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nmz 2003/10 | Seite 15
52. Jahrgang | Oktober
Deutscher Kulturrat

Happy Birthday Deutsche Welle und mehr

Kulturpolitik im Deutschen Bundestag · Von Gabriele Schulz

Kurz vor Beginn der parlamentarischen Sommerpause in den letzten beiden Sitzungswochen fanden mehrere kulturpolitische Debatten im Deutschen Bundestag statt.

Mit einem herzlichen Glückwunsch an das Geburtstagskind begannen alle Redner in der Bundestagsdebatte am 26. Juni 2003 ihre Rede. Am Tag darauf feierte die Deutsche Welle in den neubezogenen Räumen in Bonn – dem ehemals als Abgeordnetenbüro geplanten Schürmann-Bau – ihr 50-jähriges Bestehen.

Ort der Debatten: der Bundestag im Reichstagsgebäude. Foto: Bundespresseamt

Einig waren sich die Parlamentarier darin, dass die Deutsche Welle wichtige Aufgaben in der Informationsvermittlung gerade in Krisengebieten und in Regionen ohne Pressefreiheit übernimmt. Einigkeit herrschte ebenfalls in der Auffassung, dass das Deutsche Welle-Gesetz einer Novellierung bedarf. Beschworen wurde auch die Tradition des parteiübergreifenden Konsenses, wenn es um Fragen der Deutschen Welle in der Vergangenheit ging. Gleichwohl waren Unterschiede in den politischen Vorstellungen zur künftigen Ausrichtung der Deutschen Welle zu erkennen.

Die Vorsitzende des Ausschusses für Kultur und Medien, Monika Griefahn, MdB (SPD), ordnete die Deutsche Welle in die Konzeption 2000 der Auswärtigen Kultur- und Bildungspolitik ein. Die Deutsche Welle ist nach ihrer Auffassung mit allen drei Standbeinen, Hörfunk, Fernsehen und Internet, das ideale Medium für den Dialog Deutschlands mit dem Ausland. Dieser Dialog sollte aber keine Einbahnstraße im Sinne des Exports deutscher Kultur, sondern eine Zweibahnstraße als Forum des Dialogs in und über Deutschland sein. Meinungen über Deutschland aus dem Ausland sollten in der Deutschen Welle künftig ebenso ihren Platz finden, wie die Berichterstattung über das kulturelle Leben in Deutschland und die Sendung von Kunst. Die globale Präsenz der Deutschen Welle sollte im neuen Deutsche Welle-Gesetz ebenso verankert werden wie der Auftrag der Krisenprävention.

Das Parlament soll stärker als bisher an der Aufgabenplanung der Deutschen Welle beteiligt werden und damit den Auftrag zur politischen Justierung des deutschen Auslandssenders wahrnehmen. Bernd Neumann, MdB (CDU/CSU), als erfahrener Fahrensmann in der Medienpolitik mahnte das bereits seit der Koalitionsvereinbarung von 1998 versprochene neue Deutsche Welle-Gesetz an. Auch er ordnet die Deutsche Welle in den Kontext der auswärtigen Kulturpolitik ein. Vornehmliche Aufgabe der Deutschen Welle sollte, laut Neumann, die Vermittlung eines umfassenden Bildes über Deutschland sein.

Der Dialog der Kulturen kann demnach nicht prioritäre Aufgabe der Deutschen Welle sein. Mit Nachdruck wird von ihm die Staatsunabhängigkeit der Deutschen Welle hervorgehoben. Im Rahmen des gesetzgeberischen Prozesses hat das Parlament die Gelegenheit den Programmauftrag festzulegen. Die Ausfüllung dieses Programmauftrags muss aber der Deutschen Welle obliegen. Politische Einflussnahme auf das Programm wird von ihm scharf zurückgewiesen.

Neumann regt an, dass ähnlich den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten der Etat der Deutschen Welle künftig von einer unabhängigen Kommission ermittelt werden sollte. Sie sollte dem Parlament vor dem Hintergrund des fixierten Programmauftrags Vorschläge zur Höhe der Zuweisungen unterbreiten und der Deutschen Welle eine mittelfristige Finanz- und Planungssicherheit ermöglichen.

