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nmz-archiv
nmz 2003/10 | Seite 38
52. Jahrgang | Oktober
Jazz, Rock, Pop
Gefangen zwischen gestern und morgen
Hildegard Knef-DVD „A Woman and a Half“ erschienen
Wenn Sie in New York aus dem Hotelfenster schauen, blicke Sie
auf Jahrzehnte zurück, erzählt Hildegard Knef in Clarissa
Ruges Dokumentation „A Woman and a Half“ (MAWA Film
& Medien/Universal).
Und so spuken in diesem Film noch einmal die herum, die einst im
Kino an ihrer Seite standen: Hans Albers, Oskar Werner oder Gregory
Peck. In der Hemingway-Verfilmung „Schnee am Kilimandscharo“
hatte sie Peck im Hollywood der Fifties als Badenixe bezirzt. Und
irgendeine Zeitschrift, „Frau ohne Kopp“, hatte ihr
auch gleich eine Romanze angedichtet. Tatsache war damals, dass
sich Cole Porter in ihre Stimme verliebt hatte. Aber ihr Broadway-Erfolg
„Silk Stockings“ liegt fast fünf Jahrzehnte zurück
– und so bleibt ihr in New York nur die Erinnerung an Don
Ameche, Marlene Dietrich und Noel Coward.
Es ist kein Namedropping, das die Knef hier betreibt. Es ist die
wehmütige Sehnsucht nach den Weggenossen, die im Laufe der
Zeit weggestorben sind, die sie dazu inspiriert. „Wer war
froh, dass es Dich gab“ – Diese Frage scheint diese
Reise auf dem Luxusdampfer Queen Elizabeth II. – die sich
als ihre letzte erweisen sollte – anzutreiben. Ihr ganzes
Leben wird von der Knef noch einmal kommentiert, von den Trümmerjahren
über Hollywood und den „Geschenkten Gaul“ bis hin
zu ihrer Krebserkrankung. Noch immer scheint das ewige Trümmergirl
unterwegs zu sein zwischen gestern und morgen. Ganz in der Gegenwart
scheint dagegen Till Brönner zu sein, der selbstvergessen auf
seiner Trompete ihre alten Lieder liebkost, es rote Rosen regnen
lässt. Ausschnitte aus der legendären „Dick Cavett
Show“ wechseln sich ab mit Filmclips aus „Entscheidung
vor Morgengrauen“ oder „Nachts auf den Straßen“.
Livekonzertmitschnitte und Musikclips aus den Sixties runden das
Extramenü dieser exzellenten DVD ab.