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nmz-archiv
nmz 2005/04 | Seite 40
54. Jahrgang | April
Oper & Konzert
Besessene Opfer ihrer Leidenschaft
Concours des Grands Amateurs de Piano in Paris
Was haben ein französischer Physiker, eine japanische Psychiaterin,
ein italienischer Anwalt und eine kanadische Schriftstellerin gemeinsam?
Sie alle teilen eine große Leidenschaft für das Klavierspielen
und die Liebe zur klassischen Musik. Leute wie sie pilgern seit
1989 alljährlich nach Paris, um am internationalen Wettbewerb
„Concours des Grands Amateurs de Piano“ teilzunehmen
und andere begeisterte Amateurpianisten an ihrem Können teilhaben
zu lassen.
Man trifft dort Menschen, die geradezu besessen sind von ihrem
Instrument und voller Stolz berichten, wie es zu schaffen ist, nach
einem vollen Arbeitstag noch an die sechs Stunden Klavier zu üben;
ja, aus ihren Augen sprühen noch Eifer und Freude, die so manchem
Profipianisten wohl schon lange verlorengegangen sind. Andere kommen
nur als Zuhörer zum großen Finale in den Salle Gaveau
und sind froh, dass sie sich dieses Mal noch nicht getraut haben
mitzumachen, weil sie feststellen müssen, dass die kleine Mittagsmusik
mit den Kollegen im Krankenhaus doch nicht reicht, um mit dem hohen
Niveau der Konkurrenz mitzuhalten. Ganz so „professionell“
ist es wohl in den Anfängen des Wettbewerbs noch nicht zugegangen
– damals, als der Wirtschafsprofessor und Hobby-Pianist Gérard
Békerman das Unternehmen ins Leben rief. Nun fand der Wettbewerb
Ende Januar schon zum 16. Mal statt und lockt immer mehr Teilnehmer
und Publikum aus der ganzen Welt in die berühmtesten Konzertsäle
von Paris. Mehr als 80 Kandidaten aus über 20 Ländern
zeigten heuer wieder eine enorme musikalische Leistung. Zwar gibt
es leider offiziell keine Pflichtstücke, aber an Bach kommt
so gut wie keiner vorbei und auch die übrige Wahl beschränkt
sich auf einige weitere Komponisten, mit deren Stücken man
das eigene Können einfach am besten unter Beweis stellen kann.
Das Publikum geht mit, ist stets von neuem hingerissen und buht
(ganz in französischer Manier) die Jury kräftig aus, wenn
die Sieger nicht die „Richtigen“ sind und es „Verlierer“,
also Letztplatzierte geben muss. Aber selbst das Gremium aus prominenten
Persönlichkeiten der Pariser Musikszene und internationalen
Journalisten, darunter die nmz, unterlag der Qual der Wahl und so
gab es zu guter Letzt zwei erste Plätze: Ye Feng, Student aus
China, und Thierry Goldwasser, ein junger Ingenieur aus Frankreich.