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nmz-archiv
nmz 2005/02 | Seite 38
54. Jahrgang | Februar
Rezensionen
Kurz vorgestellt
Hits & Clips
Annett Louisan
„Das Spiel“
Zunächst ist alles nur „süß“: Die
Sängerin: klein, blond, nicht dünn, großer blauer
Unschulds-Augenaufschlag, zart gehauchter Gesang; das Arrangement
des Liedes wie ein Chanson, ein liebes gezupftes Gitarrenthema,
später Mandoline, selbstverständlich begleitet vom Standbass,
markant die Refrainabschlusszeile „Ich will doch nur spielen,
ich tu doch nichts“. Dann allerdings stellt sich heraus,
dass hier die leichtlebige Mätresse gerade den emotional
überwältigten Lover abstößt: „Dass
du alles schmeißt wegen einer Nacht, und alles verlierst,
war so nicht gedacht.“ Ein amüsanter doppelter Boden
im Klischee, und wieviele Falltüren eingebaut sind, ist gar
nicht sicher. Denn Annett Louisan wälzt sich im Videoclip
dermaßen balzend durch die Laken, dass ihr „Ich tu
doch nichts“ geradezu bösartig anmutet. Dafür
gibt es noch einen Pluspunkt mehr.
Scala & Kolacny Brothers
„Schrei nach Liebe“
Mag sein, dass es öde ist, ein ganzes Album lang Rock- und
Pophits in der Version eines belgischen Mädchenchors zu hören.
Doch mitten im Charts-Gewühl ist dessen Version des an sich
schon entzückenden Ärzte-Liedes, das gewalttätige
Springerstiefel-Kids entlarvt, eine Offenbarung. Im Vergleich
zum Vorbild in den Siebzigern, dem kanadischen Langley School
Music Project, ist der Reiz gar größer, weil das Scala
Projekt, nicht zuletzt im Video, dem selbstverständlichen
Spott des Originals seine Ernsthaftigkeit entgegenhält. In
diesem Kontext funktioniert der schönste Witz des Liedes
sogar noch besser – wenn am Ende die Besserwisser-Position
selbst konterkariert wird: „Du hast nie gelernt, Dich artizukulieheren…“.