nmz 2005/02 | Seite 28
54. Jahrgang | Februar
Verband Bayerischer
Sing- und Musikschulen
„19.4“ bietet Plattform für Musikschulen
Ein Interview mit der Redakteurin Susanne Antonia Prinz
Wenn es um die Kommunikation zwischen klassischer Musik und Jugendlichen
geht, gibt es seit jeher Vorurteile. So vermuten einige, Jugend
und Klassik, das passe nicht zusammen. Das Jugendmagazin „19.4“
im Programm von Bayern 4 Klassik hat vor mehr als einem Jahr begonnen,
diesem Vorurteil eine Tatsache entgegenzusetzen: Junge Leute hören
vor allem kreuz und quer, man muss ihnen nur eine Brücke bauen.
Deshalb holt das Magazin die Jugendlichen wöchentlich für
eine Stunde dort ab, wo sie sind. Nämlich auf der vermeintlich
anderen Seite der Klassik, der sogenannten „Leichten Musik“
und führt sie in eine ganzheitliche Musikwelt, in der Klassik
ein Bereich davon ist. Das Team von „19.4“ hat eingefahrene
Rituale der theoretischen Klassikvermittlung über Bord geworfen.
Über die Sendung und die Zusammenarbeit mit Musikschulen hat
der VBSM mit der „19.4“-Redakteurin Susanne Antonia
Prinz gesprochen.
VBSM: Ist klassische Musik Jugendlichen schwer zu vermitteln? Prinz: Kommt drauf an, was man unter „vermitteln“
versteht. Abstrakte Vermittlung in wenigen Musikstunden in der Schule
funktioniert offensichtlich inzwischen sehr schlecht. Wir nehmen
die Klassik so, wie die meisten Menschen sie auch hören, nämlich
im Zusammenhang mit der gesamten Musik dieser Welt. Für manchen
mag das eine komische Mischung ergeben, für uns aber ist das
ein neuer Weg mit jungen Menschen zu kommunizieren. Viele Erwachsene
können sich schon lange nicht mehr verständlich machen
und weitergeben, was sie an klassischer Musik schön finden.
Sie verhindern dies sogar, weil sie meinen, klassische Musik gehört
in den Konzertsaal und kann mit theoretischem Wissen begriffen werden.
Das mag so sein, aber keiner hat so angefangen – das haben
viele offensichtlich vergessen. Die Kommunikation zwischen Erwachsenen
und Jugendlichen ist diesbezüglich schon lange abgebrochen.
Wir versuchen, sie mit unserem Magazin wieder aufzunehmen.
VBSM: Dafür sind Sie im vergangenen Jahr mit dem Förderpreis
„Inventio“ des Deutschen Musikrates und der Stiftung
„100 Jahre Yamaha“ ausgezeichnet worden. Da so ein Format,
klassische Stücke mit aktuellen Stücken der Jugendkultur
zu mixen und junge Musiker in die Sendung einzubeziehen, in der
Rundfunklandschaft sonst nicht zu finden ist. Wie läuft eine
„19.4“-Sendung genau ab? Prinz: Nehmen wir zum Beispiel die Sendung zum Thema „Cello“
Ende Januar. Den aktuellen Anlass für diese Sendung gibt die
Cellistin Jacqueline du Prés, die im Januar ihren 60. Geburtstag
feiern würde. Ins Studio laden wir einen Cellisten ein, der
aus Russland stammt und russische Popmusik mitbringt. Wir stellen
Cellomusik aus dem Popbereich und andere Cello-Konzertstücke
vor. Eines erklärt sich aus dem anderen. Einmal hat eine gesamte
Schulklasse eine Sendung konzipiert und sie im Live-Chat begleitet.
Zwei Schüler blieben im Studio und erklärten, warum sie
welche Musikstücke ausgewählt hatten. Im vergangenen Herbst
stellten wir eine Sendereihe unter das Motto „Blechinstrumente“.
Zu Gast war unter anderem das Blechbläserensemble der Städtischen
Musikschule Dingolfing.
VBSM: Wie bekommen Sie die jungen Musiker in ihre Sendung? Prinz: Das ist der springende Punkt: Wie kommt das „19.4“-Team
möglichst schnell und effektiv an die junge Musik-Szene? Wir
telefonieren seit eineinhalb Jahren mit Musikhochschulen, Konservatorien,
Musikschulleitern und Musiklehrern. Im Studio waren sehr viele Musikschüler
und gesamte Schulklassen, die musiziert haben, aber die Sendung
spricht sich nur langsam herum. Mühsam hangeln wir uns von
Ast zu Ast. Unser Problem ist, dass „19.4“ offensichtlich
bislang nicht als Forum verstanden wird, in dem man junge Musiker
kennenlernen kann, die demnächst vielleicht bekannt werden;
in dem Musik in einer irrsinnigen Mischung zu hören ist, die
es nirgendwo sonst gibt; und wohin Musiklehrer ihre besten Schüler
schicken können.
VBSM: Dann starten wir hiermit gemeinsam einen Aufruf an
die bayerischen Musikschulen, sich bei Ihnen zu melden. Prinz: Sehr gerne. Willkommen sind junge Leute zwischen 16
und 24 Jahren, die offen für klassische Musik sind. Sie können
ihr Lieblingswerk mitbringen, etwas über ihr Instrument erzählen,
über ihren Umgang mit klassischer Musik berichten oder ihre
Band oder Ensemble vorstellen. Und wenn sie musikalisch etwas drauf
haben – um so besser. Einfach ein Demoband einschicken. Das
kann klassische Musik genauso wie HipHop, Jazz oder Rap sein. Viele
Bands spielen Heavy Metal und hören trotzdem gerne Bach. Dann
lade ich sie ein und frage, warum sie Bach lieben und Heavy Metal
spielen. Also bitte, liebe Musikschulen, ruft bei Frau Prinz an!
