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nmz-news
nmz 2004/07 | Seite 2
53. Jahrgang | Juli/Aug.
Personalia
Personalia
Die neue musikzeitung hat ihre interaktiven Tätigkeiten ausgeweitet.
Mit dem Kulturinformationszentrum
stellen wir die engagierte Diskussion in das Zentrum der Aktivitäten
im Netz. An dieser Stelle können Fragen gestellt, Informationen
verbreitet und die Arbeiten anderer kultureller Initiativen zur
Darstellung gebracht werden.
Hindemith-Preis an Jörn Arnecke
Der 1973 in Hameln geborene Komponist Jörn Arnecke erhält
den mit 20.000,-Euro dotierten Paul-Hindemith-Preis 2004. Die Verleihung
findet im Rahmen eines Festkonzertes am 2. August (19 Uhr) im Reinbeker
Schloss statt. Die Laudatio hält der Chefdramaturg der Hamburgischen
Staatsoper, Christoph Becher. Eine Jury unter Vorsitz des Intendanten
des Schleswig-Holstein Musik Festival, Rolf Beck, hatte für
Arnecke als Gewinner des Preises votiert. Der Paul Hindemith-Preis
– einer der höchst dotierten Komponistenpreise –
wird von der Schweizer Hindemith-Stiftung und den Hamburger Stiftungen
Rudolf und Erika Koch-Stiftung, Walter und Käthe Busche-Stiftung
und Gerhard Trede Stiftung gestiftet.
Jörn Arnecke studierte Komposition und Musiktheorie bei Volkhardt
Preuß und Peter Michael Hamel an der Hochschule für Musik
und Theater Hamburg. 1997/98 war er einer der letzten Schüler
von Gérard Grisey am Pariser Conservatoire National Supérieur.
2003 komponierte er im Auftrag der Hamburgischen Staatsoper das
Musiktheater Das „Fest im Meer“, 2001 die Musiktheater-Szene
„Wir spielen Frieden“. Ein weiteres Auftragswerk der
Staatsoper wird am 8. April 2005 Premiere haben.
Gregorianischer Choral als Musik des 20. Jahrhunderts
Pionier der liturgischen Erneuerung: zum Tod von Luigi Agustoni
Am 31. März 2004 verschied im Alter von 87 Jahren in Orselina
oberhalb Locarno im Schweizer Kanton Tessin Prof. Dr. h. c. Luigi
Agustoni, Mitherausgeber der Beiträge zur Gregorianik (ConBrio
Verlagsgesellschaft), von 1979 bis 1999 Präsident der AISCGre,
seit 1999 Ehrenpräsident der Internationalen Gesellschaft für
Studien des Gregorianischen Chorals (Associazione Internationale
Studi di Canto Gregoriano – AISCGre). Den Lesern der BzG ist
Prof. Agustoni nicht nur als einer der Herausgeber von Anfang an
bekannt, sondern auch durch eigene wissenschaftliche Beiträge
(vgl. Hefte 1, 4, 13/14) und als Mitglied des Arbeitskreises ,,Vorschläge
zur Restitution von Melodien des Graduale Romanum“ seit Heft
21 sowie aus Beiträgen mehrerer Autoren zur Biographie, der
künstlerischen Persönlichkeit und dem Lebenswerk Agustonis
aus Anlass seines 75. beziehungsweise 80. Geburtstags (vgl. Hefte
12,24,25). In diesem Zusammenhang sei vor allem an das ausführliche
Lebensbild aus der Feder seines Bruders Gilberto Kardinal Agustoni
in Heft 25 der BzG erinnert, das sowohl den familiären Kontext
und den musikalisch-künstlerischen Werdegang als auch den Weg
des Priesters und Seelsorgers Luigi Agustoni sowie den des Pioniers
der liturgischen Erneuerung gleichermaßen feinsinnig wie liebevoll
nachzeichnet. In der Tat, das Leben und die Persönlichkeit
Luigi Agustonis lassen sich nicht nur auf seine Bedeutung als einer
der maßgeblichen Gregorianisten des 20. Jahrhunderts reduzieren.
