Konservatorien und Berufsfachschulen für Musik.
Auch für nichtstaatliche Orchester und Festivals war Hewig zuständig:
Mit einem raffinierten Finanzkonzept hat er während seiner Amtszeit die
Bamberger Sinfoniker gerettet. Zu seinen weiteren größeren Erfolgen
zählen die Einrichtung des Orff-Zentrums in München, der Bayerischen
Theaterakademie August Everding und die Rettung des Richard-Strauss-Instituts
in Garmisch nach dem Desaster in München. Besonders lag ihm aber die
Förderung des Nachwuchses am Herzen. Als Präsident des Bayerischen
Tonkünstlerverbandes bleibt er der Musikwelt erhalten.
Seele der musica viva: Elisabeth Hartmann Anfang des Jahres konnte sie noch ihren 90. Geburtstag feiern: Elisabeth
Hartmann, die Lebensgefährtin des Komponisten Karl Amadeus Hartmann,
die nach seinem Tod, die von ihm gegründete Konzertreihe „musica
viva“ des Bayerischen Rundfunks – eine der bedeutenden europäischen
Veranstaltungsreihen zeitgenössischer Musik – auf den Weg ins 21.
Jahrhundert begleitete. Bei fast jedem Konzert war sie bis vor kurzem anwesend.
Aber auch außerhalb des Konzertsaals war sie immer mehr als eine „Nachlassverwalterin“
des großen Mannes. Im Hause Hartmann trafen sich Künstler, Politker
und Wissenschaftler jeder Couleur, der Dialog über die zunehmende Vielfalt
der zeitgenössischen Musik sollte nicht abreißen.