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nmz-archiv
nmz 2003/10 | Seite 4
52. Jahrgang | Oktober
Cluster
Figaro,
übernehmen Sie
Ab Januar 2004 schaltet der Mitteldeutsche Rundfunk seine Kulturwelle
mdr Kultur ab und schaltet an dessen Stelle „mdr Figaro”
auf. Kultur scheint in Mitteldeutschland wohl einfach ein seltenes
Gut zu sein. Die Begründung für den Neustart liefert die
Hörfunkchefin Barbara Mohlsen nach: „Der Begriff Kultur
ist sehr tradiert besetzt und schafft eher eine Zugangsbarriere.”
Der Begriff der Kultur wirke elitär und schrecke ab. Das sei
das Ergebnis einer Imagestudie, das eigentlich niemanden verwundern
kann. Kultur macht schließlich nicht nur Spaß sondern
macht natürlich auch Arbeit – das ist nun einmal Kennzeichen
von „Kultur” (für die Abgeschreckten zwischen 30
und 50: die Sprachwurzel ist lateinisch und bedeutet „Landwirtschaft,
Feldbestellung, bebautes Land”). Und, Hand auf’s Herz
– Blut ins Hirn, Arbeit ist schon immer eine natürliche
Zugangsbarierre gewesen. Die Hörfunkchefin zieht eigentlich
nur die logische Konsequenz, dass man dem Anspruch von Kultur im
Radio bisher sowieso nicht genügte und nun den Namen dem Inhalt
anpasst: „mdr Figaro, die Fönwelle – Wir stellen
ihre Ohren auf Durchzug”. Mal ehrlich: „mdr” und
„Kultur”, das war schon von Beginn an eine ziemliche
Amtsanmaßung.
Postscriptum: Das mdr-Beispiel macht Schule: Aus sicherer
Quelle weiß die Redaktion der nmz, dass sich auch die Zeitung
des deutschen Kulturrates demnächst umbenennen wird: von „politik
& kultur” in „party@bolero”.