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nmz-news
nmz 2005/04 | Seite 2
54. Jahrgang | April
Personalia
Personalia
Die neue musikzeitung hat ihre interaktiven Tätigkeiten ausgeweitet.
Mit dem Kulturinformationszentrum
stellen wir die engagierte Diskussion in das Zentrum der Aktivitäten
im Netz. An dieser Stelle können Fragen gestellt, Informationen
verbreitet und die Arbeiten anderer kultureller Initiativen zur
Darstellung gebracht werden.
Artur Schnabel – der Komponist
Artur Schnabel erlangte als Pianist Berühmtheit durch seine
innovativen Interpretationen. Doch war er nicht nur ein „Virtuose“
– er war auch Pädagoge und Komponist. Als Komponist ist
Schnabel bis dato relativ unbekannt. Dem Berliner Symposium der
Akademie der Künste zum 50. Todestag ist es zu verdanken, dass
viele Werke des jüdischen Emigranten erstmals in Deutschland
wieder erklingen konnten. Komponieren, so sagt Schnabel selbst,
dient ihm primär zur Aufrechterhaltung seines „musikalischen
Gleichgewichts“. Nach Liedern und Klavierstücken wird
die Stilwende zum reifen Werk 1914 im Notturno deutlich. 1915 entstand
das Klavierquintett, ein weiterer Schritt zur großen Instrumentalform:
die Emanzipation vom Klavier geschieht dabei auf mehreren Ebenen,
Schnabel komponiert Kammermusik für Streichinstrumente und
zieht sich Anfang der 20er-Jahre aus dem europäischen Konzertleben
zurück. Bis zur Emigration entstanden unter anderem vier Streichquartette,
die Sonaten für Violine solo, für Cello solo, die Klaviersonate,
das Streichtrio. Im Alter von 50 Jahren wollte er sich eigentlich
vom Konzertleben zurückziehen, doch ließ die Emigration
dies finanziell nicht zu. 1932 begannen langjährige Aufnahmen
in London, unter anderem die Einspielung des Beethoven-Zyklus, die
ihn weltberühmt machen sollte. In seinem letzten Lebensjahrzehnt
in Amerika schränkte er seine pianistische Tätigkeit ein
und widmete sich mehreren großen Orchesterkompositionen: zwei
weiteren Symphonien und der Rhapsody for Orchestra, und er schrieb
ein weiteres (das fünfte) Streichquartett in einer reduzierteren,
knapperen Musiksprache sowie sein einziges Klaviertrio. Nur ein
Bruchteil seiner Werke ließ er zu Lebzeiten veröffentlichen
– derzeit dringen sie langsam in die Konzertsäle. Peermusic
Classical gibt nun in Zusammenarbeit mit der Schnabel Music Foundation
die Werke Artur Schnabels heraus. Vieles davon wird als Erstveröffentlichung
erscheinen.
Harald Banter 75
Unermüdlich und vielseitig musikalisch tätig ist Harald
Banter, der am 16. März seinen 75. Geburtstag feierte: Als
Rundfunkmacher ebenso wie als Musiker, als Komponist, Pädagoge
und Kulturpolitiker. Als solcher war er 35 Jahre lang Aufsichtsratsmitglied
der GEMA und ist nach wie vor Mitglied des Vorstands des Deutschen
Komponistenverbandes. Schon als Kind musikalisch geprägt absolvierte
Banter zunächst eine Ausbildung zum Tonmeister, bevor er 1950
zum damaligen NWDR nach Köln ging. Die Gründung eines
eigenen Ensembles, der späteren Media Band, ließ nicht
lange auf sich warten. Die Big Band spielte viele Jahre eine wichtige
Rolle im deutschen Jazz-Leben. Als Komponist widmet Banter sich
dem Jazz, aber auch der ernsten Musik. Einer seiner kreativen Höhepunkte
war die Oper „Der blaue Vogel“, die 1998 in Hagen uraufgeführt
wurde. Seine Autobiografie „Ton-Folgen“ ist 2002 im
ConBrio Verlag erschienen.
