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nmz-archiv
nmz 2004/07 | Seite 26
53. Jahrgang | Juli/Aug.
Musikwirtschaft
Wenn der potenzielle Arbeitgeber klingelt…
Selbstmanagement für Musiker, Teil 8: geschickter und gewinnbringender
Umgang mit dem Telefon
Ich kenne kaum einen selbstständigen Musiker, der in meinen
Seminaren nicht irgendwann einmal den flehenden Wunsch geäußert
hätte, ich möge doch erklären, wie man eine Agentur
findet, die möglichst viele Konzerte zu möglichst einträglichen
Konditionen vereinbart. Hinter diesem Wunsch steckt meistens eine
tiefsitzende Angst vor dem Telefon. Diese Musiker verschicken großzügig
E-Mails und Bewerbungsmappen, aber gegen telefonisches Nachfassen
empfinden sie eine aus vielen Frusterlebnissen hervorgegangene schier
unüberwindliche Abneigung. Erfolgreiches Telefonieren können
Sie genauso einfach lernen wie ein Zweit- oder Drittinstrument,
allerdings mit dem Unterschied, dass Ihnen das Telefonieren in geschäftlicher
Hinsicht meistens erheblich mehr nützt.
In Ihrem Büro klingelt das Telefon. Vielleicht ist es ein
Konzertveranstalter, der sich für ein prestigeträchtiges
Konzert nach Ihren Konditionen erkundigen will, vielleicht sind
es auch die Eltern eines Musikschülers, die Frust bei Ihnen
abladen wollen. Entwickeln Sie für jeden Gesprächstyp
die gleiche positive Grundhaltung, denn jedes Gespräch bringt
Ihnen wichtige Informationen über Ihre Kunden. Begrüßen
Sie den Gesprächsteilnehmer mit einem freundlichen „Guten
Morgen, Elke Schubel“ oder „Guten Tag, Selbstmanagement
für Musiker, Sie sprechen mit Albert Weckert“. Mit dieser
Gesprächseröffnung verfolgen Sie zwei Absichten: Erstens
hinterlassen Sie durch Ihre Begrüßung beim Anrufer einen
ersten positiven Eindruck, zweitens vermittelt Ihr Vorname eine
persönliche Note, drittens wird Ihr Nachname durch die Vorrede
gut gehört.
Nach Ihrer Begrüßung wird sich Ihr Gesprächspartner
vorstellen und sein Anliegen vortragen. Nehmen Sie Stift und Zettel
zur Hand und notieren Sie als erste Maßnahme den Namen Ihres
Gegenübers. Sprechen Sie Ihren Gesprächspartner im weiteren
Verlauf regelmäßig namentlich an, denn kaum ein Wort
hört der Mensch so gerne wie seinen eigenen Namen! Notieren
Sie im weiteren Erzählverlauf das Anliegen Ihres Gegenübers
und stellen Sie gezielt Verständnisfragen. Die meisten Anrufer
hören sich gerne selbst reden und offenbaren dabei unfreiwillig
wichtige Informationen über die dem Anruf zu Grunde liegende
Motivation.
Übung Nr. 1: Legen Sie auf Ihrem Schreibtisch einen Formularblock
für eingehende Gespräche bereit und schaffen Sie einen
(permanent verfügbaren) Kugelschreiber mit Metallkette an.
Schreiben Sie sich für den Anfang einen Merkzettel mit Ihrer
Standardbegrüßung nach obenstehendem Muster. Empfangen
Sie die nächsten Gespräche mit vollständiger Begrüßung,
notieren Sie die Gesprächsdetails und vergegenwärtigen
Sie sich nach einer Woche die bereits eingetretenen Erfolge!
Beim Telefonieren ist die Einstellung zu Ihrem Gegenüber
für den Erfolg absolut ausschlaggebend. Wer ungern telefonisch
Geschäfte macht, strahlt dies leider automatisch deutlich aus.
Lassen Sie das Telefon also bei eingehenden Gesprächen zunächst
dreimal klingeln. Der Anrufer schließt daraus, dass Sie eine
vielbeschäftigte Person sind. Sie selbst legen in dieser Zeit
Ihre Arbeit nieder, sammeln sich und setzen ein fröhliches
Gesicht auf.
Rein theoretisch kann jeder Anrufer etwas unterschiedliches von
Ihnen wollen. Im Alltag der Berufspraxis geht es allerdings häufig
um artverwandte Themen und in vielen Gesprächen verfolgen Sie
sogar die gleichen feststehenden Ziele. Wenn Sie eine Tour für
Ihr Ensemble buchen, verkaufen Sie jedem Anrufer eine nahezu identische
Performance. Wenn Sie für neue Musikschüler werben, verkaufen
Sie den Anrufern Varianten eines feststehenden didaktischen Systems.
Fixieren Sie Ihre Ziele deshalb vorab in allen Details und Varianten
schriftlich. Sobald Sie das Telefon bei eingehenden Anrufen abheben
und den Grund des Anrufs erfahren, nehmen Sie sich den entsprechenden
Gesprächsleitfaden („Herbsttournee“, „Gruppenunterricht“
et cetera) zur Hand und beginnen mit einer souveränen und freundlichen
Gesprächsführung.
Mit fast identischen Grundsätzen arbeiten Sie beim aktiven
Telefonverkauf, also wenn Sie selbst anrufen und den Grund Ihres
Anrufs benennen. Für das Buchen Ihrer Herbsttournee
verwenden Sie beispielsweise die Checkliste „Herbsttournee“.
Auf diese Checkliste gehören viele Dinge, die Ihre Leistung
beschreiben: die Besetzung Ihres Ensembles oder Ihrer Band, Ihre
Gagenvorstellung, Ihr Repertoire und Highlights Ihrer Performance.
