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nmz-archiv
nmz 2005/02 | Seite 46
54. Jahrgang | Februar
Oper & Konzert
Gelungener Brückenschlag
Erstes Festival Neuer Musik in Mecklenburg-Vorpommern
Es irrt, wer Mecklenburg-Vorpommern für lediglich touristisch
attraktiv hält. Schon lange ist das Land zwischen Müritz,
Oder und Ostsee auch ein Mekka für diejenigen, die im Ambiente
allerdings wirklich einmalig schöner Landschaft Musik in höchster
Qualität und Reichhaltigkeit erleben möchten. Spezifik
und Repräsentanz der Angebote lassen dabei kaum an die Probleme
territorialer Randlage denken, an dünne Besiedlung und wirtschaftliche
Schwäche eines weitläufigen Flächenlandes. Es sind
dies allerdings Fakten, die spätestens dann gewichtig werden,
wenn es um Neue Musik geht. Natürlich hat auch sie hier eine
Basis; die aber ist schmal, wenngleich nicht ohne solide Perspektive.
Sie bezieht sich auf recht bescheidene Anteile im Rahmen der allgemeinen
Konzert- und Theaterpraxis, hat aber im Hinblick auf nun längerfristige
Projekte der Zusammenarbeit von Komponistenverband, Philharmonischen
Orchestern, der Hochschule für Musik und Theater Rostock, Spezialensembles
für Neue Musik, musikalischen Laienverbänden, Musikschulen
und Schulen deutlich an Profil gewonnen. Peter Manfred Wolf, Professor
für Komposition und Musiktheorie an der Rostocker Hochschule
sowie überaus engagierter Vorsitzender des Landesverbandes
Mecklenburg-Vorpommern des Deutschen Komponistenverbandes, hat wohl
dennoch nicht geringe Risikobereitschaft bewiesen, als er den nächsten
Schritt wagte und gemeinsam mit dem Musikverein Mecklenburg-Vorpommern
erstmals ein mehrtägiges Festival für Neue Musik organisierte.
Unter dem Titel „Brücken“ fand es vom 2. bis 6.
November 2004 in Schwerin und Rostock statt und wurde – es
sei vorweggenommen – ein voller, ermutigender Erfolg.
Geschuldet war er einem Konzept, das sich in hohem Maße kommunikativ
und bei aller Eigenständigkeit der Angebote verbindlich gab,
also tatsächlich Brücken baute. Dafür sprachen sowohl
zwei Konzerte für Schüler mit – weitgehend –
Kompositionen aus Mecklenburg-Vorpommern und ein ganztägiger
Workshop „Neue Spieltechniken“ für Studierende
der HMT Rostock (mit dem ensemble recherche Freiburg) als auch ein
Round Table zur Neuen Musik mit den Komponisten Nicolaus A. Huber
(Essen), Peter Manfred Wolf (Rostock) und Birger Petersen (Greifswald,
der Musikpädagogin Renate Kafurke (Rostock) und dem Musikwissenschaftler
Ekkehard Ochs (Greifswald). Ansonsten bestimmten so anspruchsvoll
wie anziehend konzipierte Konzerte das Programm, zumeist als Komplexe:
Komponisten aus Mecklenburg-Vorpommern – der Verband hat 22
Mitglieder, von denen immerhin 11 zu Wort kamen –, ein Porträtkonzert
des auch sonst vielfach vertretenen „composers in residence“
Nicolaus A. Huber, italienische und französische Moderne sowie
„Musik und Bild“. Unmöglich, hier die mehr als
30 Werke von 24 Komponisten einzeln zu erwähnen. Nur so viel:
gewährleistet war zwischen etablierter Moderne (Hindemith,
Messiaen, Boulez) und noch tintenfrischer Novität die ganze
Vielfalt zeitgenössischer Ausdrucksmöglichkeiten –
bis hin zur Aktionskunst. Mithin geriet das Ganze zur nahezu flächendeckenden
Präsentation kompositorischer Möglichkeiten – und
zum Nachweis ihrer ja oft genug in Frage gestellten Ausdrucksqualitäten.
Dabei ging es durchaus kontrovers zu: hier etwa Hubers, Wolfs oder
Hölszkys durchstrukturiertes Denken, dort die so unorthodoxe
wie fesselnde Expressivität der italienischen und französischen
Beiträge, wobei die landesverbandseigenen Kompositionen sowohl
die „Mitte“ hielten als auch „ganz vorn“
rangierten.