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nmz-news
nmz 2004/03 | Seite 2
53. Jahrgang | März
Personalia
Personalia
Die neue musikzeitung hat ihre interaktiven Tätigkeiten ausgeweitet.
Mit dem Kulturinformationszentrum
stellen wir die engagierte Diskussion in das Zentrum der Aktivitäten
im Netz. An dieser Stelle können Fragen gestellt, Informationen
verbreitet und die Arbeiten anderer kultureller Initiativen zur
Darstellung gebracht werden.
Nordhoff bleibt?
Um den Frankfurter Kulturdezernenten Hans-Bernhard Nordhoff ist
in der Bankenstadt ein heftiger Streit entbrannt. Nordhoffs Wiederwahl
für die nächsten sechs Jahre steht im September dieses
Jahres an. Die SPD, die nach der Koalitionsvereinbarung das Vorschlagsrecht
für den Posten besitzt, hat ihn bereits nominiert. Zuvor jedoch
kam Stimmung gegen Nordhoff auf, weil mehr als hundert Prominente
aus Kultur, Wissenschaft, auch Wirtschaft, gegen Nordhoffs Vertragsverlängerung
schriftlich und öffentlich protestierten.
In der Vier-Parteien-Koalition im Frankfurter Rathaus zeigten sich
manche Politiker indigniert über die Einmischung von außen.
Sie sollten sich lieber freuen, wenn aus der engagierten Bürgerschaft
Impulse ausgehen, die ihre eigene Trägheit überwinden
helfen könnten. Im übrigen braucht sich Hans-Bernhard
Nordhoff nicht allein zu fühlen. Mühelos könnte man
ein Dutzend Kulturdezernenten in anderen Städten der Bundesrepublik
benennen, auf die man ebenso gut verzichten könnte wie in seinem
Fall. gr
Hundert Hefte
Als im Oktober 1983 Ulrich Dibelius, Gisela Gronemeyer, Reinhard
Oehlschlägel und Ernstalbrecht Stiebler die erste Ausgabe der
Zeitschrift „MusikTexte” herausgaben und damit die Lücke
zu schließen versuchten, die das 1975 in der „Neuen
Zeitschrift für Musik” aufgegangene Periodika „Melos”
gerissen hatte, kamen gewiss Zweifel an der Überlebensfähigkeit
eines Organs der theoretischen Auseinandersetzung über zeitgenössisches
Musikdenken auf. Denn Reflektion war damals im keimenden postmodernen
Relativismus außer Mode geraten. Dass nun nach gut 20 Jahren
das hundertste Heft erschien, ist mehr als ein Überlebenszeichen.
Es belegt, dass Anstrengung um die Musik nicht vom Schwachsinn der
Marktorientierung und des Quoten-Zählens ad acta gelegt werden
kann. Musik-Denken ist ein Elixier menschlichen Hier-Seins. Eines
ist gewiss: Der Stoff geht nie aus. Schöpferisches Tun lässt
sich nicht in der Welle des Entertainments ertränken. Viele
Komponisten und Musiker gratulieren im Jubiläumsheft. Die nmz
schließt sich den Glückwünschen an. rs
Friedens-Preis für Barenboim Daniel Barenboim erhält den israelischen Haviva Reik-Friedenspreis
2003 für seine Bemühungen um einen Dialog zwischen Juden
und Arabern. Der Preis soll dem Pianisten und Dirigenten diesen
Sommer in Berlin überreicht werden. Der 63-Jährige gilt
nicht nur als internationaler Pultstar, sondern auch als kulturpolitisch
engagierter Künstler. Es ist noch nicht lange her, dass Barenboim
durch die Aufführung von Wagner-Werken in Israel in die Schlagzeilen
geraten war. Der Haviva Reik-Friedenspreis wird seit zehn Jahren
jährlich verliehen und wechselweise von einem arabischen und
einem israelischen Künstler gestaltet. Barenboim setzt sich
seit Jahren für die israelisch-arabische Aussöhnung ein.
Neben Konzerten in den besetzten Palästinensergebieten rief
er den Workshop „West-Östlicher Diwan“ ins Leben.
Internationale junge Musiker, auch aus Israel und Palästina,
arbeiten hier zusammen, um nach der Probephase als „West-Eastern-Divan-Orchestra“
gemeinsam auf Konzert-Tournee zu gehen. Begonnen hatte dieses besondere
Engagement Barenboims anfang 1990, als er den in Palästina
geborenen und vergangenes Jahr mit 67 verstorbenen Schriftsteller
und Professor an der Columbia University Edward Saïd in der
Lobby eines Londoner Hotels kennen. Seither förderten sie gemeinsam
den Dialog für eine friedliche Koexistenz. Nun scheint der
Vielbeschäftigte neue Pläne zu haben: Erst vor wenigen
Tagen erklärte der Generaldirektor der Deutschen Staatsoper
Berlin, dass er seinen im Juni 2006 ablaufenden Vertrag als musikalischer
Leiter des Chicago Symphony Orchestras nicht mehr verlängern
wolle. Er wolle sich, so Barenboim, mehr um seine Auftritte und
weniger um Verwaltungsarbeiten kümmern.
