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nmz-archiv
nmz 2004/07 | Seite 14
53. Jahrgang | Juli/Aug.
Kulturpolitik
Künstler aus aller Welt zu Gast in Deutschland
Das Berliner Künstlerprogramm des DAAD
Gegründet 1963 von der Ford-Foundation als Artists-in-Residence-Programm
und 1964 vom DAAD übernommen, liest sich die Liste der Stipendiaten
wie das „Who is Who“ der Künste. Im Bereich Musik
waren Cage, Feldman, Kurtág, Ligeti, Nono, Yun und viele
mehr Gäste des Künstlerprogramms in Berlin. Aus aller
Welt bewerben sich Komponisten um die „Berlin-Stipendien“.
Mit Nele Hertling, Grande Dame der West-Berliner Kulturpolitik und
seit 2003 Direktorin des Berliner Künstlerprogramms, sprach
Kathrin Hauser-Schmolck.
Nele Hertling amtiert seit
2003 als Direktorin des Berliner Künstlerprogramms
des Deutschen Akademischen Austauschdienst (DAAD). Foto:
Tania Hertling
nmz: Welche Rolle spielt das Berliner Künstlerprogramm
heute? Wie präsent ist es in der Berliner Kultur? Nele Hertling: Seit der Wende geriet es ein bisschen unter
die sich verändernde Oberfläche und verlor an Sichtbarkeit
in der Stadt. Vor allem natürlich dadurch, dass Berlin sehr
viel mehr Veranstalter hat, ein verändertes Publikumsverhalten
und neue Formen der Präsentation in Hülle und Fülle.
Der Glanz kommt heute von anderen Seiten und er kommt von selbst.
Aber letztendlich hat man sich dann doch entschieden, das Künstlerprogramm
zu behalten, wozu sicher auch beitrug, dass viele Künstler
während ihrer Zeit hier ihre große internationale Bedeutung
gewannen und Ruhm und Ehre auch auf das Künstlerprogramm lenken.
nmz: Nach 25 Jahren Akademie der Künste und 15 Jahren
Intendanz des Hebbel-Theaters sind Sie jetzt Direktorin des Künstlerprogramms.
Sie machen das ehrenamtlich? Hertling: Ja. Ich bin, glaube ich, ein Testfall. Es ist wohl
wirklich der Versuch, das Künstlerprogramm im Sinne von Glanz
und Sichtbarkeit ein bisschen hochzuziehen, ohne gleich eine Stelle
einzurichten. Deswegen wurde ich gefragt, weil ich eine Fülle
von Kontakten mitbringe.
nmz: Was sind Ihre Ziele? Hertling: Einer meiner ersten Wünsche war es, die Jurys
ein bisschen schneller und gravierender umzugestalten. Am Anfang
war die Konstanz sehr wichtig. Die Juroren waren gleichzeitig aufgefordert,
über ihre eigenen Institutionen den Künstlern den Weg
in die Realität Berlins zu öffnen, also waren immer Redakteure
der Sender oder Veranstalter dabei. Das ist mehr und mehr weggefallen,
weil die Szene breiter wurde. Je internationaler die Jury, desto
breiter der Horizont. Wir machen keine Kulturpolitik und auch kein
Intendantenprogramm, sondern wir sind davon abhängig, gute
Juroren zu haben. Nur dadurch kann eine hohe Qualität der Auswahl
garantiert sein. Mein Ziel ist auch, das Programm als Ganzes wieder
stärker zu bewerben. Wichtig sind außerdem die Kontakte
zu Institutionen, zu Stiftungen, zu Botschaften – das hilft,
das Programm wieder bekannter zu machen und ihm eine größere
Arbeitsfähigkeit durch Kooperationsangebote zu verschaffen.
nmz: Wie sehen Sie denn die Perspektiven des Berliner Künstlerprogramms?
Hertling: Ich glaube nicht, dass das Künstlerprogramm
im Moment in akuter Gefahr ist, es gerät jedoch in massive
planerische Schwierigkeiten. Die Zukunft der kulturellen Außenpolitik
insgesamt allerdings sehe ich mit Sorge. DAAD und auch das Künstlerprogramm
hängen am Auswärtigen Amt und damit an der Entwicklung
der kulturellen Außenpolitik, die ich unverständlich
finde: dass in einem Moment, wo Europa nun zusammenwachsen soll,
auswärtige Kulturpolitik so beschränkt wird.
nmz: Laden die Berliner Orchester die gleichen Komponisten
ein wie das Künstlerprogramm? Macht Ihnen die Konkurrenz in
Berlin zu schaffen? Hertling: Ich sehe das Künstlerprogramm eher als hilfreichen
Partner für andere Institutionen, die sich über unsere
Kurzeinladungen auch mal einen Künstler wünschen können.
Daneben gibt es ja die Wiedereinladungen und die Jahresstipendien.
Und es ist für viele eine große Chance, ein ganzes Jahr
einen Komponisten hier in Berlin zu haben. Insofern haben wir eigentlich
das glückliche Gefühl, nicht in einer konkurrierenden
Situation zu sein. Nur bei der Geldbeschaffung sind wir Konkurrenten,
aber nicht in der täglichen Arbeit. Das ist sehr angenehm.