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nmz-archiv
nmz 2004/03 | Seite 50
53. Jahrgang | März
Dossier:
Bücher & Noten aktuell
Eine Grundlage mit kleinen Schwächen
Neues Standardwerk zur Harfenliteratur weltweit erschienen
Annie Glattauer: Dictionnaire du répertoire de la
harpe. CNRS Ed., Paris 2003, 733 S., € 43,–, ISBN
2-271-06162-8
Harfe, seit Generationen in Frankreich wohl populärstes Instrument
und zunehmend auch in deutschen Landen gefragt: allein an Musikschulen
verdoppelten sich im Verlauf von zehn Jahren deren Schülerzahlen.
Komponisten und Verlage reagieren positiv auf diesen Trend. So düngt
es höchste Zeit, für das aktuelle Spielrepertoire der
Harfe eine neue Grundlage zu schaffen. Denn vier Jahrzehnte ist
es her, dass der verdiente Forscher, Lehrer und Interpret Hans Joachim
Zingel sein Harfenmusik-Verzeichnis 1965 bei Hofmeister herausbrachte.
Es fand nun eine Nachfolge, nur in anderer Konzeption und im Blickwinkel
französischer Harfen-Tradition. Deren Verdienste – Werkschöpfungen,
Interpretation und Ausbildung – weiß das Vorwort verständlich
zu machen. Voluminös wie ein Telefonbuch präsentieren
sich hier Namen und Vita von nahezu 2.000 Harfenkomponisten und
deren Musik, von Abbott bis Zipoli, gründlich recherchiert
und in einzigartiger Fleißarbeit zusammengetragen, was bislang
und was heute zum Spielgut der Harfenspieler gehört. Das gleicht
der Summe eines Harfenlebens, verkörpert in Annie Glattauer.
Diese Fachhistorikerin und Professorin an der Schola Cantorum würdigt
hier die kreativen Musiker aus aller Welt, die sich der Harfe gewidmet
haben, und beschreibt kurz und bündig deren Leben im Zusammenhang
mit Entstehung und Interpretation einzelner Werke. Zwischen „harpe
celtique“ und Konzertharfe die Werktitel zu trennen, gibt
Klarheit, ebenso die bibliographische Anordnung der Werktitel einerseits
nach früher gebräuchlichen Transkriptionen für Harfe,
ehemals aufgelegten (vergriffenen?) Drucken, die sich vielleicht
in Bibliotheken wiederfinden, und andererseits nach heute tatsächlich
verfügbarem (lieferbarem) Musikalienangebot (leider ohne Verlagsangabe).
Entdeckerfreudig die anhängende Systematik aller nur denkbaren
Besetzungen für und mit Harfe. Optimal wäre die Hinzufügung
von Spielzeit und Schwierigkeitsgrad. Aber auch ohne dies ein einzigartiges
und übersichtlich gestaltetes Repertoire-Handbuch für
Spieler und Unterrichtende, bei dem der ausschließlich französische
Text nicht hinderlich ist. Leider: Manche Harfenkomposition aus
jungen Verlagsinitiativen, etwa von Namen wie Robert Edler, Herbert
Hechtel, Georg Katzer, Ulrich Leyendecker, Heinz Munkel, Aribert
Reimann, Meinrad Schmitt oder Hans Vogt, fehlt. Auch wichtige Autorendaten
aus osteuropäischen Katalogen (wie G. Bacewicz, Krzysztof Meyer,
Tadeusz Paciorkiewicz) scheinen offenbar nicht über den Rhein
gelangt zu sein. Das hat Erinnerungswert für die zu ergänzende
Neuauflage.