nmz 2003/09 | Seite 24
52. Jahrgang | September
Verband Bayerischer
Sing- und Musikschulen
Auf ein Wort
Aus dem Festakt zum 26. Bayerischen Musikschultag in Starnberg
Musikschulen als „Pflichtaufgabe“ begreifen
VBSM-Präsident Landrat Hanns Dorfner
Der VBSM-Präsident und Passauer Landrat Hanns Dorfner unterstrich in
seiner Begrüßungsrede die erfreuliche Entwicklung der gemeinsamen
„Berührungspunkte“ von Musikschulinteressen und Zielsetzungen
des Kultusminsteriums. Vor dem Hintergrund der krisenhaften kommunalen Finanzsituation
warnte er davor, die Einrichtung Musikschule in weniger guten finanziellen
Zeiten „auf die Seite zu stellen“. Die Finanzmisere der Kommunen
stelle „ein Riesenproblem“ dar, dennoch betrachte er Musikschulen
als „Pflichtaufgabe“, der die Kommunen auch weiterhin nachkommen
müssten.
Stärkere Vernetzung von Musikschulen und allgemein bildenden Schulen
MdL Monika Hohlmeier, Staatsministerin für Unterricht und Kultus „Musikschulen
sind Träger eines tief empfundenen bayerischen Kulturverständnisses“,
sagte Kultusministerin Monika Hohlmeier in ihrer Festrede. Sie forderte, die
präventive Kraft in der Musik bewusster zu nutzen. Musik diene nicht
nur der kulturellen Vermittlung, sondern auch einer größeren Vielfalt
des Denkens und Handelns. Die Staatsministerin widersprach dem allgemeinen
Trend, in der Bildung nur die sogenannten „harten“ Fächer
wie Mathematik und Fremdsprachen gelten zu lassen. In vielen Untersuchungen
sei zu beobachten, dass in Schulen mit Schwerpunkt auf den ästhetischen
Fächern wie Musik und Kunst die Fähigkeit zur Konzentration und
zum Erlernen fachfremder Inhalte wesentlich ausgeprägter ist als in anderen
Bildungseinrichtungen. Mit Blick auf die gegenwärtige Bildungsdebatte
forderte Hohlmeier, die Diskussion aufzugeben, Musik nur als schönes
Nebenfach zu verstehen. Zum nächsten Schuljahr sollen in Zusammenarbeit
mit den Musikschulen neue Formen des Musikunterrichts greifen. „Musikunterricht
kann nicht einfach ,abgearbeitet’ werden“, so Hohlmeier, „es
kommt vielmehr darauf an, wie musikalische Bildung vermittelt wird.“
Wichtig sei das praktische Ausüben von Musik, nur so könne Musik
erfahren und Musikunterricht attraktiver werden. Hierbei würden auch
„unkonventionelle“ Formen der Zusammenarbeit zwischen allgemein
bildenden Schulen und Musikschulen helfen. Das Hofer Beispiel – eine
Zusammenarbeit zwischen der Musikschule der Hofer Symphoniker und einer Grund-
und Hauptschule in einem sozialen Brennpunkt – mache deutlich, wie effektiv
Kindern und Jugendlichen Musikalität vermittelt werden kann, wenn die
Akteure ihre Interessen und Aufgaben nicht an Kompetenzen ausrichten, sondern
sie so vernetzen, dass am Ende ein stimmiges Konzept steht.
Eltern sollten laut Hohlmeier auch Pflichtschulen mit musikalischem Profil
wählen können: „Es wäre wünschenwert, dass wir sowohl
Schulen mit eigenem musikalischem Schwerpunkt als auch kooperativ arbeitende
Schulen haben.“ Die Kultusministerin will deshalb Kooperationen von
Musikschule und allgemein bildender Schule, die bereits in vielen Formen bestehen,
weiter fördern: „Wir wollen die Vernetzung noch stärker herbeiführen
und sie systematisch ausbauen“, erklärte Hohlmeier. Schließlich
müssten sich beide Institutionen darüber im klaren sein, dass sie
mit den selben Kindern arbeiten. Den Ausbau der Ganztagsbetreuung dürften
die Musikschulen nicht als Konkurrenz sehen, sondern als Chance, sehr viele
Kinder und Jugendliche mit ihrer Arbeit zu erreichen. Die Staatsministerin
kündigte an, bei der Nachmittagsbetreuung in Schulen eng mit den Musikschulen
zusammenzuarbeiten. „Wir haben festgelegt, dass wir bei der Finanzierung
der Ganztagsangebote die Musikschullehrer anerkennen und mitfinanzieren“,
erklärte Hohlmeier. Es sei eine Selbstverständlichkeit, dass in
jedem Ganztagsangebot in irgendeiner Form die Musikschule mit eingebunden
ist, weil nicht zuletzt im nachmittäglichen Bereich neben der sinnvollen
Freizeitgestaltung vor allem Präventivarbeit geleistet wird. Manche Kinder
könnten durch hier verstärktes Engagement noch besser aufgefangen
werden.
„In Zeiten knapper Kassen und konfuser Aufgabenstellung sollten wir
uns darauf besinnen“, appellierte die Staatsministerin, „gemeinsam
kreativ und leistungsorientiert vorwärts zu arbeiten, um die für
den Kulturstaat Bayern lebensnotwendigen Bereiche – und dazu zähle
ich die Musikschulen – aufrecht zu erhalten.“ Wichtigstes Ziel
sei es, dass Kinder mehr musizieren und weniger Musik konsumieren. „Sie
sollten zumindest die Qualität der Musik einschätzen können
– und sich nicht alles gefallen lassen, was auf dem Musikmarkt geboten
wird“, fügte Hohlmeier hinzu.
Heribert Thallmair, Erster Bürgermeister a. D. und Ehrenbürger
der Stadt Starnberg, Ehrenpräsident des Bayerischen Gemeindetags
In seiner Dankesrede für die Ehrung mit der Carl-Orff-Medaille forderte
Heribert Thallmair, in das Recht auf Bildung auch die musikalische Bildung
mit einzubeziehen. „Bayern mit seinen Gemeinden und Städten wäre
ohne die öffentlichen Einrichtungen der Sing- und Musikschulen um vieles
ärmer.“ Es müsse eine der ersten Aufgaben des Staates sein,
lebendiges Musizieren zu fördern. „Gerade in Zeiten des gesellschaftlichen
Wandels, müssen Sing- und Musikschulen für Kinder und Jugendliche
da sein“, bekräftigte Thallmair.