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nmz-archiv
nmz 2004/03 | Seite 14
53. Jahrgang | März
Kulturpolitik
Angebot und Nachfrage des Marktes regeln
Selbstmanagement für Musikpädagogen – das Musiklehrernetzwerk
in Wiesbaden
Britta Roscher, Diplom-Musikerin aus Wiesbaden, ist Mitglied im
„Musiklehrernetzwerk Wiesbaden“. Nach dem Musikstudium
an der Wiesbadener Musikakademie folgte ein künstlerisches
Aufbaustudium an der Hochschule für Musik Detmold, Abteilung
Dortmund. Neben dem Besuch von Fortbildungen und diversen Meisterkursen
leitet Britta Roscher als Musiklehrerin Querflötenkurse im
Rhein-Main-Gebiet. Über den Zusammenschluss und die Zielsetzungen
des „Musiklehrernetzwerkes Wiesbaden“ berichtet Britta
Roscher in folgendem Artikel.
Einige Musiklehrer in der hessischen Landeshauptstadt Wiesbaden
schlossen sich im Jahr 2000 zum „Wiesbadener Musiklehrernetzwerk“
zusammen. Bei diesem Netzwerk handelt es sich um einen Zusammenschluss
von insgesamt 15 selbstständigen Musikpädagogen mit der
Zielsetzung, die Vorteile des Privatunterrichtes mit der Angebotsvielfalt
der Musikschulen zu verbinden. Die Lehrer/-innen erteilen eigenverantwortlich
privaten Instrumentalunterricht, der individuell auf die Schülerin
oder auf den Schüler zugeschnitten ist. Das Angebot besteht
aus einem breitgefächerten Unterrichtsspektrum von Jazz bis
zur klassischen Musik.
Die Grundidee bei der Entstehung des Musiklehrernetzwerkes war,
dass keiner der selbstständigen Musiklehrer seine Tätigkeit
aufgibt, die Eigenverantwortlichkeit der einzelnen Personen bleibt
bestehen. Die Mitglieder des Netzwerkes stehen miteinander in Kontakt,
um sich in pädagogischen und fächerübergreifenden
Bereichen auszutauschen. Ein wichtiger Bestandteil in einer musikalischen
Ausbildung ist nach Meinung des Netzwerkes das Treffen und das Zusammenspiel
mit anderen Musikern. Deshalb steht auch die kammermusikalische
Arbeit im Vordergrund der Arbeit. Auch die Organisation von Bandprojekten
und regelmäßigen Schüler- und Lehrerkonzerten sind
Aufgaben des Netzwerkes. Instrumente mit großer Schülerdichte
werden, nach vorheriger Absprache, von zwei Pädagogen angeboten.
Die Kooperation bietet Unterricht für Gitarre, Gesang, Klavier,
Blockflöte, Querflöte, Violoncello, MFE und Musikgarten,
Saxophon, Schlagzeug, E-Bass und Trompete an.
Die Vorteile des Netzwerkes bestehen in der Schaffung von Angeboten,
die im normalen Privatunterricht nicht möglich sind.
Dazu gehören die Veranstaltungen von Schülerkonzerten
sowie die Förderung des Zusammenspiels im Rahmen des Unterrichts.
Aufgrund loser Strukturen und fehlender Verwaltung besteht die tagtägliche
Arbeit nicht in der Bewältigung der Administration, dadurch
entstehen keine zusätzlichen Kosten, die auf den Unterrichtspreis
umgerechnet werden müssten. Folge davon ist ein preiswerter
und qualifizierter Musikunterricht. Aufgrund des hohen Ausbildungsstandes
der Mitglieder des Netzwerkes ist eine hohe Qualität des Unterrichts
gewährleistet. Für Schüler aus dem Rock- und Jazzbereich
besteht die Möglichkeit, zusätzlich zum Instrumentalunterricht
preisgünstigen Band- und Theorieunterricht zu belegen. Aber
wie sieht diese Kooperation von selbstständigen Musiklehrern
in der Praxis aus? Dies soll an folgenden Beispielen verdeutlicht
werden: Kammermusikalische Projekte werden beim „Musiklehrernetzwerk
Wiesbaden“ groß geschrieben und die Schüler gegenseitig
„ausgeliehen“. Das gemeinsame Musizieren bringt enorme
Motivationsschübe für die Schüler mit sich. Gern
gesehener Nebeneffekt ist natürlich das soziale Lernen, die
soziale Kompetenz und die sich entwickelnde Gruppendynamik. Daraus
entstanden mittlerweile einige feste Ensembles.
Im Popularbereich führt der E-Basslehrer Markus Hofmann regelmäßig
Bandworkshops durch. Über einen bestimmten Zeitraum erarbeiten
die Teilnehmer samstags diverse Hits aus Rock, Pop, Grunge und Jazz.
Gemeinsam ist man stärker – dies zeigt die tagtägliche
Arbeit des „Musiklehrernetzwerkes“ Wiesbaden. Das gemeinsame
Brainstorming hat den Vorteil, dass zu Themen, die jeden Musiklehrer
bewegen, eine Vielzahl von innovativen Ideen entwickelt werden kann.
Auch die organisatorische Arbeit wird auf mehrere Schultern verteilt.
Und letztlich steht durch die Zusammenarbeit und durch die Kooperation
mehr Geld für Werbezwecke zur Verfügung.
Des Weiteren wurde ein PR-Konzept zusammengestellt. Diese Konzeption
besteht aus einem Folder, der Entwurf eines gemeinsamen Logos sowie
die Erstellung einer Homepage, die, betreut vom Gitarristen David
Eggert, über laufende Projekte und aktuelle Angebote des Netzwerkes
Informationen zur Verfügung stellt.
Auch die Kunden haben aufgrund des Zusammenschlusses mehrerer Musikpädagogen
enorme Vorteile. Eltern von Musikschülern empfinden die Mitglieder
als kompetente Ansprechpartner und lernen sich bei verschiedenen
Veranstaltungen kennen. Die Transparenz und das Ausbildungsniveau
der Lehrer sind für die Eltern und Schüler erkennbar und
wirken sich auf die musikalischen Leistungen der Schüler sowie
auf deren Motivation aus. Alle anfallenden Kosten, wozu auch die
Anmietung von Räumen für Veranstaltungen und Anzeigengebühren
gehören, werden geteilt – und sind für jeden somit
erschwinglich.
Verträge schließen die Schüler mit den einzelnen
Lehrern direkt ab. Die Honorare bewegen sich zwischen 75 und 85
Euro monatlich für 45 Minuten Einzelunterricht. Das Jahreshonorar
setzt sich aus zwölf gleichen Raten zusammen und die Unterrichtszeit
orientiert sich an den hessischen Schulferien. Die Höhe des
Honorars hängt natürlich vom Markt und den ansonsten üblichen
Kosten für Musikunterricht ab.
Das „Musiklehrernetzwerk Wiesbaden“ hat es eindrucksvoll
gezeigt – aufgrund solcher Kooperationen können Vorteile
für selbstständige Musiklehrer und Schüler entstehen.
Aufgrund der zahlreichen Veranstaltungen und Konzerte hat ebenso
die Bevölkerung einen Nutzen, hat diese doch den Vorteil von
zahlreichen kulturellen und musikalischen Highlights profitieren
zu können.