Malachi Favors Maghostut
Am 30. Januar erlag Malachi Favors Maghostut (im Foto rechts) in
Chicago einem Krebsleiden. Auch wenn der 77-jährige Bassist
nie als Bandleader hervorgetreten war, sein auf zahlreichen Schallplatten
dokumentiertes künstlerisches Schaffen ist stilbildend für
den modernen Jazz. Favors war Gründungsmitglied der einflussreichen
Avantgardeformation Art Ensemble of Chicago (AEC) und wirkte erst
vor einem Jahr noch an einer Hommage-CD für den ebenfalls verstorbenen
Trompeter des Ensembles, Lester Bowie, mit. Die Kultur Afrikas wiederzuentdecken,
sie als gleichrangig gegenüber anderen Hochkulturen zu begreifen,
war eines der Hauptanliegen Favors. So war es auch Favors Idee gewesen,
dass die Mitglieder des AEC während ihrer Konzerte afrikanische
Gewänder trugen und ihre Gesichter bemalten – Lester
Bowie (links auf dem Foto) ausgenommen, der stets im weißen
Arztkittel auftrat.
Favors war Anfang der 60er-Jahre einer der Mitbegründer der
Association for the Advancement of Creative Music (AACM). Die AACM
fungierte zunächst als Kooperative von Chicagoer Musikern,
um deren Musik, die in die etablierten, kommerziellen Kanäle
keinen Eingang fand, zu präsentieren. Spätestens nach
Gründung einer eigenen Musikschule entwickelte die AACM sich
zu einem wichtigen „musikalischen Arm“ der amerikanischen
Bürgerrechtsbewegung. ak
Zum Tode von Horst Link
Der Ehrenvorsitzende des Bundesverbandes der Deutschen Musikinstrumenten-Hersteller
(BDMH), Horst Link, ist Mitte Februar verstorben. Ihm ist es zunächst
gelungen, die Branche im von ihm mit gegründeten Bundesverband
der Deutschen Musikinstrumenten-Hersteller, dem er langjährig
in seinen verschiedenen Gremien und insbesondere als Vorsitzender
diente, zu einen. In gleicher Weise engagierte er sich für
die Gründung des europäischen Verbandes, der heute mit
der Osterweiterung eine erneute Stärkung seiner Bedeutung erlangt.
Maßgeblichen Anteil hatte er an der Etablierung der weltweit
führenden Veranstaltung der Branche, der Musikmesse in Frankfurt.
Er war außerdem engagiert tätig für die angeschlossenen
Einrichtungen wie den Frankfurter Musikpreis oder den Musikinstrumentenpreis.
Stets war er ein Förderer der Musikerziehung. So wurde auf
seine Anregung die Akademie für Musikpädagogik e.V. (AfMP)
gegründet und die so erfolgreichen Programme des Klassenmusizierens
entwickelt, die dem Musikunterricht eine neue Basis geben.
Erster Kantor in der Dresdner Frauenkirche
Der aus Nürnberg stammende Kirchenmusiker Matthias Grünert
(30) wird erster Kantor an der wieder aufgebauten Dresdner Frauenkirche.
Er setzte sich unter 57 Bewerbern durch und tritt das Amt am 1.
Januar 2005 an, teilte die Stiftung Frauenkirche am Donnerstag mit.
Grünert war Mitglied im Windsbacher Knabenchor. Später
studierte er Evangelische Kirchenmusik in Bayreuth und an der Musikhochschule
Lübeck. Er war von 1998 bis 2000 Kirchenmusiker an der B-Stelle
St.Petri im Luftkurort Bosau, künstlerischer Leiter der überregionalen
Konzertreihe in Bosau und gleichzeitig Kirchenmusikassistent am
Lübecker Dom.
Oper über Lao She Eigentlich hieß er Shu Qingchun, unter seinem Künstlernamen
Lao She wurde er zu einem der meist gelesenen und übersetzten
Autoren der chinesischen Moderne. Auf deutsch erschienen sind unter
anderem „Das Teehaus“, „Rikscha-Kuli“ und
das Monumentalwerk „Vier Generationen unter einem Dach“.
Über den bis heute unaufgeklärten Tod des Schriftstellers
zu Beginnn der Kulturrevolution hat Xu Shuya, der in Paris lebende
bekannte chinesische Komponist, eine Oper geschrieben. „Die
Erinnerung an der Taiping-See – der Tod von lao She“
wird am 6. und 7. März dieses Jahres im Amsterdamer Royal Theater
Carré uraufgeführt.
Georg Vierthaler
Die Suche nach einem Generaldirektor für die Stiftung „Oper
in Berlin“ dauert an. Kultursenator Thomas Flierl (PDS) berief
jetzt als „kommissarischen Koordinator“ den Verwaltungsdirektor
der Staatsoper, Georg Vierthaler. Seine Interimszeit dauere „möglicherweise
bis Ende des Jahres“, sagte Vierthaler. Endgültig übernehmen
wolle er den Posten aber nicht. In Anbetracht der Finanzausstattung
und des Umstands, dass in erster Linie das Geschäft des Entlassens
und Fusionsvorbereitungen dirigiert werden müssten, haben bereits
kompetente Kandidaten wie Gerard Mortier, Peter Ruzicka und Elmar
Weingarten abgelehnt.
Niemen – der „Große Abwesende“ Czeslaw Niemen, Komponist, Pianist und Sänger mit Soul-
und Kirchenmusik-Background, erlag am 17. Januar 2004 einem Krebsleiden.
Er galt in Polen als der „Große Abwesende“ und
dennoch als der „Große der polnischen Musik“.
Geboren wurde Czeslaw Wydrycki, so sein bürgerlicher Name,
am 16. Februar 1936 im damaligen Wasiliski in der Nähe von
Grodno. Später gab er sich einen Künstlernamen: Niemen
– nach dem Fluss in der Nähe seines Heimatortes. Als
1981 über Polen das Kriegsrecht verhängt wurde, sagte
der Künstler all seine Konzerte ab und kehrte erst vier Jahre
später für nur wenige Auftritte auf die Bühnen zurück.
mb