[an error occurred while processing this directive]
nmz-archiv
nmz 2003/10 | Seite 30
52. Jahrgang | Oktober
Arbeitskreis
Musik in der Jugend
Fantasien im Zirkuszelt musikalisch umgesetzt
11. EUROTREFF des Arbeitskreises Musik in der Jugend in Wolfenbüttel
Fünf junge Sängerinnen und Sänger aus dem Gothaer
Kinderchor waren extra zum 11. EUROTREFF nach Wolfenbüttel
angereist, um auch in diesem Jahr bei dem europäischen Musikfestival
des AMJ mitzusingen, obwohl ihr Chor nicht teilnehmen konnte.
Der EUROTREFF wird von Jahr zu Jahr beliebter. In diesem Jahr nahmen
an dem Chorfestival mit seinem einzigartigen Charakter 24 Chöre
und Musikgruppen mit 1.000 Kindern und Jugendlichen aus 13 europäischen
Ländern teil. Sie gaben nicht nur in den Kirchen, Schulen und
Altenheimen, sondern auch in der Fußgängerzone oder am
Hauptveranstaltungsort, einem Zirkuszelt, Konzerte. Sie studierten
zudem in acht Workshops neue Stücke ein, die erstmals in einem
gemeinsamen Konzert am Samstag aufgeführt wurden. Und nicht
zuletzt feierten die jugendlichen Sängerinnen und Sänger
ausgiebig untereinander und mit ihren Wolfenbütteler Gastgebern.
Für den neuen AMJ-Generalsekretär Martin Koch war der
11. EUROTREFF sein erster. „Ich hatte das Ziel, einen guten
EUROTREFF zu machen, und ich glaube, das ist gelungen“, zog
er eine positive Bilanz des 11. EUROTREFFs. Unterstützt wurden
Koch und sein Team anfangs noch vom ehemaligen Generalsekretär
Rolf Pasdzierny, der beim 11. EUROTREFF aufmerksamer Zuhörer
und Genießer der Konzerte war. „Wo kommen wir hin, wenn
wir eines Tages keine Kinder mehr haben wie die vom Schaumburger
Jugendchor, die so herrlich ‘What a wonderful world’
singen können?“, lautete sein Fazit und er gab auch gleich
selbst die Antwort: „Wir würden keine ‘wonderful
world’ mehr haben.“
Wie facetten- und abwechslungsreich europäische Chormusik
sein kann, das erfuhren die Wolfenbütteler und ihre Gäste
fünf Tage lang. „Der EUROTREFF in Wolfenbüttel schafft
ein musikalisches Miteinander, das die Menschen aus unterschiedlichen
Ländern und Regionen, Einheimische und Gäste einander
näher bringt“, nannte der AMJ-Vorsitzende Helmut Steger
einen der Hauptgründe, warum dieses Festival so beliebt ist.
Und dieses Miteinander wird vor allem in den gemeinsamen Workshops
praktiziert. Sie sind sozusagen das Herz des EUROTREFFS. Und dass
dieses Herz so erfolgreich und kräftig schlug, ist vor allem
den Workshopleitern Anne Marie Cabut, Elisenda Carrasco i Ribot,
Margret Bóasdóttir, Zsuzsanna Mindszenty, Vivianne
Johnsen, Anne Kohler, Hans Joachim Lustig und Martin Ramroth zu
verdanken.
Beim großen Workshopkonzert stellten dann die Chöre
eindrucksvoll unter Beweis, was sie in den Workshops gelernt hatten.
