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nmz-archiv
nmz 2003/10 | Seite 22
52. Jahrgang | Oktober
Noten
Abenteuer, Ohrwürmer, frühe Moderne
Einstiegsliteratur und Weiterführendes für den Klavierunterricht
Janet Vogt und Leon Bates: Abenteuer Klavier, Edition Conbrio,
Hug&Co. Musikverlage Zürich, 2003
Michaela Paller besorgte die deutsche Übersetzung für
diese amerikanische Klavierschule, für die bisher der Vorstufen-
und der erste Band vorliegen. Der Vorstufenband spricht ganz junge
Anfänger an; die Verwendung von sehr viel Text (auch den
Noten unterlegt) macht aber nur Sinn, wenn die Schüler diesen
auch lesen können (häusliches Üben). Es ist also
ratsam, diesen Band nur Schulkindern anzubieten, da auch wegen
des fehlenden Liniensystems sehr viel mit Zahlen (Fingersätze)
gearbeitet wird. Visuell sind Tonhöhenunterschiede so eigentlich
nur über die Verwendung von verschiedenen Fingern auszumachen;
dies hat meist zur Folge, dass die Schüler nach Zahlen und
nicht nach „Noten“ spielen. Der Einstieg beginnt sinnvollerweise
auf schwarzen Tasten, da die Zweier- und Dreiergruppen gut erkennbar
sind. Die Einführung der Notenwerte, Taktarten et cetera
erfolgt ein bisschen zu theoretisch, hier hätte man länger
nach Gehör arbeiten können. Die Arbeit am Klavier findet
meist zu zweit statt, wünschenswert wäre das Vorhandensein
eines zweiten Instruments. Etwas bedenklich erscheint die Bezeichnung
des Notennamens im Notenkopf, weiterhin ohne Liniensystem. Dieser
Band endet mit dem Spiel im Fünftonraum für beide Hände,
ausgehend vom C gespiegelt. Der folgende erste Band ist nicht
als Weiterführung zu betrachten, da er Wiederholungen enthält.
Man könnte auch hier einsteigen, wenn der Schüler umfangreiche
theoretische Abhandlungen nicht scheut. Die im Vorwort angekündigten
Rubriken (zum Beispiel Gehörbildung, Fingerübungen,
Improvisation, Wegweiser) werden durchgängig angewendet,
leider etwas zwanghaft und eintönig. Die beiliegende CD mit
dem weichspülenden Keyboard-Sound bringt da auch keinen Schwung;
da sollte man besser gleich Keyboard lernen. Es ist auch nicht
nötig, Orchesterwerke großer Meister als Achttakter
im Anfangsunterricht spielen zu lassen. Im Allgemeinen werden
die Grundlagen methodisch erarbeitet, auf Fragen zur Artikulation
wird etwas spät eingegangen. Diese Klavierschule, dessen
Hauptband 2 und 3 in Kürze erscheinen, erweitert das Angebot.
Jeder Klavierlehrer muss da für sich ein Urteil bilden.
Uwe Korn: Cool Jazz Serenade, Möseler M18.609.
Die sieben Klavierstücke umfassende Serenade bewegt sich
im Swing-Stil. Melancholie („Das alte Boot“), vielleicht
Wunschträume („Sternenlicht“), Charme („Paris“),
auch Sünde („In der Bar bei Piano Pete“), oder
Ausgelassenheit („Nachttour“) deuten auf die Vielschichtigkeit
der Charaktere, die sich natürlich auch in einem vielseitigen,
für den Pianisten dankbaren Spiel ausdrücken. Es wirkt
nichts aufgesetzt oder zwanghaft; die für das Swingen erforderliche
Leichtigkeit bezüglich der Spieltechnik muss man allerdings
mitbringen. Schwierigkeitsgrad mittelschwer.
Graham Buckland: 20 Tiny Fingers, Gustav Bosse Verlag Kassel,
2002.
Zwölf kurze vierhändige Klavierstücke beinhaltet
die vorliegende Ausgabe, konzipiert für Schüler, beide
Parts gleich schwer, ziemlich früh im Unterricht einsetzbar,
mit progressivem Charakter. Alle Stimmen sind überwiegend
loco notiert (ohne die sonst gebräuchliche Versetzung um
eine Oktave), mit bis zu sechs Vorzeichen und einem für Anfänger
kompliziert erscheinenden Notenbild. Immerhin bedeutet das eine
Notenkenntnis über sechs Oktaven. Tatsächlich sind die
Anforderungen an die Spieltechnik anfangs recht simpel, verständlicherweise
rät der Autor ein Vorspiel des Textes durch den Lehrer. Melodie-
und Begleitstimmen wechseln den Part, ein „Freispielen“
ist möglich, zunehmend steigen die Anforderungen an den Rhythmus,
die Artikulation und Ausdrucksstärke. Es entstehen bewegte,
gut nachvollziehbare kleine Charakterstücke, die vom enormen
Tonumfang natürlich profitieren.
Bärenreiter Piano Album: Frühe Moderne, BA 6555.
Michael Töpel widmet seine Edition dem Zeitraum von der
Spätromantik bis in die Mitte des 20. Jahrhunderts. In kaum
einer anderen Epoche der Musikgeschichte entstanden stilistisch
so unterschiedlich beeinflusste Kompositionen zu gleicher Zeit.
Breitgefächert ausgewählte Klavierstücke sollen
das Außergewöhnliche verdeutlichen, sie gegenüberstellen,
vergleichbar machen. Neben bekannten Stücken, auf die hier
nicht näher eingegangen werden muss, gibt es eine wahre Fundgrube
an Neuentdeckungen, die auch bezüglich ihrer Charakteristik
geschickt zusammengetragen wurden. Komponisten wie Saint-Saëns,
Mussorgsky, Janácek, Puccini, Sibelius, Rebikow, Granados,
Skrjabin, Reger, Schönberg, Kodály, Stravinsky, Hindemith,
Distler, Britten zum Beispiel sprechen da für sich. In einem
Beiheft finden sich nützliche Informationen zum Nachschlagen.
Im Unterricht kann dieses Album etwa ab dem vierten Lehrjahr über
mehrere Jahre hinweg verwendet werden.
Bärenreiter Piano Album: Lied-Song-Spiritual, BA 6569.
Eine Sammlung für alle Fälle, für Jung und Alt,
für Anfänger und Fortgeschrittene, für ein gelegentliches
Aussteigen aus dem Klassik-Programm, für Liebhaber von „Ohrwürmern“:
Es kann aufgespielt und mitgesungen werden. Leichte Liedsätze
(meist Kinderlieder und „Gassenhauer“), anspruchsvolle
Klavierarrangements von Liedern internationaler Herkunft (folkloristisch
geprägt), bekannte Songs und Spirituals (teilweise in vierhändigen
Sätzen) sind vollständig mit dem Originaltext in allen
Strophen unterlegt. Eine Auswahl der Titel soll als Anhaltspunkt
dienen: Autumn Leaves, Dat du min Leevsten büst, Drei Chinesen
mit dem Kontrabass, Eurovisions-Melodie, Go down, Moses, Guantanamera,
Kalinka, My Bonny is over the ocean, Nun ruhen alle Wälder,
Summertime, The Entertainer.