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nmz-archiv
nmz 2003/11 | Seite 21
52. Jahrgang | November
Bücher
Weiter Horizont an Tätigkeitsfeldern
Das Berufsbild einer Diplomlehrkraft an Musikschulen unter der
Lupe
Dietlind Bäuerle-Uhlig: Professionalisierung in der Instrumentalpädagogik
(Musikwissenschaft/Musikpädagogik in der Blauen Eule Bd.
59), Verlag Die Blaue Eule, Essen 2003, 462 S., € 42,00, ISBN
3-89924-012-X.
Dietlind Bäuerle-Uhlig beleuchtet in ihrer Dissertation zahlreiche
Facetten und Bedingungsfaktoren, die für ein authentisches
Unterrichten durch authentisches Musizieren als unerlässlich
für das gesamte Spektrum der Diplommusikerziehung zu betrachten
sind. Einer detaillierten Auflistung unterschiedlicher Professionalisierungsmerkmale
liegt eine kritische Betrachtung der Diplommusikerziehungsstudiengänge
an den deutschen Musikhochschulen zu Grunde. Dabei wird deutlich,
dass es der Instrumental- und Gesangspädagogik nach wie vor
schwer fällt, sich als eigenständige Disziplin mit eigenem
wissenschaftlichen Hintergrund im Kontext der künstlerischen
und schulmusikalischen Studiengänge zu behaupten. Nahezu erschreckend
gering erscheint der Anteil an musikpädagogischen und methodisch-didaktischen
Studieninhalten gegenüber theoretischen und musikwissenschaftlichen
Pflichtveranstaltungen in einem grundständigen Studium der
Diplommusikerziehung.
Das Berufsfeld einer Diplommusiklehrkraft an Musikschulen, bei außerschulischen
Bildungsträgern, in Freizeiteinrichtungen, im freien Beruf
und schlussendlich auch wieder in Musikhochschulen wird im Rahmen
der vorliegenden Arbeit in seiner Ganzheit aufgezeigt. Dass für
diese Vielfalt an Tätigkeitsfeldern eine spezifische lebenslange
Fort- und Weiterbildung sowohl in den künstlerischen als auch
in den musikpädagogischen Prozessen unerlässlich ist,
macht die Autorin deutlich. Kritisch geht sie dabei auf die strukturellen
und institutionellen Gegebenheiten ein und wirft die Frage auf,
in welchem Ausmaß es ratsam sein könnte, Arbeitgeber
in Zukunft auch rechtlich zu verpflichten, regelmäßige
Fortbildungsmöglichkeiten für ihre Lehrkräfte zu
garantieren.
Ein weiteres Kapitel befasst sich mit dem Berufsbild und dem entsprechenden
Selbstkonzept von Lehrkräften der Diplommusikerziehung. Dass
vielerorts noch immer Klischees nach dem Motto „Pädagogen
für die Breite, Künstler für die Spitze“ das
Ansehen dieses Berufsstandes schädigen und damit eine Ausformung
des Berufsbildes im Sinne einer angemessenen Professionalisierung
blockieren, belegt die Autorin auf zweierlei Weise. Zum einen zeigt
sie die Notwendigkeit künstlerischer Qualifikationen für
die Breitenarbeit auf, wagt aber gleichzeitig den Umkehrschluss
und fordert ein höheres Maß an differenzierter pädagogischer
Kompetenz für die instrumentale Spitzenausbildung an den Hochschulen.
Auch in der Instrumental- und Vokalpädagogik setzt sich der
Begriff des „networkings“ zur Sicherung des fachlichen
Austausches, einer professionellen Öffentlichkeitsarbeit sowie
zum Schutze von Arbeitnehmern und Arbeitgebern zunehmend durch.
Zahlreiche Fach- und Berufsverbände, Gewerkschaften und nicht
zuletzt die Arbeit der European Teacher Associations zielen auf
eine deutliche Qualitätssicherung des Berufsstandes ab.
Eine Facette der Professionalisierungsfaktoren ist mit der Überschrift
„Berufsfeld“ betitelt und zeigt den weiten Horizont
an Tätigkeitsfeldern auf, der im positiven Sinne zu einer mosaikartigen
Ausdifferenzierung des persönlichen pädagogisch-künstlerischen
Profils jeder einzelnen Lehrkraft führen kann. Dass in diesem
Zusammenhang zunehmend auch die selbständige Vertretung eigener
Geschäftsinteressen und Managementkompetenzen gefordert wird,
ist bis in die Ausbildungsinstitutionen noch nicht flächendeckend
durchgedrungen.
Bezugnehmend auf gängige Literatur aus den Sozialwissenschaften
und der pädagogischen Psychologie verweist Dietlind Bäuerle-Uhlig
resummierend noch einmal auf das hohe Maß an individuellen
pädagogischen und künstlerischen Kompetenzen hin, welche
für eine Lehrperson der Instrumental- und Vokalpädagogik
zur eigenen Zufriedenheit in ihrem Berufsalltag unerlässlich
sind.
Fazit: Bei der vorliegenden Arbeit handelt es sich um ein Buch,
das für angehende Lehrkräfte noch während der ersten
Ausbildungsphase zur kritischen Pflichtlektüre werden sollte.
Wie es allerdings gelingen kann, eine zunehmende gesellschaftliche
Anerkennung der Instrumentalpädagogik langfristig dahingehend
zu sichern, dass die Berufsgruppe ihrem hohen Maß an Professionalität
entsprechend bezahlt und honoriert wird, steht leider auch nach
dem gründlichen Studium dieser umfassenden Literatur-Recherche
weiterhin in den Sternen.