Von ebenso großer Tragweite war sein Engagement in der liturgischen
Erneuerungsbewegung, sowohl für seine Heimatdiözese Lugano
als auch für die Gesamtkirche. Und nicht weniger segensreich
war sein Wirken für die Pfarrgemeinde Orselina, der er fast
ein halbes Jahrhundert als Seelsorger diente.
Weg von Kassel
Misst man den Erfolg eines Theaterintendanten daran, wie oft er
Schlagzeilen macht, dann war Christoph Nix überaus erfolgreich.
Der Chef des Kasseler Staatstheaters, der jetzt nach fünfjähriger
Amtszeit offiziell verabschiedet wurde, hat für Furore gesorgt
wie kaum einer seiner Kollegen sonst, ob in Kassel oder anderswo
in Deutschland. Immer wieder eckte der 49jährige an,
weil er mit seiner Meinung nicht hinter dem Berg hielt – ob
es nun um das von ihm geleitete Haus, um Kunst oder um Politik ging.
«Die politische Einmischung gehört seit Lessing zu den
Grundaufgaben eines Künstlers», lautet das Credo des
scheidenden Intendanten. Seine Bilanz nach fünf Spielzeiten
an der Spitze des Staatstheaters fällt selbstbewusst aus: «Es
ist nichts mehr so, wie es vorher war.» Als Nix 1999 antrat,
übernahm er ein überregional kaum beachtetes Haus mit
Schulden. Seinem Nachfolger Thomas Bockelmann, derzeit noch Generalintendant
der Städtischen Bühnen in Münster, wird er nicht
nur einen Überschuss in der Kasse übergeben, sondern auch
ein bundesweit renommiertes Theater. Vor allem zu Beginn seiner
Intendanz holte Nix viele junge Regisseure nach Nordhessen, deren
provokante Inszenierungen die Aufmerksamkeit des Feuilletons weckten.
Beim Kasseler Publikum stießen die Arbeiten von Sebastian
Baumgarten oder Armin Petras - mittlerweile zur ersten Reihe deutscher
Theaterleute gehörend - freilich oft auf Unverständnis.
In Nix’ Rückblick mischt sich daher auch so etwas wie
Groll: «Ich bin nach wie vor skeptisch, ob Kassel eine theaterfreundliche
Stadt ist oder nicht», sagt er. Nicht nur mit zurückgehenden
Besucherzahlen hatte Nix zwischenzeitlich zu kämpfen, sondern
sogar mit einer Bürgerinitiative, die eine Unterschriftenkampagne
gegen ihn startete und eine Verlängerung seines Vertrags über
fünf Jahre hinaus verhindern wollte. «Pseudo-Fortschritts-Theater»
und einen «monarchisch-autoritären Führungsstil»
warfen die Initiatoren dem Intendanten vor. Der wiederum konterte,
indem er von der «dümmlichen und provinziellen Intrige»
einer «Mafia» sprach.
Dass Stadt und Land sich im Mai 2002 tatsächlich
gegen eine Vertragsverlängerung entschieden, hatte wohl eher
mit den zahlreichen Konflikten zwischen Nix und seinen Dienstherren
sowie im Staatstheater selbst zu tun.
Mal äußerte sich der Intendant allzu kritisch
über den damaligen Theaterreferenten im hessischen Kunstministerium
und kassierte prompt eine Abmahnung, mal veröffentlichte er
eine lästerliche Abrechnung mit dem Berufsstand der Kulturdezernenten
und belastete damit das ohnehin angespannte Verhältnis zu Kassels
Kulturdezernenten Thomas-Erik Junge (CDU) weiter. Und als Hessens
Ministerpräsident Roland Koch (CDU) Schulkindern mehr Respekt
für die deutsche Fahne beibringen wollte, machte sich Nix in
einer Erklärung voll beißenden Spotts lustig.
