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nmz-archiv
nmz 2004/12 | Seite 13
53. Jahrgang | Dez./Jan.
Kulturpolitik
Schöne Scheine
Kultursponsoring und Unternehmensstrategie
„Kultursponsoring zwischen gesellschaftlichem Engagement
und Marketingstrategie“ war das Thema des zweiten Kongresses
des Arbeitskreis Kultursponsoring (AKS) in Berlin. Die Einladung
dazu hatte großen Widerhall gefunden: Der Franz-von-Mendelssohn-Saal
im Haus der Deutschen Wirtschaft platzte aus allen Nähten.
Einige Dutzend Besucher fanden keinen Sitzplatz mehr. Ein Kommentar
eines Kongressteilnehmers ohne Sitz: „Vier Kulturschaffende
auf einen potentiellen Sponsor“. Ein Blick auf die Teilnehmerliste
relativierte den ersten Eindruck: Auch bei den Geldgebern aus der
Wirtschaft bestand großes Interesse daran, mehr darüber
zu erfahren, welche Sponsoring-Konzepte heute erfolgreich sind und
welchen Nutzen Firmen aus ihrem kulturellen Engagement ziehen können.
Workshop II befasste sich
mit Kultursponsoring und Medien (v.l.n.r.): Emilio Galli-Zugaro
(Allianz-Kulturstiftung), Theo Geißler (neue musikzeitung),
Felicitas von Brevern (kfw Bankengruppe), Hans Werner Kilz
(Süddeutsche Zeitung), Manuela Rousseau (Moderatorin/Beiersdorf
AG), Ernst Elitz (Deutschland Radio), Barbara Steiner (Galerie
für Zeitgenössische Kunst, Leipzig) und Andreas
Schreitmüller (ARTE). Foto: AKS
Karin Heyl, Geschäftsführerin des AKS berichtete: „Während
die Werbeetats sinken, nehmen die Ausgaben für Kultur zu“.
Zwei Studien, die auf dem Kongress vorgestellt wurden, sollten unternehmerisches
Mäzenatentum und Sponsoring legitimieren. Im Auftrag des AKS
hatte Professor Manfred Schwaiger von der Ludwig-Maximilians-Universität
München „Chancen und Wirkungen des Kultursponsoring aus
Unternehmenssicht“ untersucht. Martin C. Wittig von der Unternehmungsberatung
Roland Berger stellte die Ergebnisse einer Studie über Kultur
förderdernde Unternehmen vor, die seine Firma gemeinsam mit
dem Schweizerischen Institut für Kunstwissenschaft durchgeführt
hatte.
Die Münchner Studie stellte die Wirkung des Sponsoring auf
die Öffentlichkeit, die Mitarbeiter und die Kunden ins Zentrum.
Schwaiger konnte eine hohe Akzeptanz und Aufmerksamkeitswirkung
des Kultursponsoring nachweisen, sowie eine Wirkung von Sponsoringaktivitäten
auf Kunden in den Bereichen Vertrauen und Kundenbindung. Zwar werde
nur ein Teil der Firmenmitarbeiter durch Sponsoring-Aktivitäten
erreicht, von diesen aber besonders die engagierten Mitarbeiter
und Führungskräfte. In der Rangfolge kommt das Kultursponsoring
nach dem Sozio-Sponsoring und vor dem Sportsponsoring.
Während unter der Gesamtbelegschaft das Kultursponsoring
neben Wissenschaftlichem Sponsoring und Sportsponsoring zu den Kürzungs-
und Sparmöglichkeiten gezählt wurde, rangierte es bei
Führungskräften weiter oben. Noch stärker als die
Wissenschaftler von der Ludwig-Maximilians Universität zielten
die Untersuchungen von Roland Berger und dem Schweizerischen Institut
für Kunstwissenschaft auf den Nutzen der Betriebsausgabe Kultur.
„Auf welchen unternehmerischen Zielen und Motiven basieren
die Kulturaktivitäten der Wirtschaft?“ war hier die Fragestellung.
