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nmz-archiv
nmz 2004/12 | Seite 48
53. Jahrgang | Dez./Jan.
Kulturpolitik
Übers Ziel hinaus geschossen
Am 22. November 2004 führte die Enquete-Kommission des Deutschen
Bundestags „Kultur in Deutschland“ eine öffentliche
Anhörung zur wirtschaftlichen und sozialen Lage der Künstler
und Publizisten durch. Im Mittelpunkt der Anhörung stand die
soziale Sicherung der in der Künstlersozialkasse versicherten
Künstler und Publizisten.
Als die Anhörung noch vor der Parlamentarischen Sommerpause
geplant wurde, hätte wohl keiner der Beteiligten gedacht, welche
Brisanz das Thema haben sollte. Ging es bei den ersten Planungen
noch darum, zu überlegen, wie die Alterssicherung der Versicherten
verbessert werden könnte, schien nach der Ankündigung
der Anhörung für die Presse, die Künstlersozialkasse
selbst auf dem Prüfstand zu stehen. So ist in der Pressemitteilung
der Enquete-Kommission nachzulesen, dass der Fortbestand der Künstlersozialkasse
in Gefahr sei und die Frage wird gestellt, ob die Künstlersozialkasse
überhaupt erhalten werden könne. Damit wurde eindeutig
über das Ziel hinaus geschossen und die Vorsitzende der Enquete-Kommission
Gitta Connemann, MdB versicherte bei der Eröffnung der öffentlichen
Anhörung auch eilfertigst, dass von den Abgeordneten niemand
die Künstlersozialversicherung abschaffen wolle. Dieses war
auch erforderlich, denn ver.di hatte zwischenzeitlich die Mitglieder
seiner künstlerischen Fachgruppen mobilisiert, auf die Abgeordneten-Mitglieder
der Enquete-Kommission Druck zu machen und ihnen per E-Mail die
Bedeutung der Künstlersozialversicherung zu verdeutlichen.
Mit dieser vorherigen Panikmache bei den Mitgliedern wurde ebenfalls
über das Ziel hinaus geschossen.
Die angehörten Experten der Abgabepflichtigen, Christian
Sprang vom Börsenverein des deutschen Buchhandels und Jens
Michow vom Bundesverband der Veranstaltungswirtschaft, machten klar,
dass sie als Verwerter die Künstlersozialversicherung nicht
in Frage stellen. Vielmehr geht es darum, alle Verwerter tatsächlich
zur Zahlung heranzuziehen, um so die Abgabelast erträglich
zu halten.
Also viel Wind um nichts? Leider nicht. Sorge muss der stetige
Zuwachs an Versicherten in der Künstlersozialversicherung machen,
der zumindest zum Teil auf die Veränderungen im Arbeitsmarkt
Kultur zurückzuführen ist. Ebenso muss Sorge machen, dass
es nach zwanzig Jahren des Bestehens der Künstlersozialversicherung
immer noch große Lücken bei der Erfassung der Verwerter
bestehen und auch im Kultur- und Medienbereich einige Verwerter
versuchen ihrer Abgabepflicht zu entkommen. Diesen Sorgen muss sich
gestellt und Konzepte zu einer Stärkung der Künstlersozialversicherung
entwickelt werden. Panikmache ist nur schädlich.