Im Theater geriet Nix fast schon regelmäßig
mit seinem gleichrangigen Gegenüber, Generalmusikdirektor Roberto
Paternostro, aneinander. So vergiftet war das Klima, dass die beiden
zeitweise nur noch über ihre Anwälte miteinander kommunizierten.
Auch der jüngste Streit, der das Kasseler Staatstheater in
die Schlagzeilen brachte, hatte mit dem Orchester zu tun. Anfang
Juni spielte das Staatsorchester auf einer Betriebsversammlung von
Volkswagen in Baunatal und sollte dabei nach dem Willen von Intendant
und Betriebsrat auch die «Internationale», das klassische
Kampflied der Arbeiterbewegung, zum Besten geben.
Doch die Musiker weigerten sich. Die Komposition sei
«unter dem Niveau eines A-Orchesters», hieß es.
Zudem würden Instrumentalisten aus der ehemaligen DDR mit der
Melodie leidvolle Erfahrungen verbinden und den Einsatz deshalb
ablehnen. Erst nach viel Aufregung und einer Intervention aus dem
Ministerium einigte man sich auf einen Kompromiss und setzte statt
der «Internationalen» die französische Revolutions-
und Nationalhymne «Marseillaise» aufs Programm.
Wenn Christoph Nix nun Kassel verlässt, wird er
sich auch von der Welt des Theaters wenigstens für die nächsten
Jahre verabschieden. Seiner bunten Karriere fügt er wieder
einen neuen Beruf hinzu: Die Fachhochschule Neubrandenburg wählte
Nix, der bereits als Clown, Strafverteidiger, Schauspieler und Jura-Professor
gearbeitet hat, zu ihrem neuen Rektor. Seine vierjährige Amtszeit
an der FH für Agrarwirtschaft, Bauinformatik, Pflege- und Sozialwissenschaft
beginnt am 1.September 2004.
Regisseur Joachim Herz wurde achtzig
Auch im hohen Alter gönnt sich Joachim Herz keine Ruhe. An
seinem Ehrentag war er Gast einer Podiumsdiskussion über Opernregie
in Mannheim. Noch immer ist er viel auf Vortragsreisen und als Gastprofessor
unterwegs, ob in Japan, den USA, in Wien oder Salzburg. Der gebürtige
Dresdner lebt seit 1982, als er zum Chefregisseur an die Sächsische
Staatsoper berufen wurde, wieder in der Elbestadt. In den drei großen
ostdeutschen Musikmetropolen Berlin, Dresden und Leipzig und darüber
hinaus weltweit hat Herz seine Spuren hinterlassen. In Biografien
der DDR-Zeit wurde meist unterschlagen, dass Herz von 1956 bis 1959
an der Kölner Oper tätig war, zuletzt als Oberspielleiter.
Eine der Herz-Inszenierungen steht seit 26 Jahren auf dem Spielplan,
an der Welsh Opera in England: „Madam Butterfly“ von
Puccini. Leipzig holte ihn nach der Wende noch einmal: Ligetis „Le
Grand Macabre“. Eine wichtige Uraufführung war 1978 „Das
Land Bum-Bum“ von Georg Katzer mit dem Text von Rainer Kirsch,
gleichnishaftes Abbild eines Überwachungsstaates. Sympathie
brachte das Herz, der nie Parteimitglied war, bei den DDR-Oberen
nicht ein, die ihn bald darauf in seinem Amt an der Komischen Oper
fallen ließen. kk
IMC-Unesco-Musikpreis geht an Youssou N’Dour
Der senegalesische Sänger Youssou N’Dour erhält
den IMC-Unesco-Musikpreis 2003/2004. Die Auszeichnung wird am 28.
Oktober im Aachener Rathaus übergeben. Youssou N’Dour,
Jahrgang 1959, begann seine Karriere als Sänger und Songautor
1974 bei der „Star Band“. 1979 gründete er das
Ensemble „Etoile de Dakar“. In Deutschland wurde Youssou
N’Dour vor allem mit zwei Duetten bekannt: „Shakin‘
The Tree“ mit Peter Gabriel und „7 Seconds“ mit
Neneh Cherry.
