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nmz-archiv
nmz 2004/03 | Seite 18
53. Jahrgang | März
Repertoire
Haydn-Konzerte
Schon die Bezeichnung „Klavierkonzerte“ verdient bei
Joseph Haydn eine nähere Erläuterung: Wir müssen
uns hierzu auf den Gebrauch des Begriffs „Klavier“ im
18. Jahrhundert besinnen: er steht für irgendein Tasteninstrument,
das sich im Rahmen eines Konzerts in jedem Fall gegen eine Handvoll
Streicher durchsetzen muss – wodurch das Clavichord schon
einmal entfällt. Doch auf der Orgel sind zumindest einige der
Konzerte durchaus spielbar und dann von den barocken Vorbildern
Händels nicht gar so weit entfernt.
Hier gerät der Hörer durch die Wahl des Instruments auf
eine falsche stilistische Fährte, denn das Cembalo, wie sich
durch Einspielungen etwa mit Ton Koopman (Philips) leicht nachprüfen
lässt, verortet die Musik sogleich im passenden, eher galanten
Umfeld. Nicht dass am Spiel der Österreichischen Kammersymphoniker
ernsthaft etwas auszusetzen wäre – nur hätte eben
eine echte Kammerbesetzung (zwei Geigen und ein Cello, am besten
mit Darmsaiten bespannt) dem Charakter gerade der auch als Divertimenti
geführten Concertini besser entsprochen. Der zart perlende
und, wo nötig, auch fester zupackende Anschlag Palumbos vermag
spontan zu gefallen.
Unter den in dieser Serie (in übrigens ausgezeichneter Klangtechnik)
eingespielten Kompositionen befindet sich auch ein von Haydn selbst
noch im Alter geschätztes Doppelkonzert mit Sologeige. Dass
er darüber hinaus ausgewachsene Violinkonzerte schrieb, ist
keineswegs allgemein bekannt, denn die Stücke in C und G erschienen
erst 1909 im Druck, während das in A-Dur gar bis 1949 verschwunden
blieb. Das gegen 1770 geschriebene C-Dur-Konzert wirkt am fortschrittlichsten
– schemenhaft zeichnet sich bereits die Sonatenform ab –
und scheint Mozarts Konzerten den Weg zu bahnen. Die beiden wohl
etwas früheren greifen auf italienische Vorbilder zurück.
Gemeinsam ist allen dreien gegenüber den für den Eigengebrauch
verfassten Cembalokonzerten die breitere Anlage sowie die virtuose
Behandlung des Soloparts: Ihr Widmungsträger war Luigi Tomasini,
Konzertmeister im Haydnschen Orchester. Der armenischen Geigerin
Sonig Tchakerian, die in der Neueinspielung für Arts nicht
nur die Solokadenzen beisteuert, sondern auch noch temperamentvoll
das Orchestra di Padova e del Veneto leitet, ist eine in allen Aspekten
ausgewogene Deutung gelungen – was umso mehr erfreut, als
gerade die weltberühmten Solisten um Haydns geigerisch dankbare
und musikalisch berückende Konzerte sträflich lange einen
Bogen machten.
Mátyás Kiss
Joseph Haydn: Sämtliche Klavierkonzerte Vol. 1–3;
Massimo Palumbo, Klavier; Österreichische Kammersymphoniker
Wien; Ltg.: Ernst Theis.
Arts 47629-2, 47630-2, 47631-2
Sämtliche Violinkonzerte; Orchestra di Padova e
di Veneto; Sonig Tchakerian, Violine und Leitung.
Arts 47611-2 (Vertrieb: Klassik Center)