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nmz-archiv
nmz 2003/11 | Seite 19
52. Jahrgang | November
Rezensionen
Kurz vorgestellt - CDs
Elliott Sharp: Racing Hearts; Tessalation Row; Calling;
RSO Frankfurt; Ensemble Modern; Peter Rundel, Kaspar de Roo
HR Musik hrmn 018-03
Musik von geradezu agressiver Wucht, Direktheit, rhythmischer
Spontaneität. Ohne Barrieren reißt der Klang, der Sound
mit, der hochkomplex rhythmisch konturiert und differenziert durchgehört
ist, das aber im magischen Sog nirgendwo spüren lässt.
Radikal geradlinig, spannend, herausfordernd.
Eine eher zarte improvisatorische Reise durch Welten elektronischer
Klänge und elektroakustisch veränderter Instrumente.
Evan Parker nimmt dabei keinerlei Rücksicht auf Topoi aus
dem Jazzbereich oder aus der Avantgarde-Elektronik. Gerade das
macht die Abstimmung der Klangereignisse so ungemein aufregend
und inspiriert.
George Antheil: Sonate Sauvage; Woman Sonata; dritte, vierte
und fünfte Sonate; Guy Livingstone, Klavier
Wergo 6661 2
In den 20er-Jahren hat „Bad Boy“ Antheil (1900–1959)
die anständige musikalische Welt mit radikalen Konzepten
ausgehebelt und war auch bereit, dies auf Kosten tieferer musikalischer
Substanz zu tun. Später trat ein Wandel ein. Nachdenken über
Musik ersetzte die pubertär kühnen und frischen Frechheiten.
Vor allem die dritte Sonate (1947) – neben der fünfte(1950)
und der „Woman Sonata“ (1923 ist sie Ersteinspielung!)
– verweist auf reflektierten Umgang mit musikalisch sonst
außer Betracht Gelassenem: etwa das diabolische „Cartoon“-Finale.
Erstaunlich!
Edison Denissow, Andrej Eschpai, Friedrich Goldmann, Volker
David Kirchner, Bernd Alois Zimmermann: Oboenkonzerte; Fabian
Menzel, Oboe; RSO Frankfurt, Friedrich Goldmann, Eliahu Inbal, Dmitrij
Kitajenko.
hrmn 016-03
Ein Fächer heutiger Oboenkonzerte, solide interpretiert.
Als erstaunliche Entdeckung erweist sich hierbei Fried-rich Goldmanns
gut 40-minütiger Konzert-Koloss mit erstaunlicher Architektonik,
die den enormen Umfang keineswegs als ausufernd erscheinen lässt.
Christian Wolff: For 1, 2 or 3 People; Exercise 27; Bread and
Roses, Edges; Malcolm Goldstein, Violine, Stimme; Matthias Kaul,
Schlagzeug, Stimme; Drehleier
Wergo 6658 2
John Cage hat einmal über seinen Schüler-Freund Christian
Wolff geäußert, dass es ihm auf rätselhafte Weise
gelänge, die ganz einfachen, unabsichtlich gesetzt wirkenden
Klänge mit lebendiger, wacher Spannung zu füllen. Hört
man diese großartige, im geistigen Einklang (sowohl die
Interpreten untereinander als auch im Einklang mit den Intentionen
Wolffs) entstandene CD, ahnt und begreift man was mit dieser Aussage
gemeint sein könnte. Gerne und intensiv hören ohne Zwang.