Auch Dr. Antje Vollmer, MdB (Bündnis 90/Die Grünen) stellt die Frage, in welche Richtung sich die Deutsche Welle künftig entwickeln soll. Ihres Erachtens sollte eine Beschränkung auf relativ wenige Grundaufgaben und eine Schwerpunktsetzung auf bestimmte Regionen mit einem Interesse an Deutschland und deutscher Kultur erfolgen. Demzufolge misst Vollmer der Vermittlung der deutschen Sprache durch die Deutsche Welle und mithin der Sendung der Programme in deutscher Sprache eine zentrale Rolle zu. Eine deutliche Sprache schlug Dr. Werner Hoyer, MdB (FDP), in seinem Redebeitrag an. Neben der pflichtschuldigen Gratulation und den Dankesworten für die bislang geleistete Arbeit ordnet er die Deutsche Welle nachdrücklich in den Kontext der Außenpolitik ein. Ihr Auftrag ist, diesen Gedanken konsequent weiterverfolgend, ein außenpolitischer. Daraus schlussfolgert Hoyer, dass die bisherige Zuständigkeit der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien für die Deutsche Welle noch ein Relikt aus alten Zeiten ist und die Deutsche Welle eigentlich im Auswärtigen Amt ressortieren sollte. Unterschwellig wurde in allen Redebeiträgen deutlich, dass nach wie vor die Frage offen ist, ob die auswärtige Kulturpolitik stärker der Außenpolitik, mithin dem Auswärtigen Amt, oder der Kulturpolitik, also der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien, zuzuordnen ist.

Dabei haben es die Parlamentarierer noch am einfachsten: der Ausschuss für Kultur und Medien ist sowohl für Kulturpolitik im Inland als auch die Auswärtige Kulturpolitik zuständig und wird, daran ließ die Ausschussvorsitzende in dieser Debatte keinen Zweifel aufkommen, diesen Auftrag sehr ernst nehmen. Dass die Regierung dann auch in die Pflicht genommen wird und den Abgeordneten Rede und Antwort stehen muss, wurde in kritischen Worten zur mangelnden Präsenz der Staatsministerin für Kultur und Medien sowie des Außenministers bei der Debatte überdeutlich.

Was wäre wenn?

„Was geschieht, wenn das Gespräch zwischen dem Bundeskanzler und den Ministerpräsidenten negativ ausgeht?“ Diese Frage stellte der kulturpolitische Sprecher der SPD-Fraktion im Deutschen Bundestag, Eckhardt Barthel, MdB, gegen Ende der Bundestagsdebatte zur Fusion der Kulturstiftung des Bundes und der Kulturstiftung der Länder nur noch rhetorisch, denn im gleichen Atemzug fügte er hinzu, dass die Gespräche gescheitert sind. Orte des Geschehens waren das Bundeskanzleramt, in dem am 26. Juni 2003 die Systematisierung der Kulturförderung der Länder und des Bundes zwischen dem Bundeskanzler und den Ministerpräsidenten der Länder abschließend beschlossen werden sollte und der Deutsche Bundestag, in dem zeitgleich eine Debatte zu eben dieser Systematisierung und der damit verbundenen Fusion der Kulturstiftung des Bundes und der Kulturstiftung der Länder zur Deutschen Kulturstiftung stattfand. Anlass waren die Anträge der CDU/CSU-Fraktion und der FDP-Fraktion zur Fusion der Stiftungen.

Beide Anträge sowie die von Staatsministerin Weiss vorgelegten „Eckpunkte für die Systematisierung der Kulturförderung von Bund und Ländern und für die Zusammenführung der Kulturstiftung des Bundes und der Kulturstiftung der Länder zu einer gemeinsamen Kulturstiftung“ (siehe hierzu auch Winands auf Seite 6 in dieser Ausgabe) waren am Vortag im Ausschuss für Kultur und Medien des Deutschen Bundestags diskutiert worden.

Eckpunktepapier in der Kritik

Eigentlich sollte den Rednern in dieser Debatte nach der oben erwähnten Einlassung von Eckhardt Barthel ein Stein vom Herzen gefallen sein, denn bis auf Barthel wurde von allen sowohl das Eckpunktepapier als solches, als auch das Verfahren der Fusion der Kulturstiftungen sowie der Systematisierung der Kulturförderung von Bund und Ländern kritisiert.

Der Kulturpolitische Sprecher der CDU/CSU-Fraktion Günter Nooke, MdB, sprach sogar von Gefahr, die im Verzug ist und der Hoffnung, das Schlimmste abwenden zu können. Nooke kritisierte in erster Linie, dass das Parlament erst zu einem Zeitpunkt in die Diskussion eingebunden wurde, als die Verabschiedung des Eckpunktepapiers nur noch eine Formsache zu sein schien. Er als Kulturpolitiker fühlte sich von diesem wesentlichen Diskussionsprozess zur nationalen Kulturförderung ausgeschlossen und befürchtete Ähnliches für die Länderkollegen, da dort die Verhandlungsfüh- rung schon längst an die Chefs der Staatskanzleien abgetreten worden war. Die im Eckpunktepapier skizzierte Fusion bemängelte er als eine Mogelpackung, da schließlich beide Stiftungen weiterhin ihre Arbeit fortsetzen würden und nur noch ein weiteres Dach, letztlich eine zusätzliche Verwaltungsstruktur, hinzugefügt würde. Die inhaltliche Debatte um die künftige Ausrichtung der Stiftung wird über die Schaffung einer neuen administrativen Struktur vergessen. Nooke mahnt an, dass in einer neuen Stiftung weiterhin für Künstler und Kulturorganisationen die Möglichkeit bestehen sollte, Projektanträge zu stellen. Auch sollte überprüft werden, ob es weiterhin zweckmäßig ist, eine Institutionelle Förderung kategorisch auszuschließen.

