[an error occurred while processing this directive]
nmz-archiv
nmz 2004/07 | Seite 42
53. Jahrgang | Juli/Aug.
Rezensionen
Große Oper zu kleinen Preisen
„Brilliant Classics“ und Arthaus mit günstigen
DVD-Reihen
Der Strom von DVD-Video-Opernaufnahmen schwillt an, aber ihre Preise
liegen meist über 25 Euro. Nun wirft „Brilliant Classics“–
das Billigpreis-Label aus dem Hause Joan Records, das mit hochkarätigen
Musik-CDs manche Etablierte das Fürchten lehrt [1] –
auch Opernmitschnitte auf DVD-Silberscheiben für weniger als
zehn Euro auf den Markt. Bis Ende 2004 sind insgesamt 50 Titel geplant.
Über die ersten vier werbewirksam an den Anfang gestellten
Silberscheiben lässt sich berichten.
Alle vier Mitschnitte aus den Neunziger-Jahren – wahlweise
in Zwei-Kanal-Stereo, DTS oder 5.1-Surround – stammen aus
Italien: drei – nämlich Glucks „Orfeo & Euridice“,
Verdis, „Nabucco“ und „Aida“ – aus
dem Teatro San Carlo di Napoli, der vierte, Strauss‘ „Rosenkavalier“,
aus dem Massimo Teatro di Palermo. Es sind konventionelle und aufwendige
Inszenierungen mit herrlichen Kostümen und opulenten Aufbauten,
imposanten Massenszenen, großartigen Chören, durchweg
sehr guten Sängern und in ordentlicher Aufnahmetechnik. Von
den Mitwirkenden kenne ich nur wenige – bei den Sängern
etwa ist Bruson ein großartiger Nabucco, Désirée
Rancatore eine beeindruckende Sophie im „Rosenkavalier“
und die Gluck-Oper dirigiert Gustav Kuhn.
Es verwundert nicht, dass den Italienern die beiden Verdi-Opern
und auch der Gluck-Orpheus – mit Ballettszenen und hübschen
Regieeinfällen – überzeugend gut gelingen; aber
das musikalisch, sängerisch, darstellerisch und als prunkvolle
Inszenierung hohe Niveau des „sizilianischen“ Rosenkavaliers
in (vor allem bei den Männerstimmen auch meist verständlicher)
deutscher Sprache überrascht dann doch sehr angenehm: Für
jede deutsche Bühne wäre eine solche Aufführung eine
Attraktion!
Der Nachteil des kleinen Preises: kein Libretto, nur kurze Angaben
zum Operngeschehen, keine Untertitel, keine Sonderspuren zur Entstehung
der Aufnahme, über die Mitwirkenden oder die Spielstätten.
Nur die Nummern der Partitur lassen sich aufrufen, die wenig aussagen.
Aber das mag kein wesentlicher Mangel sein für den, der sich
an den großen Gefühlen und Leidenschaften des prallen
Opernlebens mit seinen Erniedrigungen, Triumphen, Entsagungen und
Belohnungen in einer traditionell inszenierten attraktiven Aufführung
dieser bekannten Opern „im Heimkino“ einfach nur erfreuen
will – das Libretto sollte er jedoch schon gut kennen…
Eine Konkurrenz zu diesen sparsam ausgestatteten Silberscheiben
könnten die von Arthaus gerade angekündigten neuen Billigpreis-DVDs
mit Opern- und Konzertmitschnitten für weniger als 20 Euro
werden; denn Arthaus hält Untertitel und ausführlichere
allgemeine Informationen bereit und präsentiert mit den ersten
Veröffentlichungen eindrucksvolle Aufführungen –
so als erste Veröffentlichungen von Mozart aus Glyndebourne
eine „Così“ mit Prit-chard und eine „Zauberflöte“
mit Haitink am Pult.
Diether Steppuhn
1 siehe Besprechungen in nmz 10/02 S. 20, 5/03 S. 18, 9/04 S. 18,
5/04 S. 40.