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nmz-archiv
nmz 2004/07 | Seite 10
53. Jahrgang | Juli/Aug.
Cluster
Experten
Haben sie schon einmal versucht, Musik von Helmut Lachenmann aus
dem Internet zu laden? Internet haben sie nicht? Sie Glücklicher.
Andernfalls: Probieren sie mal. „Dal niente, al niente“,
sag ich nur, Null Komma nufftig. Dagegen findet man immerhin einiges
von Iannis Xenakis oder John Cage. Ist eigentlich nicht so schlimm,
weil die Sache mit dem Internet ist in der Regel sowieso verboten.
Verbieten macht eben mehr Spaß als zulassen und ist auch spannender.
Da haben die deutschen Phonoverbände jetzt die ersten drei
Prozesse durchgefochten, von wegen unerlaubten Angeboten im Internet.
Die Bilanz: Es traf einen 23-jährigen Azubi aus Cottbus, einen
56-jährigen Netzwerktechniker aus Nürnberg und einen 57-jährigen
Realschullehrer aus dem Raum Stuttgart, der in „seinem Beruf
offenbar nicht völlig ausgelastet“ sei (Zitat Pressemeldung
der deutschen Phonoverbände). Den Lehrer kosten die von ihm
angebotenen 2.000 Titel jetzt 10.000 Euro. Also fünf Euro pro
Datei (ja, „Datei“ oder „File“ sagt man,
auch wenn’s bekloppt klingt). Da ist der noch mal gut weggekommen,
wenn man die Preise für legale Downloads mit eingeschränkten
Nutzungsmöglichkeiten zum Vergleich heranzieht. Das legale
Beziehen von Musik übers Netz gilt nämlich als des Pudels
Kern und des Rätsels Lösung.
Also nix wie ran beziehungsweise rein und „Lachenmann“
(das ist der Komponist, der den GEMA-Vorstandsvorsitzenden Reinhold
Kreile „eigentlich“ doch kennt) im frischen deutschen
iTunes-Store gesucht: Nüscht, und dazu die höfliche Nachfrage,
ob man nicht „Bachmann“ gemeint habe. Neuer Versuch
und Moritz „Eggert“ (kennt jeder nmz-Leser)
suchen: Wieder nüscht, aber die liebevolle Nachfrage, ob man
nicht „Expert“ gemeint habe. Aha, danke für den
freundlichen Hinweis, suche ich mir also erst einmal einen Experten.
Letzter Versuch „Xenakis“ (das ist der, der auch mit
Computerunterstützung Musik komponiert hat): Erfolg! Da gibt’s
tatsächlich eine CD mit dem Titel „Kraanerg“, 41
Einzelteile von 19 Sekunden bis etwa fünf Minuten jeweils zum
Preis von 99 US-Cents. Ein unschlagbares Angebot, ja nachgerade
fast geschenkt. Ich nehme dann die Teile 3 und 36, und bitte als
Geschenk einpacken, denn die will ich dem Lachenmann zum Geburtstag
schenken. Wie, der hat gar kein Internet? Glücklicher.