Die Dirty Americans live in München am 1. Juni 2004 im New
Backstage
Noch erntet man Achselzucken, wenn man den Namen „Dirty Americans“
erwähnt. Die Detroiter Rockband formierte sich gerade neu und
präsentierte im Juni das Material zur Platte „Strange
Generation“ live in Deutschland. Begleitet wurden sie von
der deutschen Vorband „The Traceelords“.
Myron ließ es krachen.
Foto: Ferchow
Quasi als Gegenveranstaltung zu den opulenten Festivals im Sommer
trafen sich in München zwei Bands und knapp 40 Konzertbesucher
im 120 qm² großen Club „New Backstage“. Konnten
„The Traceelords“ (stellten ihr Debutalbum „Refuse
To Kiss Ass“ vor) aus Hagen erst gegen Ende des Konzerts die
Zuschauer mit ihrem Punk- Rock ’n’ Roll überzeugen,
wobei sie die anfängliche Zurückhaltung des Publikums
humoristisch meisterten, gewannen die „Dirty Americans“
vom ersten Ton an den erlauchten Kreis der Zuhörer für
sich. Mit zirka 140 Dezibel jagten die Amerikaner durch ihr Programm,
ließen sich von der Unmenge kaum beeindrucken und spielten
wie vor 50.000 Zuschauern.
Sänger Myron, wahlweise mit Mikrofon oder Wodka-Flasche in
der Hand oder den Mittelfinger zeigend, überzeugte als Frontmann
mit Gesang und Gestik wie einst der junge Axl W. Rose. Sei es in
einfühlsamen Midtempo Rock-Nummern wie „Give it up“
und „Dead Man“ oder schreihalsigem Material wie „Car
Crash“. Dazu liefert Myron unübertroffene Showeinlagen,
klettert von der Galerie, die sich drei Meter über den Köpfen
der Besucher befindet, hinab ins Publikum, geht mit Wodka-Flasche
ins Publikum, um die letzten Zweifler zu überzeugen, dass es
sich um richtigen Alkohol handelt und verschwindet für Minuten
spurlos von der Bühne, um eine Band zu hinterlassen, die handwerklich
zum besten zählt, was in den letzten Jahren in Sachen Rock
’n’ Roll zu hören war. Gitarrist Jeff Piper weiß
eine Les Paul zu behandeln und spielt Soli mit solcher Herzergriffenheit,
dass man Slash fast vergessen möchte. Die Riffs hämmert
er in Songs wie „Burn you down“ oder „No Rest“
präzise an die Rhythmus- Verantwortlichen Pete Bever (Bass)
und Jeremiah Pilbeam (Drums) weiter. Jene legen dann das Fundament,
dass die weiblichen Zuseherinnen die mit Nietengürteln umschlungenen
Hüften kreisen und die männliche Fraktion die mit Cowboystiefeln
besohlten Füße lässig gen Boden stampfen lässt.
Was den „Dirty Americans“ noch fehlt, ist der Auftritt
im Vorprogramm prominenter Künstler, um einerseits Medieninteresse
zu wecken und andererseits mehr Leute zu erreichen. Denn ihre Mischungen
aus Reminiszenzen an gute Hard Rock Zeiten und alt ehrwürdige
Größen wie Jimmy Hendrix, Led Zeppelin oder The Who ist
Stadion tauglich und verdient breiteste Hörerschaft. So lässt
sich das Fazit der versammelten kleinsten Einheit an Konzertbesuchern
in München umschreiben. Ein schweißtreibender Abend mit
Rock ’n’ Roll, einem Freigetränk pro Eintrittskarte
und schlicht eine gute Zeit.