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nmz-archiv
nmz 2004/03 | Seite 21
53. Jahrgang | März
Bücher
Ästhetische Erfahrungen prägen
Eine Neuerscheinung zur musikalischen Praxis in der Schule
Josef Kloppenburg: Pädagogische Musik als ästhetisches
Konzept. Neue Musik und musikalische Praxis in der Schule
(Forum Musikpädagogik Bd. 52), Augsburg, Wißner 2002,
284 S., € 25,00,
ISBN 3-89639-320-0
Der im „Forum Musikpädagogik“ erschienene Band
kann als ein „Muss” jedem musikerzieherisch Tätigen
empfohlen werden. Kloppenburg vermittelt gleichermaßen einen
historisch-sachlichen sowie einen außerordentlich informativen
Abriss zu reformpädagogischen Entwicklungen in Deutschland
für das Fachgebiet „Musik in der Schule“. Vor dem
explosiven gesellschaftspolitischen Hintergrund des ausgehenden
deutschen Kaiserreiches und der jungen Weimarer Republik entwirft
der Autor profund und instruktiv eine feinsinnige Skizze, die den
Weg zur Kestenbergreform verständlich macht. Kloppenburg stellt
den hohen theoretischen Anspruch dieser Reform heraus, die letztlich
an der Realität des Schulalltages und der politischen Verhältnisse
scheiterte. Anschaulich und in Bann ziehend gewichtet er zugleich
das Spannungsfeld zwischen Jugendmusikbewegung und Avantgarde der
20er und baut die Brücke bis in die jüngste Gegenwart,
indem er Schulmusikkonzepte von Eisler, Weill oder Hindemith bis
hin zu Cage und Schnebel erörtert.
Zusammenfassend kommt Kloppenburg zu dem Schluss, dass es ein zentrales
Anliegen im Musikunterricht sein muss, unter Einbeziehung der „musikalischen
Zeitgenossenschaft“ und praktischem Tätigsein ästhetische
Erfahrungen zu prägen. Dabei beruft er sich auf Hans Heinz
Stuckenschmidts bereits in den 1930er-Jahren formulierte Forderung:
„eine Generation durch aktives Musizieren zum Musikverständnis
heranzubilden und so ein Publikum zu schaffen, dessen Bedürfnisse
dem siechen Musikleben vielleicht einst auf die Beine helfen werden.“
Kloppenburgs Konzeption basiert darauf, über das Leichte
zum Verständnis für das Schwere zu gelangen, im Rahmen
von Schulmusikerziehung über leichte, neue Spielmusik instrumentale
und vokale Fertigkeiten auszubauen, soziale Kompetenz im Ensemblespiel
zu vermitteln und mittelbar ästhetischen Zugang zu zeitgenössischer
artifizieller Musik zu verschaffen. Er plädiert dafür,
an die Errungenschaften Neuer Musik anzuknüpfen.
Aufgrund der detaillierten und straffen Darstellungsweise kann die
vorliegende Arbeit schon als Kompendium für Entwicklungstendenzen
der Schulmusik und Musikästhetik im 20. Jahrhundert angesehen
werden. Trotzdem bleibt für den Leser neben der Fülle
interessanter Zusammenhänge genug Freiraum für eigene
konzeptionelle Überlegungen.