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nmz-archiv
nmz 2003/10 | Seite 10
52. Jahrgang | Oktober
Kulturpolitik
Einschränkung
Die Neue Musik im Deutschen Musikrat
Den Plänen des gegenwärtigen Präsidiums des Deutschen
Musikrates hinsichtlich der Thematik der „Neuen Musik“
muss entschieden widersprochen werden. Meine Kritik, das als Vorbemerkung,
gilt nicht den schwierigen Bemühungen des Präsidiums während
der Insolvenz und danach einen Neuanfang zu wagen. Ich habe durchaus
eine Vorstellung von den aktuellen Zwängen. Demgegenüber
dürfen jetzt aber keine weitreichenden Fehler gemacht werden,
die entweder aus Unkenntnis erfolgen oder ökonomische Interessen
und Ursachen haben.
Der Deutsche Musikrat (DMR) hat vor 23 Jahren (1980) aus Mitteln
des Bundes, später dazu der GVL und der GEMA-Stiftung, das
Förderprojekt „Konzert des Deutschen Musikrates“
(KdMR) ins Leben gerufen, das auf Antrag Verstärkungsmittel
für interessante Programme und Sonderprojekte der Neuen Musik
an Sinfonieorchester, Kammerorchester und Ensembles verteilt. Dazu
kommt im Orchesterbereich eine Spitzenförderung des deutschen
solistischen Nachwuchses. Eine enorme Erweiterung hat die Beteiligung
der Ensembles erfahren und auf internationalem Gebiet findet seit
2001 eine enge Zusammenarbeit mit dem „Warschauer Herbst“
statt, wo das Modell „KdMR“ durch bekannte deutsche
Ensembles, so auch in diesem Jahr, vertreten ist. Nun ist die Zukunft
des Förderprojektes „KdMR“ ab 2004 in der seit
23 Jahren üblichen Form ungewiss.
v.li.: Gerhard Baum, Bundesinnenminister
a.D., Klaus Bernbacher und Peter Ruzicka bei der Jubiläumsveranstaltung
„20 Jahre KdMR“ in Dresden. Foto: Matthias Creutziger
Es geht dabei um die Frage, ob genügend Mittel des Bundes
für die Förderung der „Neuen Musik“ und in
die „Edition zeitgenössische Musik“ (EZM) weiterhin
einfließen, um gesamtstaatlich im Rahmen einer neuen Projekt-GmbH
verteilt zu werden. Trotz der noch nicht abgeschlossenen Insolvenz
des DMR und damit verbundener Kürzungen ist es gelungen, im
zweiten Halbjahr 2003 Fördermittel für über 300 Anträge
(Sinfonieorchester/Kammerorchester/Ensembles/Sonderprojekte) zu
bewilligen. Nun besteht anscheinend für 2004 die Absicht des
Präsidiums, dem Förderprojekt „KdMR“ und der
„EZM“ Mittel zu entziehen, um selbstverschuldete finanzielle
Engpässe des „Deutschen Orchesterwettbewerbs“ aufzufangen.
Diese Art und Praxis von Cash-Management – es wird das Geld
hingeschoben, wo es gebraucht wird – ist absolut abzulehnen
und führt bekanntlich zur Katastrophe! Der Autor war als Abgeordneter
Mitglied des „Vulkan-Untersuchungsausschusses der Bremischen
Bürgerschaft“ und kann ein Lied davon singen! In unserem
Fall wird eine jahrelange, kontinuierliche und verlässliche
Förderung der Neuen Musik (siehe Dokumentation über das
20-jährige Jubiläum des „KdMR“ – 2000)
willkürlich eingeschränkt. Das geschieht vor dem Hintergrund
wegbrechender Zuschüsse der Länder und Gemeinden und den
Sparauflagen des Bundes.
Um diese wichtige Förderung der Neuen Musik und der Ensembles
zu sichern, ist es dringend notwendig, dass die Betroffenen sich
in den Fortgang der Entwicklung einbringen. Zur Abstimmung der Interessen
und Verabschiedung einer entsprechenden Resolution soll vor der
nächsten Generalversammlung des DMR die „Vierte Ensemblekonferenz
des KdMR am 10. Oktober 2003 in Bonn stattfinden.
Im Übrigen hat Kurt Tucholsky gesagt (und es ist in Weimar
an den Wänden zu lesen): „In Deutschland hat wegen der
schlechten Wetterverhältnisse die Revolution in der Musik stattgefunden“.
Er hat damit die Neue Musik gemeint!