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nmz-archiv
nmz 2003/10 | Seite 4
52. Jahrgang | Oktober
Cluster
Moderne light
„Keine Musik ist uns so nah wie Musik unserer Zeit. Moderne
Klassiker sind Klassiker des 20. Jahrhunderts. Die Musik ist erst
wenige Jahrzehnte alt und Schock und Erstaunen, die sie auslöste,
gerade erst überwunden.” Das saß. Dabei hatten
die Digipacks so vertrauensbildend ausgesehen, in ihrem behaglichen
50er-Jahre-Retro-Design. Doch dann dieser Text auf der Rückseite:
tief ins Musikphilosophische eintauchend die ersten beiden Sätze,
den Tatsachen brutal ins Auge blickend der dritte. Hat bei Universal
Classics der Wind wieder mal gedreht? Sitzen die Verantwortlichen
für die CD-Serie „Moderne Klassiker” (Deutsche
Grammophon) in Darmstadt oder Donaueschingen, von wo aus sie die
Vermarktungschancen für Neue Musik im Rahmen der Firmenphilosophie
des Klassik-light austesten dürfen? Aufatmen dann beim Blick
auf die Werkauswahl der neun, jeweils einem Instrument gewidmeten
CDs: viermal Poulenc, je dreimal Schostakowitsch und Strauss, je
zweimal Saint-Saëns, Prokofieff, Debussy, Ravel und Vaughan
Williams, die Grenze 1945 wird bei nur sieben der knapp 45 Werke
überschritten. Das ist auch gut so, liegen uns die Strauss‘schen
Hornkonzerte, Bruckners e-Moll-Messe oder das Harfen-Konzertstück
von Saint-Saëns doch immer noch so schwer im Magen, als seien
die Uraufführungen erst gestern gewesen. Und so stimmen wir
erleichtert in das Motto der DG-Experten ein: „Modernität
kennt kein Alter.” Wir sind noch einmal davongekommen.