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nmz-archiv
nmz 2003/11 | Seite 47
52. Jahrgang | November
Dossier:
Klangwerkstatt
Mundpropaganda für das zweite Blech
Nicht nur für den Jazz-Profi: die Selmer Concept TT ·
Von Bernhard Ruf
Der Bandkollege an den sechs Saiten würde darüber sicherlich
nur müde lächeln: Alle drei Monate muss eine neue Gitarre
her, die im Sound eine Nuance feiner klingt, irgendwie griffiger
in der Hand liegt, einfach eine irre Lackierung hat.
Foto: Selmer
Der „gemeine“ Trompeter kauft sich in der Regel nur
zweimal im Leben ein Instrument. Als Anfänger genügt meist
die einfache, möglichst preisgünstige Trompete, welche
die Haare der Mitmenschen im Klang nicht zu weit zu Berge stehen
lässt. Sehr beliebt sind hierfür die Hörner tschechischer
Bauart, die ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis bieten. Bald
aber gelangt man mit etwas Übung und Durchhaltevermögen
an die Grenzen dieser Instrumente. An die zweite Trompete werden
bedeutend höhere Ansprüche gestellt, das Instrument soll
Spaß bereiten, Töne und Klänge formbar ma- chen,
möglichst ein Leben lang halten. Ein drittes Blech wird meist
nur nötig, wenn mal wieder die Performance auf der Bühne
so überschwenglich war, dass das gute Stück irreparable
Blechschäden erlitten hat. Das Instrument also, das dem Spieler
so viele Jahre treu dienen soll, muss etwas ganz Besonderes sein.
Die Selmer Concept TT ist eines dieser Trompeten-Modelle, die aus
dem „gemeinen“ Trompeter einen echten Musiker machen
können.
Handwerk mit Präzision
Massenproduktion, Fremdfertigung und Preiskampf gehören in
dem um die Jahrhundertwende von Henry Selmer in Paris gegründeten
Unternehmen zu Fremdwörtern. Noch immer im Familienbesitz hat
es sich das Unternehmen zur Aufgabe gemacht, das individuell zugeschnittene
Instrument für den anspruchsvollen Musiker zu entwickeln. Hierbei
wird besonders Wert darauf gelegt, dass alle Bauteile eines jeden
Instruments im Hause Selmer selbst hergestellt werden. In alter
Tradition werden die Instrumente in Handarbeit geformt und zusammengesetzt.
Die enge Zusammenarbeit mit erfahrenen Musikern und die gemeinsame
Entwicklung neuer Modelle stehen für den Erfolg des Unternehmens
und geben den Instrumenten eben diesen individuellen Touch, der
sie so sehr von den Konkurrenten unterscheidet.
Selmer Concept TT
Die Trompete Concept TT ist das neueste Modell aus dem Hause Selmer
und wurde speziell für den erfahrenen Allroundmusiker entwickelt,
der das Instrument mal im klassischen Bereich piano bewegen oder
sich auch mal in der Funkband mit knackigem Sound durchsetzen möchte.
Klang
Der Klang der Concept TT lässt sich mit einem Wort am besten
beschreiben – „kompakt“. Der volle, eher dunkel
klingende Ton fällt dem Spieler anfangs am deutlichsten auf.
Während sich die TT durch alle Register relativ leicht und
sicher in den gleichen Klangfarben bewegen lässt, ermöglicht
sie dem Musiker gleichzeitig, jeden Ton individuell so zu formen
und zu gestalten, dass eben für alle Stilrichtungen der passende
Klang erzeugt werden kann. Durch kontrollierten Einsatz von Druck
und Luft kann man ihr beinahe Flügelhorn-ähnliche Töne
entlocken, gibt man Stoff, knackt die Trompete ordentlich, ohne
jedoch auszureißen und blechern oder flatternd zu erscheinen.
Konzept
Das Geheimnis der Concept TT liegt vor allem in dem doppelten
Mundrohr. Um bei einer Trompete einen kontrollierten und kompakten
Klang zu erzeugen, darf das Instrument in sich nicht zu stark schwingen.
Der Ton soll im Zusammenspiel von Zwerchfell, Lippenspannung und
Luftdruck vom Spieler selbst erzeugt, gesteuert und geformt werden.
Ist das Instrument zu leicht gebaut, lässt es sich zwar meist
sehr einfach spielen, verliert aber klanglich an Volumen und lässt
den Ton luftig erscheinen.
Mit 1,26 kg auffallend schwer sind bei der TT zwei Mundrohre ineinander
gebaut. Dies bewahrt die Trompete vor unerwünschten Eigenschwingungen,
die das Klangbild des eigentlichen Tonerzeugers, des Trompeters
selbst, beeinträchtigen. Unterstützt wird dieses Konzept
durch die eher eng angelegte Wicklung und die etwas breitere Mensur
des Instruments.
Ansatz und Tonumfang
Der Ton der TT spricht beim Anblasen schnell an und springt dabei
sehr genau in die vom Bläser gewünschte Tonlage. Exakt
gestimmt hat man es auch geschafft, die kritischen Töne auf
der B-Trompete wie cis oder d im Rahmen der vorgeschriebenen Frequenz
zu halten. Ein während des Spiels individuelles Nachstimmen
bei diesen Tönen ist kaum notwendig. Die Concept bewegt sich
sowohl in den tiefen Lagen bis zum kleinen fis als auch in die unbegrenzten
Höhen sicher und kraftvoll.
Mechanik
Um sich nicht auf Naturtöne beschränken zu müssen
und alte Fanfaren zu schmettern, sind die Ventile ein wichtiger
Bestandteil der Trompete. Auch hier wurden die Hausaufgaben gemacht
und eine Mechanik eingebaut, die kontrolliertes und reibungsfreies
Greifen ermöglicht. Durch die relativ starken Federn schnellen
die Ventile problemlos wie gewünscht mit den Fingern zurück.
Besonders auffällig: Die Anschläge der Ventile sind sehr
gut abgefedert und verursachen auch beim Spielen über Clip-Mikrophone
kaum störende Geräusche.
Verpackung
Für die Bewertung eines Instruments eigentlich nicht entscheidend,
aber dennoch wichtig für den Käufer ist der Koffer, in
dem die Trompete erworben werden kann. Unter den von Selmer bei
der Firma BAM zugekauften Koffervarianten befinden sich pfiffige
Modelle, die, mit den passenden Griffen ausgestattet, zugleich in
der Hand, über der Schulter oder als Rucksack getragen werden
können. Dies freut den mobilen Trompeter, der sein Instrument
sicher geschützt überall hin mitnehmen kann. Einfach beim
Händler nach den verschiedenen Modellen fragen!
Fazit
Sicherlich nicht notwendig für den Anfänger, ist die
Selmer Concept TT das richtige Instrument für den gewachsenen
Allround-Trompeter, der sich nicht in ein Schema pressen lassen
möchte. Für beinahe alle Musikstile einsetzbar lassen
sich die Töne der TT basierend auf dem vollen und kompakten
Klang individuell gestalten und ermöglichen Kollegen und Zuhörern
angenehmsten Musikgenuss. Die knapp 1.800 Euro (ohne Mundstück
und Koffer) sind aufgrund der guten Qualität, der äußerst
sauberen Verarbeitung und des unbegrenzten Einsatzbereichs in jedem
Fall gerechtfertigt.