Wittig hielt fest, dass kulturengagierte Unternehmen ihre Aktivitäten
vor allem „auf Grund ihres gesellschaftlichen Verantwortungsbewusstseins
durchführen.“ Aber letztlich ließe sich der Bogen
von der gesellschaftlichen Verantwortung wiederum zum gesellschaftlichen
Nutzen für das Unternehmen spannen. „Entscheidend für
die Entstehung eines solchen betriebswirtschaftlichen Vorteils ist“,
sagte Wittig – und damit kam er zu einem ähnlichen Ergebnis
wie die Münchner, – „dass es den Unternehmen durch
ein strategisch abgestimmtes Kulturengagement und eine zielgruppenspezifische
Kommunikation gelingt, ein differenziertes Profil in den Augen ihrer
Kunden, ihrer Mitarbeiter und der Öffentlichkeit zu gewinnen.“
Der Kuchen, auf dessen Stücke die Kulturschaffenden hoffen,
ist gar nicht so groß, wie einen der Andrang zum Kongress
vermuten lassen könnte. 400 Millionen Euro werden pro Jahr
von der deutschen Wirtschaft für Sponsoring aufgebracht, darin
eingerechnet das weniger praktizierte Mäzenatentum. Dem stehen
rund sechs Milliarden staatlicher Kulturausgaben gegenüber,
oder auch ein Posten von 30 Milliarden Euro, den die Wirtschaft
für Produktwerbung ausgibt.
Vier kompetent besetzte Workshops beschäftigten sich mit
Themen wie: „Unternehmen als Partner von Kulturinstitutionen“,
„Kultursponsoring und Medien“ „Kultursponsoring
und kommunale Kooperation“ und „Erfolgreiches Kultursponsoring“.
An dieser Stelle einige Anmerkungen zum Workshop Medien. Schnell
hatte sich hier herauskristallisiert, dass Vorurteile gegen Sponsoring
noch immer bei allen Beteiligten bestehen: Von Seiten der Medien,
der Unternehmen und der Künstler. Darf man den Namen des Sponsors
in der Kritik nennen? Will sich der Sponsor gar ins Werk einmischen?
Und: „Als Sponsor fällt man hinten runter“, fasste
Felicitas von Breveren, Leiterin Kultursponsoring der KFB-Bankengruppe,
ihre Erfahrungen zusammen.
Ein Debatte übers Feuilleton entspannte sich: Ernst Elitz,
Intendant Deutschlandradio, nannte das deutsche Feuilleton „vorsintflutlich“.
Heute müsste die Hälfte der Feuilletonstrecke der Kulturpolitik
und der Musikwirtschaft gewidmet sein. Werner Kilz, Chefredakteur
der Süddeutschen Zeitung, befürchtete, dass wenn dem so
sei, ihm seine „letzten Feuilletonleser“ weglaufen würden.
Auf der anderen Seite habe er kein Problem damit, wenn ein Rezensent
auch den Namen des Sponsors erwähne. Welches Konfliktpotenzial
in Verlags- und Redaktionstätigkeit liegen, machte er mit einer
Anekdote um die russische Sopranistin Anne Netrebko deutlich. Auf
einer Redaktionskonferenz bat er seine Feuilletonmitarbeiter um
eine kritische Würdigung des kometenhaften Aufstiegs und der
Vermarktung des jungen Gesangswunders anlässlich des Open-Air-Konzertes
am Königsplatz in München. Und er erhielt die Antwort,
der SZ-Verlag sei Mitveranstalter dieses Events. „Dennoch“,
so Kilz, „wird dieser Artikel eines Tages erscheinen“.
Auch Theo Geißler konstatierte Bewegung im Musikjournalismus.
„Er habe in den vergangenen 15 Jahren viele journalistische
Berührungsängste gegenüber Sponsoren abgebaut.“
Heute bestehe ein unerfülltes Bedürfnis, nicht nur das
künstlerische Resultat zu rezensieren, sondern auch die Entstehung
von Veranstaltung inklusive Sponsoring zu kommunizieren. Leider
fehle den Journalisten häufig das Handwerkszeug, um die Bedingungen
der Entstehung, also das „wie“ eines Konzertabends,
einer Opernuraufführung angemessen darzustellen.
Wie unsicher und althergebracht die Redaktionen aus der Sicht der
Industrie noch heute mit dem Thema Sponsoring umgehen, zeigten Zitate
aus einer Umfrage, die Emilio Gall-Zugaro, Mitglied im Stiftungsrat
der Allianz Kulturstiftung, unter Journalisten hatte machen lassen.
Als eine seiner zentralen Aufgabe nennt der AKS „den Dialog
zwischen allen Beteiligten in Gang bringen“. Im Workshop Medien
war dieser Dialog tatsächlich in Gang gekommen – und
mit diesem zweiten Kongress des AKS ist dieser Anspruch auch im
größeren Rahmen eingelöst worden.