In eine ähnliche Kerbe haute der Kulturpolitische Sprecher der SPD-Fraktion Eckhardt Barthel, MdB, wenn er Gesprächsbedarf hinsichtlich der Konstruktion der künftigen Projektförderung durch die fusionierte Kulturstiftung anmeldet.

Ebenfalls hoffte er, dass nach dem Diskussions- und – zum Zeitpunkt seiner Rede – dem erhofften Entscheidungsprozess auf der Ebene der Staatskanzleien und Ministerpräsidenten die Debatte wieder an die Kulturminister zurückgegeben wird. Seines Erachtens besteht dann – bei aller Kritik am Eckpunktepapier – auch die Chance, die Auseinandersetzungen um die so genannte Kulturhoheit der Länder auf einer rationaleren Basis zu führen.

Cornelia Pieper, MdB, FDP hatte sich bereits vor der Gründung der Kulturstiftung des Bundes vehement dafür eingesetzt, die Stiftung mit einem Stiftungskapital auszustatten aus dessen Erträgen die Stiftungszwecke auch tatsächlich verwirklicht werden können. Diese Forderung wurde von ihr in der Debatte noch einmal wiederholt. Pieper deutete in ihrer Rede bereits an, dass nicht alle Ministerpräsidenten dem vorgelegten Eckpunktepapier zustimmen werden. Einen weiteren kulturpolitischen Bogen eröffnete die Kulturpolitische Sprecherin von Bündnis 90/Die Grünen Dr. Antje Vollmer, MdB. Sie erinnerte daran, dass in den Kommunen die Kulturstrukturen, also die Museen, Theater, Bibliotheken, wegzubrechen drohen, da die Mittel fehlen. Vollmer warnt vor der Etablierung einer Eventkultur, die dem flüchtigen Ereignis den Vorzug vor den gewachsenen „kulturellen Traditionen und Institutionen“ gibt. Als eine wichtige Aufgabe der fusionierten Kulturstiftung begreift Vollmer die Stärkung des Bewusstseins für die Kulturlandschaft in Deutschland. Ihres Erachtens sollte geprüft werden, ob die im Blaubuch aufgeführten Kulturstandorte nicht durch die Kulturstiftung gefördert werden sollten.
Wenn, wie bei der Kulturstiftung des Bundes geschehen, das Parlament erhebliche Summen für die Kultur bereitstellt, muss es auch, so schließt Vollmer, an den Entscheidungsprozessen beteiligt werden. Eine erste Nagelprobe hierfür wird die Satzung der Stiftung sein.

Zukunft des Kulturstaates

In gewohnter Schärfe und geschliffener Rede verwies Dr. Norbert Lammert, MdB (CDU/CSU), darauf, dass die Fusion der Kulturstiftung des Bundes und der Kulturstiftung der Länder zwar ein wichtiges Thema in der Diskussion um das Eckpunktepapier sei, beileibe aber nicht das zentrale. Im Eckpunktepapier geht es nach seiner Auffassung um nichts weniger als die Zukunft des Kulturstaats Deutschland.

Lammert warf die Frage auf, warum die Kulturförderung des Bundes und der Länder überhaupt entflochten werden sollte – sei man mit dem bisherigen Modell doch sehr gut gefahren, und warum obendrein als Krönung einer Entflechtung mit der Deutschen Kulturstiftung, hervorgegangen aus der Kulturstiftung der Länder und der Kulturstiftung des Bundes, wiederum eine Verflechtung erfolgen sollte. Die Konstruktion der künftigen Konsultations- und Abstimmungsprozesse wurde auf Grund des abzusehenden bürokratischen Aufwands von ihm als „hoffnungslos misslungen“ bezeichnet. Nach einer Kurzintervention von Eckhardt Barthel, MdB, in der er die erwähnte Katze des gescheiterten Eckpunktepapiers aus dem Sack ließ, appellierte Lammert, man solle wie in einer in der Vergangenheit bewährten Kooperation, einen wirklich konstruktiven Aufstand des Parlaments gegenüber einem nicht ausreichenden Verhandlungsstand der Regierungschefs“ hinbekommen und wenn die Parlamentarier das in einer Weise konkretisieren würden, wie es durch diese Debatte interfraktionell erkennbar wurde, dann hätte man gemeinsam einen famosen Beitrag für die Zukunftsfähigkeit des deutschen Kulturstaats geleistet.

Gabriele Schulz

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