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nmz-archiv
nmz 2004/03 | Seite 23
53. Jahrgang | März
Rezensionen
Kurz vorgestellt
CDs
Paul Hindemith: Sonate für Bratsche op. 25/1, Bratschensonate
op. 11/4; Michaël Levinás: Les Lettres enlacées
II und IV; Gérard Caussé, Bratsche; Michaël
Levinás: Klavier; Quatuor Ludwig
æon AECD 0312 (Vertrieb harmonia mundi)
Der Komponist und Pianist Levinás ist ein ungewöhnlich
feinhöriger Musiker. Neue Harmonien, außerordentliche
melodische Führungen mit mikrointervallischen Ausleuchtungen
erzeugen ganz eigenes Licht. Die Gegenüberstellung zum jungen
Hindemith („Tonschönheit ist Nebensache“!) gibt
der CD eine stimmige, markante Zusatzfarbe.
Franz Schreker: Festwalzer; Fünf Lieder für tiefe
Stimme und Orchester; Zwei Rezitationsstücke; Hugo-Wolf-Bearbeitungen;
Mechthild Georg, Mezzosopran; Gert Westphal, Rezitation; WDR Rundfunkchor
und Rundfunkorchester, Peter Gülke
Capriccio 67063
Franz Schrekers ausufernde Klangsinnlichkeit, die stets auch
neuen musikalischen Gestaltungsmitteln nachspürte, wartet
auch heute noch mit Überraschungen auf. Hier ein von Peter
Gülke findig zusammengestelltes Spektrum abseits des Mainstreams
spätromantischer Orchestertechnik. Irritierend, verblüffend,
wuchernd, voller Leben.
Luigi Nono: Io, frammento da Prometeo; Das atmende Klarsein;
Robert Fabbriciani, Bassflöte; Ciro Scarpiano, Kontrabassklarinette;
Gesangsensemble, Solistenchor Freiburg. Leitung/Elektronik: André
Richard.
col legno WWE 2SACD 20600
Diese außergewöhnliche ”Super Audio CD“
wagt eine Annäherung an Luigi Nonos Raumklangakustik auf
höchstem qualitativem Level. Neues Erleben wandernder Klänge
und dynamischer Weiten. Nonos Musik ist in jeder Hinsicht (sinnlich,
ästhetisch, gesellschaftspolitisch, räumlich akustisch)
Herausforderung. Die visionären, den Mensch an die Götter
heranrückenden Taten des Prometeus, gespiegelt an Hölderlins
Schicksalslied (“Blindlings wie Wasser von Klippe zu Klippe
ins Ungewisse hinab”) werden zur klingenden Hoffnung in
der Ungewissheit. Neue Dimensionen, neue Räume des Musik-Hörens
über technische Medien werden angedacht. Das Rätsel
der Musik bleibt unangetastet.
Nicolaus A. Huber: First play Mozart; Gerald Eckert: Dem schweigenden
Antlitz; Bunita Marcus: Solo; Heinz Holliger: (t)air(e); Beatrix
Wagner, Flöten
Ambitus amb 96831
Die junge Flötistin Beatrix Wagner wagt Grenzgänge
zwischen unterschiedlichen Entwürfen, Instrumentalklang kühn
zu denken. Diese Innovationsfreude (es ist eine wirkliche, keine
Bundeskanzler-gemäße!) ist der CD an jeder Stelle anzuhören.
Mit „Positions“ ist sie überschrieben, das umreißt
auch ihren Charakter. Mutig, neugierig, versiert.
Elliott Carter: „What next“ – An opera in
one act; Asko Concerto; Gesangssolisten, Netherlands Chamber
Orchestra, Peter Eötvös
ECM 1817 (472 1882)
Der 95-jährige Elliott Carter bleibt kompositorisch immer
noch am Ball. Die einaktige Oper „What next“ wurde
im Jahr 2000 in Berlin uraufgeführt. Ein Autounfall steht
am Beginn der Handlung. Sechs Leute sind weitgehend unverletzt,
aber das Ereignis hat einen Schnitt in die privaten Lebensverläufe
und Terminkalender gemacht. Ein Stück über herausgerissene
Kommunikation beziehungsweise Nicht-Kommunikation. Ein Gesellschaftsquerschnitt
in nuce, präzise musikalisch formuliert, ausgesprochen dicht
interpretiert.