So bunt und lustig wie der Umschlag des Programmheftes gestalteten
schon die Mitglieder des ersten Workshops, ein slowakischer und
ein deutscher Kinderchor unter der Leitung von Anne-Marie Cabut
ihren Auftritt: Aus allen Seitengängen zog ein „Fliegender
Zirkus“ tanzend und radschlagend in die Manege. Clowns mit
roten Nasen traten auf, Tierbändiger führten „dressierte
Hunde“ vor. Dem heiteren Auftakt folgten die Workshop-Teilnehmer
aus Lettland, Tschechien und Wolfenbüttel unter Leitung von
Zsuzsánna Mindszenty. Auch hier EUROTREFF-Tradition: Chormitglieder
aus drei Nationen und mit unterschiedlicher Muttersprache singen
in einer vierten, in diesem Falle auf Ungarisch. Ein lustiges deutsches
Lied erklang dazwischen und am Ende – spontan aus den Reihen
der Sänger ein mehrstimmiges „Bravo, bravissimo“
als Dank an die Chorleiterin. Bewegung und Rhythmus brachte die
dritte Darbietung, Kinderchöre aus Finnland und Ungarn unter
Leitung der spanischen Chorleiterin Elisenda Carrasco i Ribot. Eines
der Lieder drückte punktgenau die Stimmung des Chores aus:
„We are children of the sun, full of energy and fun“.
Ein eindrucksvolles Bild boten auch die Knabenchöre aus Bulgarien,
Litauen und Uetersen unter Leitung von Hans-Joachim Lustig, der
drei „Tierlieder“ ankündigte. Brav und traditionell
begann der Vortrag, ehe der Chor so richtig aufdrehte: Da wurde
gesummt, gezischt und gebellt, die Katze miaute und der Kuckuck
rief und die Stimmen teilten sich in vielfältigen Sprechgesang.
Die Begegnung mit fremden Völkern und Kulturen setzt sich
zunehmend auch in der Chormusik durch. Beispiele dafür fanden
sich in den Beiträgen der beiden nächsten Workshops: Martin
Ramroth gestaltete mit seinem gemischten Chor mit Mitgliedern aus
Bulgarien, Polen und Schaumburg und der Freien Waldorfschule Wolfsburg
ein Programm, das ebenfalls auf Geräusche und Klänge aus
der Natur zurückging und mit den durchgebildeten Stimmen die
reizvoll kontrastierenden Melodien aus Afrika und Lappland eindrucksvoll
interpretierte. Ein gemeinsamer Mädchenchor aus Slowenien und
Deutschland unter Leitung von Margret Bóasdóttir aus
Island interpretierte Lobgesänge auf die Schöpfung aus
verschiedenen Quellen, ließ einzelne Gruppen im Rund des Zuschauerraums
auftreten und setzte Klavierbegleitung und Trommel wirkungsvoll
ein. Auch Jazz ist im Konzert der Chöre nicht mehr wegzudenken:
Litauen, Schweden und Deutschland waren im Workshop von Anne Kohler
vertreten, die temperamentvoll ihre große Schar führte,
anfeuerte oder zurückhielt in zwei Spirituals und einem afrikanischen
Hochzeitstanz, der den Staub in der Manege fröhlich aufwirbeln
ließ. Rot und weiß gekleidet trat zum Schluss ein gemischter
Chor aus Belgien, Polen und Deutschland auf, in dem die skandinavische
Musik dominierte und mit der Atmosphäre von Weite und Wäldern
die ganze Spanne der Darbietungen abrundete. Beifall fast ohne Ende
belohnte alle Mitwirkenden und für die Workshopleiter gab es
Blumen als sichtbares Zeichen der Anerkennung.
„Wir haben gute Musik erlebt und in den Workshops wurde eine
fantastische Arbeit erledigt. Den meisten Jugendlichen war die Freude
an der Musik regelrecht im Gesicht abzulesen. Diese Begeisterung
für die Musik nehmen wir vom AMJ als Motivation für unsere
Arbeit in den nächsten Jahren“, lautete das Fazit des
AMJ-Generalsekretärs, der im Schlusskonzert auch seine Fähigkeiten
als Tenor beim vom AMJ-Bundesvorsitzenden Helmut Steger geleiteten
offenen Singen aller Teilnehmer unter Beweis stellen konnte.