Scheuch-Vötterle geehrt
Die Gesellschaft für Musikforschung zeichnete Barbara Scheuch-Vötterle,
die Verlegerin des Bärenreiter-Verlages, am 15. Februar 2005
mit der Ehrenmitgliedschaft aus, die für besondere Verdienste
um die Musikwissenschaft verliehen wird. Damit erhält erstmals
eine Persönlichkeit diese Auszeichnung, die nicht aus der Musikwissenschaft
stammt. 1923 gründete ihr Vater Karl Vötterle den seit
1927 in Kassel ansässigen Verlag in Augsburg und machte ihn
konsequent zum weltweit operierenden Unternehmen in Sachen Musik.
Die wegen ihrer hohen editorischen Qualität geschätzten
Gesamtausgaben von Bach, Händel, Mozart, Schubert und anderen
Komponisten, die Enzyklopädie „Die Musik in Geschichte
und Gegenwart” und ein anspruchsvolles Buchprogramm bieten
deutschen und internationalen Musikwissenschaftlern seit Jahrzehnten
ein Forum für ihre Forschungen und Editionen.
Walter Georg Kane
Die Karriere des am 6. Mai 1915 in Hochspeyer/Pfalz als Sohn eines
Königlichen Eisenbahnsekretärs geborenen Walter Georg
Kane begann spät . Erst nachdem er seine Gesellenprüfung
zum Schlosser, später das Studium des Maschinen- und Heizungsbaus
an der Rheinischen Ingenieurschule in Mannheim absolviert hatte,
studierte er ab 1947 Gesang am Badischen Konservatorium –
Hochschule für Musik in Karlsruhe. 1950 übernahm er erste
Partien am Stadttheater Würzburg und tingelte mit anspruchsvollen
Liederabenden durch die Konzertsäle. 1952 engagierte ihn Wilhelm
Pitz erstmals in den Bayreuther Festspielchor, von wo er den Weg
in den Chor der Oper Köln fand. Dort wurde er wegen „betriebsstörender
gewerkschaftlicher Umtriebe” fristlos gekündigt, was
– obschon die Stadt ihn aufgrund eines Beschlusses des Bühnenschiedsgerichts
wieder einstellen musste – seinen Zorn über die rechtlose
Stellung der Chorsänger weiter genährt haben dürfte.
Deren schlechte Bezahlung besserte er für sich selbst auf,
indem er insbesondere in Bayreuth auch als Theaterfotograf tätig
wurde; das dabei entstandene Bildarchiv ist eine Fundgrube. Kanes
Leben für die Vereinigung deutscher Opernchorsänger und
Bühnentänzer (VdO), deren Geschäfte er seit Juni
1959 führte und die nach und nach zu einer mitgliederstarken
Organisation anwuchs, der sich 1991 auch die „VdO/DDR”
anschloss, wurde mit zahlreichen Auszeichnungen öffentlich
gewürdigt. Walter Kane legte 1990 die VdO-Geschäftsführung
nieder, arbeitete aber als Ehrenvorsitzender der VdO an der von
ihm gegründeten Zeitschrift „Oper & Tanz” weiter
mit und nahm seine Aufgaben als Juror des Wilhelm Pitz-Preises wahr,
der regelmäßig im Rahmen der Bayreuther Richard Wagner-Festspiele
von der VdO verliehen wird. Er tat dies ohne Rücksicht auf
seine schwindenden Kräfte; wenige Minuten vor seinem schnellen
Tod am 1. März 2005 gab er noch telefonisch Korrekturen für
die Ausgabe März/April von Oper
& Tanz durch.
Der Intendant, der in die Zukunft blickte
Zum Tode des Theatermannes Claus Leininger
Im vergangenen Jahr wählten die Musikkritiker einer Opernzeitschrift
das „Deutsche Stadttheater“ zum „Opernhaus des
Jahres“. Eigentlich würde diese Entscheidung für
jede Saison stimmig sein, und das auch schon in früheren Zeiten,
als, nur ein Beispiel, Claus Leininger für das Musiktheater
im Revier in Gelsenkirchen von 1977 bis 1986 und danach für
das Hessische Staatstheater Wiesbaden, also zwei Häuser in
Stadttheaterdimensionen, als Generalintendant überregionale
Aufmerksamkeit und überprovinzielles Niveau errang.