Die Checkliste soll auch Argumente enthalten, die dem Veranstal-ter
das Engagement kaufmännisch schmackhaft machen. Wenn Sie wohlwollende
Pressestimmen gesammelt haben, sollten Sie passende Zitate daraus
hervorheben und eine Reihe ausverkaufter Konzerte können Sie
mit Ortsangabe und Datum jederzeit ins Spiel bringen. Wenn Sie von
bekannten Fachleuten gelobt oder sogar empfohlen werden, gehört
auch dies unbedingt auf Ihre Checkliste. Für den Veranstalter
sind dieserart Anhaltspunkte wesentlich aussagekräftiger als
Details Ihrer Dienstleistung oder Ihres Produkts.
Übung Nr. 2: Verfassen Sie eine Checkliste, die explizit alle
Einzelheiten beinhaltet, auf die Sie im Gesprächsverlauf beim
Verkauf einer Dienstleistung oder eines Produkts gegebenenfalls
zurückgreifen müssen. Notieren Sie sowohl inhaltliche
Details, wie auch Erfolgsbeispiele und Referenzen.
Wer am Telefon Erfolge ernten will, muss zunächst wissen,
dass sich der Kunde niemals für ein Produkt oder eine Dienstleistung
interessiert, sondern nur für den Nutzen des Produkts oder
der Dienstleistung. Wenn Sie beispielsweise einen Labelchef von
den Vorzügen Ihrer Atmungstechnik zu überzeugen versuchen,
wird er Sie höchstens als Fachidiot belächeln. Benennen
Sie demselben Manager die Zuschauermassen, die wegen der ungeheuren
Klangfülle zu Ihren Konzerten strömen, wird er Ihnen schnellstmöglich
einen unterzeichneten Scheck vor die Nase halten.
Der lesens- und hörenswerte Verkaufstrainer Umberto Saxer
nennt in seinen Trainings fünf wichtige Grundbedürfnisse
von Kunden, auf die Sie Ihr Angebot ausrichten können: Profit,
Sicherheit, Komfort, Ansehen und Freude. Ich illustriere die Unterschiede
an einem weiteren Beipiel: Ein Geschäftsmann kann einen Startenor
engagieren, weil dieser ihm die Halle füllt und hohe Umsätze
aus Kartenverkäufen erzielt, oder weil er im Glanz der Diva
auf einer Firmenveranstaltung den Kollegen imponieren will, oder
weil er seiner Gattin zum 60. Geburtstag eine außergewöhnliche
Freude bereiten will, oder... Wenn Sie zukünftig das ausschlaggebende
Grundbedürfnis Ihres Gesprächspartners erkennen und den
Nutzen Ihrer Dienstleistung oder Ihres Produkts zur unterschwelligen
Befriedigung genau dieses Grundbedürfnisses untermauern können,
ist Ihnen der Erfolg am Telefon sicher.
Ein alltäglicher und wichtiger Spezialfall ist dann gegeben,
wenn Sie beim aktiven Telefonverkauf (wie der Anbahnung eines Plattenvertrags)
nicht beim verantwortlichen Manager, sondern in der Zentrale oder
dem Vorzimmer landen. Auch auf diese Situation sollten Sie vorbereitet
sein! Fragen Sie in der Zentrale nach den genauen Zuständigkeiten
und nach Vor- und Zunamen Ihrer gewünschten Gesprächspartner:
„Würden Sie mir einen Gefallen tun? Wer ist bei Ihnen
für das Ressort Kammermusik zuständig? Ich möchte
die betreffende Person gerne richtig ansprechen. Würden Sie
mir bitte Vor- und Zunamen nennen?“ Im Sekretariat wenden
Sie Ihre Vorinformationen gekonnt an: „Frau Mayer aus der
Telefonzentrale hat mich zu Ihnen durchgestellt. Ich hätte
gerne Frau Birgit Greber (Beispiel) gesprochen.“ Der Bezug
auf die Telefonistin Mayer schafft Vertrauen, der vollständige
Name der Chefin („Birgit Greber“) beschleunigt das Durchstellen.
Entgegnet Ihnen die Sekretärin trotzdem mit Nachfragen, reagieren
Sie auf keinen Fall unwirsch oder unsicher! Machen Sie die Sekretärin
zu Ihrer Verbündeten, indem Sie den Nutzen Ihres Anrufs (ähnlich
wie gegenüber der eigentlichen Adressatin Birgit Greber) vermitteln.
Klingen Sie überzeugend, dann wird der gewünschte Kontakt
mit Sicherheit zustande kommen.
Vom ersten Anruf (Zentrale) bis hin zum finalen Gespräch
(Geschäftsführerin) kommt es immer wieder zu Situationen,
in denen das Gespräch stockt, weil die Gegenseite Einwände
äußert. Sind die Einwände immer real?
Oft sind es Vorwände, die als Wand vor die wirklichen Gründe
geschoben werden. Die Unterscheidung zwischen Ein- und Vorwänden
ist die wichtigste Kunst beim Verhandeln und wird deshalb ausführlich
im nächsten Kapitel dieser Serie gesondert thematisiert. An
dieser Stelle möchte ich als Vorgriff auf das Kapitel „Verhandeln“
bereits auf folgenden Zusammenhang hinweisen: Argumentieren Sie
niemals gegen Vorwände an, sondern prüfen Sie stets mit
einer Kontrollfrage, ob es sich um Vor- oder Einwände handelt:
„Wenn ich diese und jene Bedingung erfülle, würden
Sie mich dann nehmen?“. Wenn der Gesprächspartner jetzt
mit „Nein“ antwortet, fragen Sie nach den wirklichen
Gründen und kehren Sie niemals zu den Vorwänden zurück.