VBSM: Wie ist der zeitliche Ablauf? Prinz: Unsere Programm-Planung hat einen Vorlauf von sechs
Wochen. Da die Sendung wie ein lebendiges Wesen ist, müssen
wir oftmals auch kurzfristig agieren. Da ist es gut, Ensembles und
Solisten zu kennen, die wir spontan ins Studio holen können.
VBSM: Die meisten Musikschulen haben in ihrer Jahresplanung
Projekte und Konzerte... Prinz: …und wissen deshalb von vorneherein, was sie
wann, wo und warum veranstalten werden. Viele Musikschullehrer unterrichten
Schüler, die bei Wettbewerben teilnehmen oder Konzerte spielen
werden. Das alles können wir frühzeitig gemeinsam besprechen.
Heben Sie das Telefon und kündigen Sie ihre Vorhaben an. Ich
werde in 99 Prozent aller Fälle zuerst einmal „Ja“
sagen.
Da wir zeigen wollen, wie lebendig die junge Klassikszene ist, bieten
wir unseren Zuhörern auch Szene-Tipps. Darin nehmen wir gerne
tolle Musikschul-Konzerte auf. Rufen Sie einfach an, sagen Sie,
was sie haben und fragen Sie mich, wie wir zusammenkommen können.
Ich bin der Meinung, je besser man sich kennt, desto mehr Ideen
hat man.
VBSM: Können Sie den Musikschulen ein Beispiel geben? Prinz: Vor kurzem habe ich den Musikschulleiter in Augsburg
angerufen, der mir über sieben Ecken empfohlen wurde. Er erzählte
mir, dass seine Musikschule in diesem Jahr 100. Geburtstag feiert.
Mir ist eingefallen, dass wir einen Mozart-Tag durchführen
werden und Vater Mozart aus Augsburg stammt. Daraufhin haben wir
ein gemeinsames Konzert vereinbart, das wir am 1. Mai senden werden.
VBSM: Musikschulen, die Lust haben mit „19.4“
ein Live-Konzert zu veranstalten, können sich auch melden? Prinz: Ja, natürlich. Mit Live-Events erreichen wir
die Jugendlichen am besten. Schließlich ist Musik ein sinnliches
Erlebnis. Das kann die Radiosendung allein nicht bieten. Ich würde
mir sehr wünschen, viele Live-Konzerte mit jungen Musikern
für ein großes, junges Publikum organisieren zu können.
VBSM: Die „KlassiXmiX-Party“ 2004 war ein solches
Live-Event-Highlight? Prinz: Die Party in dieser Form gab es bislang nirgends.
Fast 3.000 junge Menschen feierten in den Studios und im Garten
des BR-Funkhauses. Auf sieben Bühnen spielten rund 40 Ensembles,
Laien, Newcomer, junge Studenten – von Renaissance bis Rap.
Die Musiker waren im Durchschnitt 18 Jahre alt. Das junge Publikum
kam aus den verschiedensten Schulen.
VBSM: Wird es 2005 auch wieder eine „KlassiXmiX-Party“
geben? Prinz: Ja, am 20. Juli.
VBSM: Dann lassen Sie uns die bayerischen Musikschulen
dazu aufrufen, am 20. Juli nach München zur „KlassiXmiX-Party“
zu fahren. Prinz: Alle Musikschulen können schon jetzt Karten bestellen.
Feiert mit uns das Ende des Schuljahres, verbringt einen Projekttag
bei uns und hört gute Musik! Ensembles, die live auftreten
wollen, können sich auch bewerben. Bei den einzelnen Bühnenacts
legen wir allerdings hohen Wert auf die musikalische Qualität.
Standard sind Jungstudenten und Preisträger.
VBSM: „19.4“ bietet jungen Musikern eine echte
Plattform. Dessen sollten sich Musikschullehrer, -leiter und
-schüler ab sofort bewusst sein. Prinz: Wir nehmen unsere Zielgruppe, die Jugendlichen, sehr
ernst. Sicher müssen wir noch viel lernen, um mit ihnen richtig
zu kommunizieren. Aber wir sind auf ihrer Spur. Deshalb wollen wir
so viel wie möglich mit ihnen zusammensein, damit wir wissen,
wie es geht.
Interview: Susanne Lehnfeld
„19.4“ sucht junge Musiker
Bayern 4 Klassik hat mit dem Jugendmagazin „19.4“
ein Forum für 16- bis 24-Jährige geschaffen, in dem
es junge, begeisterungsfähige Musiker und Musikfans jeglicher
Couleur zusammenbringt, vom jugendlichen Rapper über den
Pop- und Rockfan bis hin zum Klassik-Kenner.
Gespielt werden gute Musikstücke von Renaissance bis HipHop,
von CD oder live aus dem Studio von den jungen Musikern selbst.
Die Studiogäste sprechen über ihre Liebe zur Musik und
ihre Begeisterung für die verschiedensten Musikstile.
Die Themen der Sendungen sind so unterschiedlich wie ihre Gäste:
Nina Hagen im Köchelverzeichnis, Blinde Musiker in München,
Skater in der Oper oder Comedy mit Akkordeon.
Das Jugendmagazin geht auf Tour, organisiert die „KlassiXmiX-Party“
zum Schuljahresende und sucht für seine Sendungen immer wieder
Jugendliche, die bei „19.4“ dabei sein wollen, die
ihr Instrument gut spielen und Vieles über klassische Musik
zu erzählen haben. Das Magazin ist jeweils sonntags um 19.04
Uhr auf Sendung.
Nähere Informationen sind in der VBSM-Geschäftsstelle
erhältlich, Tel. 0881/927 95 44.