Hans Tutschku von Weimar nach Boston
Der Weimarer Komponist Hans Tutschku unterrichtet ab September an
der Harvard University in Boston. Der Thüringer ist als Professor
für Komposition und Leiter des Studios für elektronische
Musik an die Elite-Universität berufen worden, wie das Ensemble
für Intuitive Musik in Weimar mitteilte. Damit wirke erstmals
ein Thüringer an der renommierten Einrichtung. Der 1966 geborene
Tutschku studierte in Dresden, Den Haag und Paris Komposition und
ist Preisträger zahlreicher internationaler Wettbewerbe.
Christof Prick nach Nürnberg
Christof Prick wird neuer Chefdirigent am Staatstheater Nürnberg.
Der Nürnberger Stadtrat ernannte den 57-Jährigen zum Nachfolger
von Philippe Auguin. Die Ernennung erfolgte in Übereinstimmung
mit dem bayerischen Kunstministerium. Der Freistaat finanziert das
Nürnberger Staatstheater künftig zur Hälfte. Christof
Prick war bereits Generalmusikdirektor in Karlsruhe und Hannover.
Sein neues Amt soll er im September 2005 antreten.
Jazz-Geschichte: Barney Kessel und Steve Lacy
Sie haben die Geschichte ihres jeweiligen Instrumentes umgeschrieben,
als wegweisende, modernste Solisten zu einem bestimmten Zeitpunkt
der Jazzentwicklung: So wurden Barney Kessel (17.10.1923–6.5.2004)
in den 40-er Jahren als ideale Bebop-Synthese aus Charlie Christian
und Charlie Parker, Steve Lacy (23.7.1934–4.6.2004) in den
50er-Jahren als fast einziger moderner Sopranist zum selbstverständlichen
Ausgangspunkt kommender Generationen. mw
Gedenkkonzert für Boris Pergamenschikow
Das Kammermusikfestival der Kronberg Academy, das vom 11. bis 20.
Juni 2004 in Kronberg im Taunus stattfand, wurde mit einem Gedenkkonzert
für Boris Pergamenschikow eröffnet. Der Cellist war Ende
April 2004 unerwartet in Berlin im Alter von fünfundfünfzig
Jahren gestorben (nmz 6/ 2004 Seite 2). Im Gedenken an den Verstorbenen
spielten (unser Bild von links) Gidon Kremer, die Pianistin Elena
Bashkirova, Christian Tetzlaff, Tabea Zimmermann und Tatjana Vasssilieva
das Klavierquintett von Alfred Schnittke. Der Komponist Krzystof
Meyer hatte zum Anlass ein Epitaphium für drei Violoncelli
und Klavier geschrieben: eine bewegende Trauermusik von großer
Ausdruckskraft. Werke von Brahms, Schostakowitsch und Georghe Motatu
Steuer komplettierten das Gedenkkonzert, dessen Erlös einem
Fonds zum Aufbau des „Boris Pergamenschikow Stipendiums”
zufließt. Aus dem Fonds sollen begabte junge Cellisten unterstützt
werden. Foto: Charlotte Oswald
Exquisit und modern
Der Intendant des Lucerne Festival, Michael Haefliger, hat seinen
Vertrag bis zum 31. Dezember 2009 (mit der Option für zwei
weitere Jahre) verlängert. Inhaltliches Anliegen sei ihm, erklärte
Haefliger, sowohl die weitere Konsolidierung des exquisiten Lucerne
Festival Orchestra unter der Leitung von Claudio Abbado, als auch
die Etablierung der einzigartigen und mit Sommer 2004 erstmals präsentierten
Plattform Lucerne Festival Academy für weltweit handverlesene
junge Musiker, die sich unter der Leitung von Pierre Boulez mit
der Moderne und neuester Musik auseinandersetzen.