Claus Leininger, 1931 in Mannheim geboren, wusste was der Beruf
des Intendanten verlangte: Fachkompetenz und Professionalität
sind die Voraussetzungen für die „innere Führung“
eines Theaters: den Mitarbeitern für ihre Arbeit die notwendige
künstlerische Freiheit gewähren, zugleich aber auch ruhig
und streng diese Arbeit und deren sichtbare Ergebnisse auf der Bühne
beobachten und notfalls mit der gebotenen Noblesse korrigieren.
Leininger verband diese Noblesse mit „väterlicher“
Zuneigung zu jedem einzelnen Mitglied des Theaters, sei es auf oder
hinter der Bühne. Dazu gehörte auch der Blick auf das
spezifische Klima einer Stadt und ihres Theaterpublikums. Leininger
hat diese Fähigkeiten eines guten Intendanten in vielen Jahren
an den unterschiedlichsten Häusern und in „kulturklimatisch“
höchst kontrastreichen Städten zu wahrer Meisterschaft
entwickelt, ohne sich mit seiner Spielplangestaltung irgendwie bequem
beim Publikum anzudienen. Er verzichtete einsichtsvoll als Intendant
auf die eigene Regietätigkeit; aber er verstand es, immer wieder
innovative Regisseure, Bühnenbildner und Dirigenten an „sein“
Theater zu binden.
Das Musiktheater im Revier avancierte so zu einer der auf- und anregendsten
Musikbühnen des deutschsprachigen Theaters. Leininger richtete
der unvergessenen Sängerin und Nono-Interpretin Carla Henius
eigens eine „musik.theater.werkstatt“ ein, die dann
auch nach Wiesbaden übernommen wurde. Heute wird die „werkstatt“
von Ernst-August Klötzke weitergeführt. Claus Leininger
war der Auffassung, dass das Theater, die Oper, die Musik nur dann
eine Zukunft haben werden, wenn man deren schöpferischen Köpfen
das entsprechende Experimentierfeld biete. Jetzt ist Claus Leininger
im Alter von 74 Jahren in Wiesbaden gestorben. gr
Gary Bertini gestorben
Der Dirigent Gary Bertini ist im Alter von siebenundsiebzig Jahren
in Tel Aviv gestorben. Seine Lebensleistung als Musiker, Orchestergründer,
Dirigent, Lehrer und Komponist ist eng mit dem Aufbau des jungen
Staates Israel und dessen Musikkultur verbunden. Darüber eine
genaue Darstellung zu verfassen, wäre lohnens-und wünschenswert.
Bertinis internationale Karriere begann relativ spät. In Hamburg
bei Liebermann leitete er 1971 die Uraufführung von Josef Tals
Oper „Ashmedai“ (1971 ) – eine bewegende Begegnung.
Als Chefdirigent des WDR-Sinfonieorchesters (ab 1983), mit der Jungen
Deutschen Philharmonie und dem Bundesjugendorchester gestaltete
er immer wieder engagierte, ungewöhnliche Programme. Seine
Opernintendanz in Frankfurt scheiterte nach der Feuerzerstörung
der Bühne an widrigen Umständen. Immerhin konnte John
Cage bei Bertini noch seine „Europeras 1&2“ uraufführen.
Kritikerpreise
Der Verband der deutschen Kritiker e.V. unter dem Vorsitz von Dieter
Schnabel vergibt seinen Preis 2005 in der Kategorie Musik an die
Berliner Symphoniker. Weiterhin ausgezeichnet wurde der Film „Rhythm
Is It“ von Thomas Grube und Enrique Sanchez Lansch, in der
Kategorie Tanz Polina Semionova aus Berlin, das Deutsche Literaturinstitut
Leipzig, das Architekturbüro Hufnagel Pütz Rafaelian für
den Neubau des Museums der bildenden Künste Leipzig, Lienhard
von Monkiewitsch (Braunschweig), der Film „En Garde“
von Ayse Polat (Hamburg), Via Lewandowsky (Berlin) in der Kategorie
Bildende Kunst und in der Kategorie Theater Jossi Wieler. Die öffentliche
Verleihung der undotierten Kritikerpreise findet am 16. April 2005
um 16.00 Uhr im Museum der bildenden Künste in Leipzig statt.
Weitere Informationen zu den Preisträgern finden Sie im Internet
unter folgender Adresse: www.kritikerverband.de